So gesehen würde ich mir wünschen, dass wir alle ein wenig übler riechen sollten. Andererseits sind mir schon Menschen begegnet, bei denen ich mir dachte, wenn Eigenlob wirklich stänke, dann müssten diejenigen bis in die Antarktis riechbar sein. Tun sie aber nicht. Die meisten jedoch scheinen sich davor zu fürchten, und bewerten ihre eigene Leistung – folgerichtig und stringent – unter dem wahren Wert. Doch woher kommt es, einerseits diese maßlose Selbstüberschätzung auf der einen Seite und der Drang sich permanent in den Schatten zu stellen auf der anderen?

Es beginnt in der Schule. Das Einreihen in das Mittelmaß, das doch durch das vorherrschende System in unseren Bildungseinrichtungen stark unterstützt wird. Sobald man abweicht wird man schief angesehen. Entweder als Idiot, wenn man schlecht ist – allerdings förderungswürdig -, als Streber, wenn man herausragt – nicht förderungswürdig. Ein schönes, angenehmes Mittelmaß, so dass sich die Schlechten immer schlechter fühlen und die Guten so tun, als wären sie es nicht. Aber irgendwann können wir die Bildungseinrichtungen hinter uns lassen und hinaus ins richtige Leben treten.

Das richtige Leben, das was es tagtäglich zu bewältigen gilt, hier wird uns kein Platz mehr zugewiesen – dritte Reihe Mitte – und wir dürfen uns auch nicht mehr aussuchen wo wir sitzen wollen oder nicht. Vieles entscheiden wir selbst – vieles ergibt sich. Es gibt keine Noten mehr, aber andere Formen der Sanktionierung, die wir zu erleiden haben, wenn wir abweichen. So kann man gerade in Österreich beobachten, dass es immer misstrauische Beobachter gibt, wenn man etwas Neues ausprobiert oder einen anderen als den gewohnten Weg einschlägt. Irgendwo hinter einem Busch lauern sie auf das Scheitern, um dann sagen zu können, sie hätten es immer schon gewusst. Wenn aber nun das Scheitern ausbleibt und sich gar Erfolg einstellt, dann wird die Nase gerümpft, als würde es wirklich stinken. Wahrscheinlich hat der Erfolgreiche unlautere Mittel angewendet, denn aus eigener Kraft, das kann ja gar nicht denkbar sein. Diese Kultur, in der es verpönt ist sich gut darzustellen, in der geradezu verlangt wird, dass man sein Licht unter den Scheffel stellt, in dieser Kultur gehen uns viele Talente und Begabungen verloren, werden niedergemacht oder einfach totgeschwiegen.

Wahrscheinlich geht es um ein gesundes Mittelmaß, einen Weg zwischen narzisstischer Selbstinszenierung und Selbstgeißelung im Sinne Agnus Dei. Einen Weg zu finden seine eigenen Schwächen – die kennen wir sowieso – aber vor allem die eigenen Stärken pragmatisch, klar und nüchtern zu sehen, einen Blick dafür zu gewinnen, was man selbst gut macht – und es auch zu wagen darüber zu reden, und zwar auf eine Art und Weise, dass man nicht gleich meint sich dafür entschuldigen zu müssen.

Es gilt zu lernen Lob anzunehmen, von anderen und von sich selbst und den Reflex abzulegen dasselbe sofort herunterzuspielen, mit Sätzen wie „Ach, das ist ja nichts Besonderes“ oder „Das hätte doch jeder andere genau so gut gemacht.“ Es gibt auch keinen Grund rot zu werden, wenn wir leise abwinken.

Eigenlob stinkt nicht! – ich habe es ausprobiert, dann geschnuppert, und es lag kein übler Geruch in der Luft. Einfach mal ausprobieren. Nebenbei, es tut auch noch gut. Sicher, Selbstvertrauen kann man nicht kaufen, aber man kann es sich aufbauen.

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