Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach in einer Rede davo, der Mezzogiorno (also der Süden Italiens) sei korrupt.

http://www.oe24.at/welt/Juncker-Riesen-Wirbel-um-Italien-Sager/335596112#!

http://www.spiegel.de/politik/ausland/italien-deutschland-und-die-eu-sollten-sich-einmischen-kommentar-a-1210706.html

http://www.lagazzettadelmezzogiorno.it/news/english/1020810/storm-over-juncker-lazy-and-corrupt-comments.html

https://web.de/magazine/politik/italien-wirbel-korruptions-vorwuerfe-jean-claude-juncker-32991276

Nun ist an den Juncker-Aussagen insofern etwas Wahres dran, als man die EU bzw. die EU-Kommission nicht bzw. nicht alleine dafür verantwortlich machen kann, was im Süden Italiens falsch läuft.

Im internationalen Vergleich ist der italienische Mezzogiorno und seine Entwicklungsschwäche kein rein italienisches Phänomen, sondern es finden sich ähnliche auch in anderen Staaten, sowohl in der EU als auch außerhalb.

Die Studie von Lazarsfeld und Jahoda, "Die Arbeitslosen von Marienthal", beschrieb sehr gut, die die zeithistorischen Umstände dazu führten, dass Menschen in einer Art Apathie verfallen.

Gemeint, wenn auch nicht in dieser Dimension wahrgenommen, könnte dies gewesen sein als Kritik am Austromarxismus des bestimmenden mannes der damaligen Sozialdemokratie, Otto Bauer, der gemeint, die Unterstützung der bisher Unentschiedenen würde umso intensiver sein, je radikaler und entschlossener die Sozialdemokratie den Kampf gegen den Kapitalismus oder was-auch-immer aufnehme.

Auch die "kahlen Äste" in China, diejenigen Männer, die in Depression und Apathie verfallen, weil sie wegen des großen Männerüberschusses in China wegen der dortigen Ein-Kind-Politik bzw. ihrer Nebenwirkungen, keine Frau finden, sind eine Art von chineschem Mezzogiorno.

Was auch unterging und nicht diskutiert wurde in der bisherigen Debatte rund um Junckers "Mezzogiorno"-Sager, ist, dass es oft nicht die Korruption als solche ist, die zu Stagnation führt, sondern die Begleitumstände der Korruption, die Rechtsunsicherheiten, die Korruptionsverdächtigungen, denen man machtlos gegenübersteht, die Sinnlosigkeit des ehrlichen Bemühens, wenn andere durch Korruption schnell reich werden und die hart erarbeiteten Profite der Ehrlichen stehlen.

Und der Mezzogiorno hat natürlich eine Art von Kulturproblem: wenn schlechte Umstände lang genug herrschen, dann verfestigen sie sich zu einer Art von (Un-)Kultur oder Tradition, aus der der Ausbruch umso schwerer ist.

Ja, der Mezzogiorno hat eine Krise, aber ihre Ursachen sind weit vielfältiger als Korruption und Faulheit.

Sage nun ich als eine Art Austro-Mezzogiornist.

P.S.: ich halte Junckers Kritik an Karin Kneissl für wahrscheinlich überflüssig.

https://kurier.at/politik/inland/kurze-charmeoffensive-in-bruessel-juncker-lobt-kurz-und-kritisiert-kneissl/302.877.266

Die harten Worte gegenüber Juncker ("Arrogant", "Rüpelhaft", "Zyniker der Macht" ) hat Kneissl wahrscheinlich nur gewählt, um in der "Krone" erscheinen zu können, bzw. über die FPÖ ein Ministeramt zu erhalten.

CC BY SA 2.0 / zug.gem. Factio popularis Europaea https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Ioannes_Claudius_Juncker_die_7_Martis_2014.jpg

Ioannis Claudius Juncker, so als wäre er ein römischer Cäsar, einen schrägen Humor haben die von der EVP (factio popularis europeae) irgendwie schon.

Aber es passt irgendwie zur Aussage des früheren EU-Kommissionspräsidenten Barroso, die EU sei ein "non-imperiales Imperium", ähnlich wie das Imperium Romanum. Nichts gegen Imperien, schon gar nicht gegen das Imperium Romanum, das uns zahlreiche zivilsatorische Errungenschaften brachte, wie z.B. das römische Recht.

Die portugiesische PSD (Partido Social Democrata) ist trotz ihres Namens (ja, Europa ist fürchterlich kompliziert) eine konservative Partei.

Barroso bezeichnete die EU auch als (nicht als UFO, sondern als) UPO, als unidentified political object, als präzedenzlos sozusagen.

Margot Wallström zitierte in einem ähnlichen Video (bei 0:50) den Sager, der sowohl Ex-EU-Kommissionspräsident Delors als auch EX-US-Assenministerin Madeleine Albright zugeschrieben wird, nämlich, man müsse entweder ein Genie oder französisch sein, um die EU zu verstehen.

https://euobserver.com/institutional/24458

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