Die Herablassung neoliberaler Eliten ist Trumps Sprengstoff

Amerikas Unterschicht kämpft mit der Wut der Verzweiflung, nachdem infolge Wirtschaftskrise und Auslagerung ganzer Industriezweige viele weisse Amerikaner ins soziale Abseits gedrängt wurden. Ihre Frustrationen und aufgebauten Ressentiments sind der Nährstoff in Donald Trump's Wahltaktik. Diese Männer glauben, dass ausgerechnet der Milliardär Trump aus New York ihre Sorgen versteht, während das politische Establishment für sie anscheinend nur Verachtung hegt. Wer in Amerika in solchen Umständen leben muss, hat Grund zur Empörung. Die NZZ hat zu diesem Thema einen guten Artikel geschrieben.

Dörfer zerfallen, geschlossene Läden, heruntergekommene Häuser und ausrangierte Möbel auf der Wiese. Autowracks in der Einfahrt und wütend bellende Hunde am Zaun. Gun-Shops, Walmart und Trucks.

Jugendliche ist die Hoffnungslosigkeit und auch Drogenalltag ins Gesicht geschrieben. Zahnfäule bei kleinen Kindern, denen man statt der Muttermilch Pepsi eingeflösst, Arbeitslosigkeit, häusliche Gewalt und trotzdem ein patriotischer Stolz mit Trump-Schildern überall (Autor J. D. Vance/Autobiografie "Hillbilly Elegy";).

So sehen sie aus, viele Orte im Mittleren Westen, am Mississippi oder im «Rust Belt» – Amerikas einst stolzen Hochburgen der Kohle- und Stahlindustrie. Hillary Clinton haben die Menschen dort ind den sog. "basket of deplorables" - den "Korb der Bedauernswerten" - gesteckt. Die Folge ein erheblicher Wählerzustrom für Trump, den von Clinton bezeichneten Rassisten, Sexisten, Ausländer-und Islamfeindlichen, Schwulenfeindlichen, etc..." Worten .

Die Herablassung der liberalen Elite ist der Sprengstoff, mit dem Donald Trump spielt.

Mögen auch bei weitem nicht alle Trump-Anhänger ökonomisch abgehängt worden sein, die meisten von ihnen sind in der Tat rassistisch, frauenfeindlich und fremdenfeindlich.

Autorin Nancy Isenberg beschreibt diese Unterschichten in "White trash", also jene weisse Bevölkerungsschicht, die in Trailer-Parks oder in nicht abbezahlten Häusern lebt – bis die Banken, die den Leuten die faulen Kredite angedreht haben, sie rauswerfen. Es sind Menschen, die ihre Jobs durch die Energiewende, den Freihandel oder die grosse Rezession verloren haben und die jetzt von mehreren Nebenjobs oder von Lebensmittelmarken und Sozialhilfe leben.

Es sind die, die ihre Sorgen in Alkohol ertränken oder mit Schmerztabletten betäuben und deren Kinder am rapiden Anstieg der Heroinseuche auf dem Land zugrunde gehen. Gefangene in einem toxischen Zirkel aus Pessimismus und Passivität gefangen. Armut nagt nicht nur an den Zähnen, sie frisst auch den Lebensmut.

Während die Sterblichkeitsrate der männlichen schwarzen Bevölkerung im mittleren Alter stetig sinkt, hat sich jene der weissen Männer mittleren Alters laut einer Studie der Princeton University seit der Jahrtausendwende erhöht. Die Zahl der Selbstmorde und Drogentoten in dieser Schicht ist so hoch wie noch nie.

Diese Männer glauben, dass ausgerechnet der Milliardär Trump aus New York ihre Sorgen versteht, während das politische Establishment für sie anscheinend nur Verachtung hegt.

Die Herablassung der liberalen Elite gegenüber der Unterschicht ist der Sprengstoff, mit dem Donald Trump spielt. Sie hat eine lange Geschichte. Amerika hat auf seine Armen schon immer herabgeschaut. Eine Erbe des calvinistischen Werteethos, wonach die Armen zu den nicht Auserwählten Gottes gehören.

Der Glaube, die Nation habe sich durch die Unabhängigkeitserklärung von England mit einem Ruck vom britischen Klassensystem gelöst, ist ein Mythos. Die "Neue Welt" war am Anfang vor allem eine Abfallhalde, in der man sich der Armen, der Bettler und Huren, Verbrecher und Landstreicher entledigte, die nicht selten als Leibeigene die kargen Böden beackern mussten. "Waste people" wurden die ersten Siedler genannt, der Bodensatz des American Dream. Später auch als Müll-Menschen. Staubfresser. Gauner. Cracker. Hillbillies. Rednecks beschimpft und heute heissen ihre Nachfahren "Deplorables". Dennoch gab es auch für diese Schicht noch immer den Vergleich mit jenen, denen es noch schlechter ging. Präsident Lyndon B. Johnson meinte: "Wenn man den ärmsten weissen Mann davon überzeugen kann, dass er besser dran ist als der reichste Schwarze, dann merkt er nicht, wie man ihm das Geld aus der Tasche zieht". Diese Strategie, die in letzter Zeit mehr noch gegenüber den mexikanischen Einwanderern zum Einsatz kam, hat mit dem Niedergang der Industrieregionen und dem demografischen Wandel seine Wirkung eingebüsst.

Die weisse Unterschicht findet sich in der gesellschaftlichen Achtung plötzlich auf dem untersten Level wieder, eine Kränkung, die sich in Rassismus, in Xenophobie und testosterongeladener Gewaltbereitschaft auf Trump-Rallys niederschlägt.Chaos und Gewalt in den amerikanischen Vorwahlen und Trump erntet den Sturm, den er selber säte. "Die Geister, die er rief, wird er nun nicht mehr los"!

In diesem Wahlkampf geht es darum, bei der weissen Unterschicht ihre Ressentiment zu schüren und damit ihre Stimmen einzukassieren. Und das versteht Donald Trump bestens, da ist er Hillary weit überlegen. Seine Mauer an der Grenze zu Mexiko und seiner Hetze gegen auch in meinen Augen zu verurteilenden "Political Correctness". Mag Präsident Obama auch nicht «der reichste Schwarze» sein, mit seiner Harvard-Ausbildung und seinem coolen Intellekt ist er auch schon ein Feindbild für die weisse Unterschicht geworden, weil er weit über ihnen steht.

Das Ressentiment der Trump-Anhänger beruht auf der Erfahrung, dass ihnen mit den stabilen Jobs in der Kohle- oder Stahlindustrie die letzten Privilegien genommen wurden. Die über Jahrhunderte verbriefte Annahme, den Frauen, Farbigen und den Fremden überlegen zu sein, ist inzwischen nicht mehr Realität.

Gegen die Nutzniesser der Globalisierung in den Städten wächst die Wut auf eine politische Kaste, die nicht nur die Nöte der weissen Unterschicht zu ignorieren scheint, sondern sie auch noch beschimpft.

Das neue Selbstbewusstsein der "Black Lives Matter"-Bewegung sowie die Sprachregelungen an den Universitäten ("PC" ) belegen den wachsenden Einfluss von Minderheiten, die Mitte dieses Jahrhunderts in der Mehrheit sein werden. Mit "Political Correctness" (PC) in den USA wird dzt. eine Hexenjagd auf dem Campus betrieben.

Donald Trump ist der erste Politiker, der dieser Frustration eine Stimme gibt – eine laute, wütende, rohe. Er verspricht nicht nur, die Jobs in der Industrie wie von Zauberhand wiederherzustellen, sondern auch die Selbstachtung des weissen Arbeiters.

Wie Roger Cohen in einer Reportage aus dem "Rust Belt" in der «New York Times» bemerkt, machen die meisten gar kein Hehl daraus, dass sie bei Trump mit dem Feuer spielen. Für sie ist Trumps «Make America Great Again» der letzte Schlachtruf vor dem Untergang. "Trump's probably going to get us killed,but I'll vote for him anyway over Hillary.»......so die Meinung vieler.

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Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 26.09.2016 12:31:33

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