Hr. Chris H. nimmt sich auf der Facebook-Seite der "Bürgerwehr Österreich"(237 likes) kein Blatt vor dem Mund. Er habe sich bereit erklärt, für die Bürgerwehr in Oberösterreich die Verantwortung zu übernehmen. Nun gehe es ihm darum "Freiwillige für Patrouillen(gerne auch mit Hund)" zu finden, wenn möglich "keine Hitzköpfe, sondern "besonnene Leute", schließlich meint er: "Im Gegenteil wird damit zu rechnen sein das die Staatsmacht ein besonderes Auge auf uns werfen wird und wir uns deshalb ganz besonders zusammen reißen müssen um keine Fehler zu begehen." Das Spektrum der Tätigkeit der Bürgerwehr wird beschrieben mit "Unsere Aufgabe wird es sein an neuralgischen Punkten Präsenz zu zeigen, auf Wunsch Begleitungen durchführen und wenn nötig bei Übergriffen die Exekutive verständigen. Selbstverständlich werden wir bei Angriffen auf Unschuldige unsere Bürgerpflicht des Beistandes und der Hilfeleistung ausüben." In diesem Kontext ersucht er auch um Informationen: "Brauche ich Mitteilungen wo die Hotspots sind wo es sinnvoll ist mit der Bürgerwehr aufzutreten. Heisst Orte an denen vermehrt Anböbelungen, Belästigungen, usw auftreten"(Text original ohne Korrektur von Rechtschreibfehlern übernommen)

Wie nun der durchschnittliche österreichische Staatsbürger auf die Idee kommt, mal schnell eine Parallel-Organisation zur österreichischen Exekutive aufbauen zu wollen ist schleierhaft - klar ist aber die Tendenz erkennbar, sich nicht als Kollegen/Helfer der Exekutive zu sehen. Im Gegenteil, der klare Hinweis wird ausgesprochen, dass man wohl von der Exekutive unter Beobachtung gestellt werden wird.

Fakt ist, dass die rechte Agitation aktuell in zwei Richtungen geht - einerseits wird verstärkt um Präsenz im öffentlichen Raum in der Rolle als "Quasi-Sicherheitsdienst" geworben, andererseits wird auch schon(ähnlich wie in Deutschland) versucht, potentielle Flüchtlingsunterkünfte frühzeitig zu attackieren, um ein Klima der Unsicherheit bei Bevölkerung, Eigentümern und schliesslich auch betroffenen Flüchtlingen zu schaffen.

Wie so vieles ist auch der Bereich der rechten Aktivitäten in Österreich im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland noch wesentlich kleinteiliger und von den absoluten Zahlen her doch deutlich niedriger als in unserem Nachbarland. Wobei sich die österreichische Exekutive schwerer damit tut, die rechten Aktivitäten zu quantifizieren: 2015 gab es dokumentierte Vorfälle in Großkirchheim, Traiskirchen, Bregenz, Wels, Dornbirn und Wiener Neustadt. Wieviele gesamt, dazu gibt es nicht wirklich nachvollziehbare Zahlen.

Die deutsche Exekutive verzeichnete im Vorjahr ca 750 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte - davon wurden 222 als "schwerwiegend" klasssifiziert. Auffällig dabei ist, dass sich die Anzahl der Anschläge ab Sommer/Herbst 2015 dramatisch erhöht hat, und das auch von Beginn an keine Hemmung vorhanden war, auch bewohnte Unterkünfte zu attackieren. Auffällig ist auch, dass hunderte wegen diverser Vergehen per Haftbefehl gesuchte Rechtsextreme 2015 in die Anonymität abtauchten, und von der deutschen Exekutive nicht mehr aufgefunden wurden.

Soweit sind wir in Österreich Gott sei Dank noch nicht gekommen - allerdings wird nach dem Multi-Organversagen der öffentlichen Stellen im Umgang mit der Flüchtlingsbewegung des Jahres 2015, 2016 entscheidend dafür sein, wie die öffentliche Meinung sich weiter entwickeln wird. Hat man im letzten Jahr noch teilweise Überforderung auf Grund einmaliger Umstände geltend machen können, so muß jetzt Seitens aller beteiligten Stellen und Ämtern und auch der Politik bewiesen werden, dass man sich des Ernstes der Situation bewusst ist.

Es ist in unser aller Interesse, dass Phänomene wie Bürgerwehren oder vergleichbare Präsenzen genausowenig Platz finden in unserer Gesellschaft wie gewalttätigere Aktionen wie etwa Brandanschläge auf Flüchtlingsheime - nur wenn es gelingt, Extreme zu verhindern hat die österreichische Gesellschaft die Nagelprobe bestanden.

shutterstock/Robert Hoetink

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Erkrath

Erkrath bewertete diesen Eintrag 03.02.2016 12:49:34

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