Verursacht Kairoer UNO-Weltbevölkerungskonferenz von 1994 Flüchtlingswellen ?

Die Kairoer Weltbevölkerungskonferenz vom 6. bis 13. September 1994 brachte folgende Resultate:

.) Alle Maßnahmen müssen auf Freiwilligkeit beruhen und die Menschenwürde berücksichtigen.

.) die Rolle der Frau soll gestärkt werden.

.) Jeder und Jede soll Zugang zu Familienplanungsdiensten haben.

.) Abtreibung als Mittel der Familienplanung ist ausgeschlossen.

(Die Abtreibungsfrage war ziemlich umstritten, insbesondere Europäer und -innen wie die norwegische Premierministerin Gro Harlem Brundtland setzten sich für Abtreibung ein, aber diese setzten sich nicht durch, der US-amerikanische damalige Vizepräsident Al Gore (US-Demokraten) hatte sich im Vorfeld dagegen ausgesprochen, Abtreibung auf die Tagesordnung zu setzen, was die Bevölkerungsexplosion angeheizt hat, und daher auch sein Engagement gegen die Umweltzerstörung (Film "inconvenient truth" ) unglaubwürdig macht; die Religionenfrage spaltet alle Gruppen, was man auch anhand der Abtreibungsfrage erkennen kann: während europäische Frauen Abtreibung befürworteten, traten islamische Politikerinnen wie Benazir Bhutto / Pakistan gegen die Abtreibung auf)

.) Progressive Steuern (je mehr Kinder ein Paar hat, umso höher ist der Steuersatz, den es zahlen muss) wie in der EIn-Kind-Politik Chinas sind nicht vorgesehen. China hätte generell seine Erfahrungen mit der Ein-Kind-Politik stärker vorstellen sollen, aber es beschränkte sich, bzw. musste sich zum Selbstschutz als Diktatur in einer sich demokratisierenden damaligen Welt beschränken auf die Betonung des Prinzips der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. China ist - obwohl bevölkerungsgleich mit dem Islam - eben nur ein Staat, während der Islam mit seinen ca. 70 Staaten eben das Potenzial hat, eine solche Konferenz zu dominieren. Und daher wahrscheinlich auch die starke Betonung des vollen Respekts gegenüber den Religionen.

.) Den Religionen ist voller Respekt entgegenzubringen.

.) Keine Festlegung von Mindestheiratsaltern.

http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/weltbevoelkerungskonf_kairo_1994_551.htm

Zwischen diesen Prinzipien finden sich zahlreiche Widersprüche:

1.) Manche Religionen (z.B. der Islam) weisen der Frau eine untergeordnete Rolle zu, womit der "volle Respekt gegenüber den Religionen" im Widerspruch zum Ziel, die Rolle der Frau zu stärken, steht.

2.) Da religiöse Gebote schwerer wiegen als Freiwilligkeit, war absehbar, dass die Konferenz wenig bis nichts bringt.

3.) Die starke Betonung der Menschenwürde schloss drastische Maßnahmen aus.

Die unmittelbaren historischen Begleitumstände der Kairo-Konfernez waren der Völkermord in Ruanda (April bis Juli 1994) und der Bosnienkrieg (1991-1995).

Ruanda war das afrikanische Land mit der höchsten Bevölkerungsdichte, ethnisch noch dazu gespalten in Hutus und Tutsis. Obwohl der Völkermord im dicht besiedelten Ruanda kurz zuvor ein Grund gewesen wäre, das Thema der Geburtenkontrolle absolut ernst zu nehmen, tat diese UNO-Konferenz praktisch nichts, außer Freiwilligkeit festzulegen. Man kann den Bürgerkrieg/Völkermord in Ruanda auch betrachten als ersten Krieg/Völkermord wegen Überbevölkerung.

Die UNO-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo tat praktisch nichts, um die Bevölkerungsexplosion (insbesondere die islamische) wenigstens zu verlangsamen, was die Armee der Bosnischen Serben dazu verleitet haben könnte, die traditionell hohen Geburtenraten der bosnischen Muslime so zu "korrigieren" wie in jedem Balkankrieg seit dem ersten Balkankrieg von 1912/1913, nämlich durch Kriegsverbrechen wie dem Massaker von Srebrenica.

Kritik an der UNfähigkeit der UNO kommt inzwischen von vielen Seiten: die frühere UNO-Beauftragte gegen weibliche Genitalverstümmelung, Waris Dirie, distanzierte sich später von der UNO mit der Aussage "I do better job than fucking UN !" (bei Minute 1:33)

Und in der Tat scheint die UNO die Wahrheit über FGM, die weibliche Genitalverstümmelung eher zu vertuschen.

Dass die Anzahl der genitalverstümmelten Frauen in den letzten 40 Jahren der UN-Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung zugenommen hat, ist wahrlich kein Ruhmesblatt.

Und auch jüngste UN-Weltbevölkerungsberichte sind ansatzweise so UNO-kritisch wie man das früher für unmöglich gehalten hätte.

https://www.unfpa.org/swop-2018

Als Beispiel für gewissen Erfolg dieses UNO-Programms wird allgemein Bangla Desh genannt, aber Bangla Desh ist eines der am dichtesten besiedelten Länder Asiens, sodass Bevölkerungswachstum alleine deswegen praktisch unmöglich ist, und die dortige Regierung alleine schon wegen des Platz- und Agrarflächenmangels etwas gegen das Bevölkerungswachstum tun musste, und nicht wegen der UNO und des UNO-Programms zur angeblichen Nachhaltigkeit der Geburtenrate.

Wenn alle Staaten bis zum Maximum in der Bevölkerung wachsen und gleichzeitig Lebensstandard und Ressourcenverbrauch und Umweltsverschmutzung sich denen von entwickelten Ländern oder Schwellenländern anpassen, dann gibt das global-ökologisch ein ziemliches Problem.

Manchmal hat man den Eindruck, die UNO setzt darauf, dass die "Demographic transition", die auch bisher in z.B. Europa feststellbar war, schon alles irgendwie von alleine lösen wird.

Aber: die Europäer waren die ersten, deren Bevölkerung explodierte, und das zu einer Zeit, als der Ressourcenverbrauch und die Umweltverschmutzung noch niedrig war.

Es ist fraglich, ob eine Welt nachhaltig sein kann, in der alle Staaten einen derartigen demographischen Übergang durchlaufen, wie das in Europa der Fall war.

Was die UNO auch zu übersehen scheint, ist, dass im manchen Ländern, die ethnisch gespalten sind (z.B. Nigeria mit einem islamischen Norden und einem christlichen Süden) die Bevölkerungsexplosion ungehindert weiterging, vielleicht deswegen, weil man wegen der Starrheit der religiösen Parteien und ihrer Wählerschaft (keine Wechselwähler; kein Muslim wählt eine Christenpartei, kein Christ ein Moslempartei) schnelles Bevölkerungswachstum der eigenen religiösen Gruppen zu brauchen glaubt, um die Mehrheit zu erreichen, bzw. zu behalten. Ein interessanter Fall von Demokratie als Kriegsursache oder als Konfliktursache, die sich auch in hohen Bevölkerungswachstumraten samt der damit zusammenhängenden Problemen (zu langsam wachsende Infrastruktur, Lebensmittelversorgungsprobleme, Überlastung städtischer Verkehrsmittel, etc.) äußern kann. Eine Grundthese in der Politikwissenschaft lautet, dass Demokratien gegeneinander niemals Kriege führen; das schliesst aber innerdemokratische Kriege und Völkermorde zur Erlangung bzw. Verteidigung der Mehrheitsposition bei starrem Parteiensystem ohne Wählerwanderungen nicht aus.

Zumindest dieses Problem zu erwähnen, hätte man von einem UNO-Weltbevölkerungsbericht schon erwarten können. Aber nichts da: Probleme vertuschen scheint der überdiplomatischen UNO immer noch lieber zu sein als sie anzupacken, wobei der erste Schritt zur Problemlösung immer die Thematisierung sein muss.

Vielleicht denkt die UNO auch andersrum: "ethnische Säuberungen" und Verdrängungsprozesse seien normal (es sind praktisch immer die Muslime, die die Christen verdrängen, von einer Mehrheitsreligion zu einer Minderheitsreligion degradieren, niemals umgekehrt; es sind praktisch immer muslimische Terrororganisationen wie "Boko Haram" oder die Fulani-Reiter in Nigeria, die Christen vertreiben, niemals umgekehrt).

Und Nigeria mit einer Bevölkerung von ca. 200 Millionen, Tendenz stark steigend, ist ein Riese, der auch riesige Flüchtlingswellen verursachen kann.

Die UNO scheint irgendwie resigniert zu haben, und die "ethnischen Säuberungen" und Vertreibungen auch noch zu legitimieren: manchmal kann man den Eindruck haben, der Hauptlösungsansatz der UNO für alle Probleme der Weltbevölkerungsexplosion scheint zu sein: Migration nach Europa: wenn in Syrien Alawiten und Schiiten die Sunniten vertreiben, sollen die Sunniten halt nach Europa migrieren; wenn in Nigeria die Muslime die Christen vertreiben, sollen die Christen halt nach Europa migrieren.

Diese schleichende Normalisierung von Terror und Vertreibung als angebliches Mittel, um der Bevölkerungsschrumpfung in manchen Europäischen Ländern entgegenzuwirken, ist in der Praxis eine Aufhebung der Menschenrechte und des Kriegsrechts. Schrumpfung in einzelnen europäischen Länder wäre vielleicht gar nicht so schlecht, gerade wenn man bedenkt, dass Europa der am dichtesten besiedelte Kontinent ist. Indem die UNO Schrumpfung in Europa zum zu lösenden Problem definiert, definiert sie auch die Flüchtlingswellen produzierenden Staaten zu den Problemlösern, und zwar völlig unabhängig von den Methoden und Ursachen; egal, ob die Flüchtlingswelle durch Ökokatastrophen, Vertreibung, Bürgerkriege, Terror oder sonstiges entsteht, immer "löst" sie das "Problem" der Bevölkerungsschrumpfung eines europäischen Staates.

Der springende Punkt ist: damit legitimiert die UNO Terror und Vertreibung, die dann als "Lösung" für die Bevölkerungsschrumpfung in manchen europäischen Ländern erscheinen können.

Und: indem Problemstaaten ihre Geburtenüberschüsse regelmässig nach Europa oder Nordafrika exportieren können, haben sie auch gar keine Notwendigkeit, ihre eigenen Gesellschaftssysteme so einzustellen, dass sie nachhaltig sind und auf Bevölkerungsstabilität hinauslaufen.

Auch wenn der Islam insgesamt gesehen die am schnellsten wachsende Religion der Welt ist, so sind die hohen Geburtenraten kein rein islamisches Problem: zahlreiche afrikanische Bischofskonferenzen der katholischen Kirche haben ein Mindestheiratsalter von 14 Jahren, und der Südsudan, in dem der Katholizismus mit 38% eine der bedeutendsten Religionen ist, zählt zu den Ländern mit den höchsten Geburtenraten. Auch hier spielt ein Bürgerkrieg (zwischen Dinka und Nuer) eine Rolle.

Aber im Falle des Katholzismus kann man wenigstens das zugrunde liegende Genesis-Zitat in seiner Gesamtheit interpretieren: "Seid fruchtbar und mehret Euch und füllet die Erde" kann man auch itnerpretieren als "Seid fruchtbar und mehret Euch, bis die Erde voll ist; und mehret Euch danach nicht mehr".

P.S.: der Begriff "Islam" in diesem Blog bedeutet in etwa "der traditionelle Mehrheitsislam": Minderheitenströmungen wie Aleviten und Sufis, sowie reformorientierte moderne islamische Strömungen, die die Glaubensgrundlagen des Islam anders interpretieren, sind damit nicht gemeint.

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Dieter Knoflach

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vera.schmidt

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