Beilagen-Gelage: Quickies aus Uganda

„How´s your love life?“, der Frage wird kaum einer auf den Straßen Ugandas aus dem Weg gehen können. Gestellt wird sie nicht von neugierigen Afrikanern, die dem Muzungu, dem Weißen also, auf den Zahn fühlen. Stattdessen schreit sie förmlich von allen Plakatwänden Kampalas herunter. Es handelt sich dabei um eine groß angelegte nationale Kampagne. Dabei ist man weniger daran interessiert, ob die Ugander in Sachen Liebe tatsächlich zum Höhepunkt kommen. Nein, das Liebesleben ist dann in bester Ordnung, wenn „he cares“. Auf ugandisch bedeutet das soviel wiea) der Mann verwendet in der Beziehung ein Kondom oderb) lässt sich beschneiden, um das allgegenwärtige HIV-Ansteckungspotenzial zu minimieren. Zumindest, wenn es nach der Plakatidylle geht.Dass Treue eventuell auch eine Lösung gegen Geschlechtskrankheiten und vor allem ein Zeichen für den 7. Himmel sein könnte, das wird im ach so christlichen Uganda ignoriert. Dabei ist man sich doch ohnehin einer Tatsache bewusst: „Only god cares“. Dafür braucht es keine Plakate, diese Weisheit fährt an der Glasfront der allgegenwärtigen öffentlichen Taxis, den Matatus stehend durchs ganze Land.

In Uganda ist Englisch Landessprache. Dass es sich dabei vor allem um eine auf dem Papier handelt, wird sich jeder Muzungu mehr oder weniger schmerzhaft bewusst, wenn er oder sie das Land betritt. Dabei ist jeder halbwegs gebildete Ugander selbstbewusst von seinen Kenntnissen überzeugt: „Wir sprechen perfekt Englisch.“ Natives sind anderer Meinung. „Uglish“wird das seltsam anmutende ugandische Englisch bezeichnet, das nicht nur aufgrund der höchst gewöhnungsbedürftigen Aussprache schwer verständlich ist. Im Uglish gibt es Ausdrücke, die man im „High English“ wohl vergeblich sucht. Eines der Wichtigsten ist das omni-präsente Side Dish. Wer darunter eine Beilage versteht, auf den wartet eine Enttäuschung. Eine ebenso große wie auf denjenigen, der sich auf die ugandische Küche freut: Statt den reichhaltig vorhandenen Gemüse- und Obstschatz des Landes zu plündern, tischt man in Uganda Posho (Brei), Matoke (Kochbananen) und Reis sowie Bohnen auf. Abwechslungsreich sieht anders aus.Vielfalt findet der Ugander nicht auf dem Teller (und auch nicht bei der immer gleich tönenden Musik). Er findet sie im Bett. Side Dish ist nämlich der Ausdruck für eine Geliebte. Und die hat jeder echte Ugander. Wenn er nicht regelmäßig bei Prostituierten zu Gast ist, sich ab und an ein Betthäschen sucht, hat er mindestens eine Nebenfrau. Geduldet oder in typisch ugandischer Art ignoriert von der anderen. Kaum thematisiert. Als selbstverständlich anerkannt. Spricht man den Ugander (oder die Uganderin) darauf an, sind das „vor allem die Moslems“. Etwas unrealistisch, bedenkt man, dass nicht einmal 11% der Bevölkerung dem islamischen Glauben angehören. Alles Andere sind Christen. Solche, die das Lesen der Bibel als Hobby angeben, denen Jesus als Screen-Saver auf dem Handy-Display entgegenlächelt – und die jeden Sonntag brav in der Kirche den Leib Christi schlucken, bevor sie ihr Side Dish genießen. Mahlzeit!

„Die nimmt mir aber nicht meine Zeugungsfähigkeit?“ Man beachte, wer einem Ugander mit bestem Wissen und Gewissen eine Tablette gegen das vom Kater herrührende Kopfweh gibt, der muss mit einer solch besorgten Frage rechnen. Nachbar Schedrak, den eine Freundin als Womanizer bezeichnet – weil er redet wie ein Womanizer, aussieht wie ein Womanizer und sich verhält wie ein Womanizer – jedenfalls musste erst noch von der Harmlosigkeit eines Aspirin überzeugt werden. Schließlich hat der 23-Jährige vor, im nächsten Jahr produktiv zu werden – das verkündet er stolz allen, die es wissen wollen (und auch allen, die es keinen Deut interessiert). Ladies, die sich als Mutter seiner zukünftigen Kinder, zu Verfügung stellen, gibt es genug. Dass er wohl am liebsten eine Weiße hätte, das ist eine andere Geschichte. Vielleicht hat er aber Glück, schließlich sind seit Neuestem weiße Volunteers einer deutschsprachigen NGOs neben ihm einquartiert. Und manche von denen sind dem Black-Man-Tourismus genauso wenig abgeneigt, wie die Schwarzen der Weißen-Jagd. Alles für die Völkerverständigung, versteht sich.

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Steven Hille

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Silvia Jelincic

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