Hier ist der erste Erneuerungsaspekt in der SPÖ, aber einer, der wahrscheinlich die SPÖ nach unten führt, also in die Richtung, die nach Meinung, bzw. Auslegung von SPÖ-Parteivorsitzender Rendi-Wagner stimmt.

Die SPÖ tat etwas, was noch kein Koalitionsverhandler zuvor tat, sie forderte von der ÖVP exklusive Verhandlungen, also, dass die ÖVP nur mit der SPÖ verhandeln soll, aber mit niemandem sonst.

Und das kurz nachdem der Wiener Bürgermeister Ludwig ins SPÖ-Verhandlungsteam nachnominiert worden war.

Der frühere Bürgermeister Michael Häupl hätte wahrscheinlich ziemlich gepoltert über die "schwarze Ausbeuter", über "mieselsüchtige schwarze Koffer" (wie er das zu anderen Anlässen auch tat), wenn die Wiener ÖVP von der Wiener SPÖ verlangt hätte, die Wiener SPÖ müsse mit der Wiener ÖVP exklusive Verhandlungen führen, also alle anderen von den Verhandlungen ausschliessen.

Wenn die SPÖ findet, dass sie sich nur in Opposition erneuern kann und nicht in der Regierung (wofür Vieles spricht), dann soll sie das offen sagen, aber der ÖVP ein Ultimatum zu stellen, das die ÖVP eigentlich nur ablehnen kann, riecht schon sehr nach Vorwand, um dann hinterher sagen zu können: "Wir wollten ja eh, aber die ÖVP nicht".

Auch die Beteiligung des Wiener Bürgermeisters Ludwig, der der ultimativen Forderung vorausging, lässt tief blicken: denn gerade Ludwig war es ja gewesen, der immer gsagt hatte, das rote Wien sei das Gegenmodell zu Schwarz-Blau oder zu einer ÖVP.geführten Bundesregierung, und da kann er eine ÖVP-SPÖ-Koalition auf Bundesebene nicht gebrauchen.

Und so war es eben so oft wie in der SPÖ: genauso wie Gusenbauer und Faymann in den meisten Fragen Laufburschen des damaligen Wiener Bürgermeisters Häupl waren, genauso scheint Rendi-Wagner in vielen Fragen Laufburschin des Wiener Bürgermeisters zu sein (wenn man das so sagen kann, oder heissts Laufmädel, oder klingt das zu sehr nach Laufhaus ? Womit wir wieder bei Dornauers Horizontalen wären, aber dazu später).

Exklusive Verhandlungen würden die SPÖ und die ÖVP gleichstellen; keiner der beiden hätte dann eine weitere Option.

Aber damit sind die ohnehin geringen Chancen einer Regierungsbeteiligung der SPÖ weiter gesunken.

Wenn man von William Rykers minimum winning coalition-theory ausgeht, dann sind Koalitionen umso wahrscheinlich, je kleiner sie sind: auch weil sich bei Koalitionsverhandlungen die Sitte durchgesetzt hat, dass sich die verschiedenen Koalitionsparteien die Ministerposten anhand der Stärkeverhältnisse der jeweiligen Parteien aufteilen. Betrachten wir einmal, was das anhand der drei mehrheitsfähigen Koalitionsvarianten bei 21 Ministerposten bedeuten würde:

ÖVP 37.5%, SPÖ 21.2%, Summe 59.7%, ÖVP erhielte rein rechnerisch 21*37.5/59.7, also 13.2 Ministerien, die SPÖ 7.8.

ÖVP 37.5%, FPÖ 16.2%, Summe 53.7%; ÖVP erhielte r.r. 21*37.5/53.7, also 14.7 Ministerien, die FPÖ 6.3.

ÖVP 37.5%, Grüne 13.9%, Summe 51.4%; ÖVP erhielte r.r. 21*37.5/51.4, also 15.3 Ministerien, die Grünen 5.7.

Aus dieser Sicht und wegen der Maximierung der eigenen Ministerposten ist es eigentlich logisch, dass aus dieser SIcht die ÖVP eher eine Koalition mit FPÖ oder Grünen bevorzugen wird, weil sie dann ein bis zwei Minsiterien mehr besetzen kann als in einer Koalition mit der SPÖ.

Daher war die Koalitionsvariante ÖVP-SPÖ eigentlich ohnehin die unwahrscheinlichste, auch wegen der schlechten persönlichen Chemie im Wahlkampf.

Und weil die SPÖ-Variante ohnehin so unwahrscheinlich war, war es aus Sicht der Parteireform in Opposition ohnehin praktisch egal, ob sich die SPÖ mit Exklusivitätsultimatum in die Opposition katapultiert.

Aber es gibt auch ein paar Argumente, die für die Koalitionsbefürworter in der SPÖ (Dornauer, Doskozil) sprechen:

1.) Durch die praktisch unerfüllbare Forderung nach exklusiven Verhandlungen werden die beiden anderen Koalitionsvarianten wahrscheinlicher, also ÖVP-Grüne und ÖVP-FPÖ.

Die ÖVP verliert einen potenziellen Koalitionspartner, was ihre Verhandlungsposition schwächt, die Grünen verlieren einen Koalitionsrivalen, was ihre Position stärkt: dadurch können die Grünen mehr durchsetzen, als sie ohne Selbstausschluss der SPÖ durchsetzen könnten, und mit diesem Mehr, das die Grünen erreichen können, können sie der SPÖ u.U. besser Wähler und -innen wegnehmen.

Aber durch den Selbstaussschluss der SPÖ wird auch ÖVP-FPÖ wahrscheinlicher und genau das könnte die Glaubwürdigkeit der SPÖ, bzw. des Wiener Bürgermeisters Ludwig beschädigen. Denn insbesondere Ludwig hatte immer betont, die FPÖ sei eine rechtsextreme Partei, und nun macht er als Mitglied des Sondierungsteams eine ÖVP-FPÖ-Koalition durch SPÖ-Selbstausschluss eine FPÖ-Regierungsbeteiligung wahrscheinlicher ? Die ganze von der SPÖ über die vielen Jahrzehnte hinweg betriebene Faschismushysterie wird somit unglaubwürdig. Das kann Ludwig bei der Wien-Wahl auch den Bürgermeisterposten kosten. Aber für mich persönlich ist dieser Fehler vielleicht sogar positiv, weil ich aus einer Familie mit FPÖ-Teil komme und daher persönlich oft ein Kollateralschaden der Faschismushysterie wurde.

Auffallend auch die Spannungen zwischen Dornauer undRendi-Wagner: Dornauer sprach sich gegen Ultimaten aus und betont, regierungsorientiert zu sein. Rendi-Wagner richtete ihm daraufhin aus , er habe die Sache nicht verstanden. Während WIener Journalistinnen die Sache so sahen, als habe Dornauer Rendi beschädigt, dürfte es in Wahrheit eher so sein, dass Rendi Dornauer beschädigt hat.

Der Wiener Häupl warf dem Steirer Voves vor, wie die Pegida zu reden; die Wienerin Rendi, warf dem Tiroler Dornauer vor, verständnisunfähig zu sein. Nichts könnte stärker zeigen, dass die Wiendominanz in der SPÖ hält.

Ein schlechtes Wahlergebnis für Dornauer bzw. die Tiroler SPÖ ist zu erwarten, obwohl Dornauer etwas angedacht hat, was für das Land Tirol eigentlich fast unausweichlich ist: dass die eine ÖVP-SPÖ-Koalition in Tirol die fast einzige Option sei.

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