In Zusammenhang mit der Verlagerung der Banken-Aufsicht von der Nationalbank zur Finanzmarktaufsicht ist auch verschiedentlich die Behuaptung gefallen, die (österreichische) Nationalbank sei (ebenso wie die deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank) unabhängig.

https://www.bundesbank.de/de/service/schule-und-bildung/erklaerfilme

Aber wie sieht es mit dieser Unabhängigkeit (der abgenlichen Unabhängigkeit der Notenbanken von der Politik) tatsächlich aus ??

De facto kann man nur eines hundertprozentig objektiv sagen: nach Phasen, in denen Politiker die Staatsschulden nach oben trieben, kommen mit relativ sicherer Regelmäßigkeit Phasen, in denen Notenbanker durch Niedrigzinspolitik, Nullzinspolitik, d.h. Negativrealzinspolitik versuchen, die Staaten wieder zu entschulden.

Was für die Staaten ein Vorteil ist, aber für die früheren Geldgeber und Gläubiger ein Nachteil, denn diese werden dann durch die Negativrealzinspolitik real (gemessen in Kaufkraft) enteignet.

Ist diese Enteignung der Gläubiger durch die Negativrealzinspolitik der Notenbanker "alternativlos", wie Angela Merkel sagen würde ????

Vielleicht ist es das in der Tat: vielleicht haben Notenbanker, nachdem Politiker über Jahrzehnte hinweg die Staatsschulden erhöht haben, überhaupt keine andere Wahl, als die Gläubiger und früheren Geldgeber durch Zinsen unter der Inflationsrate zu enteignen.

Und wenn Notenbanker gar keine andere Wahl haben, mit dem hohen Staatsschuldenstand zurecht zu kommen als durch Enteignung durch Negativrealzinsen, dann heisst das wohl, dass die Notenbanken abhängig sind von der Politik früherer Politik.

Die Unabhängigkeit der Notenbanken ist daher eine sehr begrenzte.

Eine weitere Frage ist die nach den Folgen der Nullzinslinie der Notenbanken auf die Politik: werden Politiker verschwenderischer und machen noch mehr Schulden, wenn die Notenbanken ihnen signalisieren, dass sie für Schulden keine Zinsen mehr zahlen müssen ???? Oder werden Politiker vorsichtiger, wenn sie sehen, dass Notenbanker zu etwas ganz seltsamem, nämlich zu Gläubigerenteignung gezwungen sind ??

Das hängt wohl auch von der Reaktion der Öffentlichkeit ab: wenn die Bürger, die Medien oder die journalistische Klasse signalisiert, die Besitzenden seien eh alle unmoralische Zu-Reiche, dann werden Politiker eher auf Verschuldung setzen. Wenn hingegen die Enteigneten eine starke Stimme bekommen und sich über die "finanzielle Repression" beschweren, dann werden Politiker eher vorsichtig werden.

Die momentane Debatte ist fokussiert auf die hohen Lohnabschlüsse der Metaller, die relativ weit über der Inflationsrate lagen.

Auch hier wieder wurde die Frage, ob sich hier Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen, indem sie gemeinsam eine dritte Gruppe ausbeuten, nämlich die Besitzer und -innen von geldwertem Vermögen, nicht gestellt.

Geldwertes Vermögen kann verschiedenstes sein: Geld, Anleihen, Versicherungen (Lebensversicherungen), Sparbücher, etc.

https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5533378/Nowotny_Wehret-den-Anfaengen?from=suche.intern.portal

EZB-Gouerneur Nowotny spricht sich (im Video, das im Presse-Artikel verlinkt ist) hier für die Unabhängigkeit der Notenbanken aus, allerdings in einem völlig anderen Kontext, es geht um die Verlagerung der Bankenaufsicht.

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