Der Soziologe Heinz Bude (seine Bücher: "Über die Macht von Stimmungen" ; "Gesellschaft der Angst" ; "Kapitalismus und Ungleichheit" ) vertritt den Standpunkt, dass Podemos in Spanien, die Fünf-Sterne-Bewegung in Italien, die AfD in Deutschland oder die Ein-Mann-Bewegung von Donald Trump in den USA von der hasserfüllten Anklage der Eliten lebt, von denen man sich verraten und verkauft fühlt. Zum Populismus gehört der Anti-Elitismus. Zu Ende gedacht stellt sich aber auch die Frage, welche neuen Eliten werden die populistischen Bewegungen wiederum gebären.

Trotz interessanter Themenstellung schwafelt Bude eher und hantelt sich von einem beliebigen Punkt zum nächsten, der ihm beim Schreiben eben gerade so in den Sinn kam. Auf eine logische Argumentation und Belege zu seinen Aussagen verzichtet er weitestgehend, Beliebigkeit überwiegt. Diese Defizite versucht er durch eine abgehobene Sprache und schwer verständlichen Schachtelsätzen überzukompensieren:

Beispiel S. 27: "Auch das postmoderne Credo von der sozialen Konstruiertheit allen Wissens und aller Erkenntnis und die daraus folgende Ethik der Anerkennung der vielen Arten und Weisen zu wissen und zu erkennen war ursprünglich ein großer Akt der Befreiung des Geistes von engstirnigen Methodologien und provinziellen Kosmologien.".....muss man solche Sätzen verstehen, NEIN!!

Mit Elite meint man nicht die reichen Prominenten im Film-und Musikgeschäft, sondern in erster Linie die an den Schalthebeln der Macht sitzen hinter den Türen von Regierungszentralen, Zentralbanken und in kühler Selbstherrlichkeit die Welt regieren.

Es scheint herrschende Meinung zu sein, dass die Eliten das Volk betrügen. Die Regierenden tun so, als ob sie nur die notwendigen Entscheidungen zum Aufhalten des Weltuntergangs treffen («Whatever it takes» oder «Wir schaffen das!»). Übersehen dabei, wie schwer das Leben für die meisten heute unter dem Druck von Produktivitätssteigerung und globalem Konkurrenzdruck geworden ist.

Der Gemeinplatz ,dass der ökonomische und gesellschaftliche Wandel eben Verlierer und Gewinner hervorbringe, will man nicht zur Kenntnis nehmen. Populistische Politik definiert sich als Politik der 99% "da unten", die gegen die Arroganz des 1% "da oben" rebelliert. Der Kampf gegen die Eliten macht sich fast überall auf der Welt breit. Erwarten die Leute zu viel von ihren Eliten? Die Intellektuellen trauen sich nichts mehr zu, aber nunemhr die ganze Weisheit beim Volk zu suchen, kann auch ganz schön in die Hosen gehen.

Die Amerikaner, ob Gegener oder Befürworter Trumps, haben Franklin D. Roosevelt für ihren größten Präsidenten gehalten. Seinen Landsleuten sagte er in der Zeit der Grossen Depression, als Gott das Land verlassen zu haben schien, er habe Tausenden von Amerikanern und Amerikanerinnen ins Gesicht gesehen und den Blick von verlorenen Kindern gesehen. Roosevelt war mit Ende 30 an Kinderlähmung erkrankt und konnte sich nicht ohne Krücken fortbewegen.

Er hatte den Mut und das Zutrauen, seinem Land der grenzenlosen Möglichkeiten und des freien Unternehmertums ein sozialdemokratisches Programm für einen neuen Gesellschaftsvertrag zu verordnen. Für Amerikaner, die stolz darauf sind, wie sich die Nation damals in gemeinsamer und gerechter Anstrengung selbst gerettet hat, ist Roosevelt der gute Hirte, der erspürt hat, dass eine Zeit der Umkehr für sein Land gekommen war. Roosevelt war kein Gesundbeter, sondern eine Figur der Kraft, die in mythischer Grösse die darniederliegende Nation wieder aufgerichtet hat. Die USA wurde sodann Schritt für Schritt unter grossen Opfern, aber mit sicherem Instinkt unbestrittene und nach 1989 sogar einzigen Weltmacht.

Träumen die Populisten linker oder rechter Art von solchen Führern, die im Augenblick der Krise eine Idee von Zukunft verkörpern? Politiker wie Roosevelt, Winston Churchill, Charles de Gaulle oder Willy Brandt, Olof Palme oder Nelson Mandela haben es vermocht, ihren Gesellschaften in schwerer Zeit eine Zukunft zu eröffnen, ohne Ressentiments zu befördern und ohne die Bevölkerung in zwei unversöhnliche Lager zu spalten. Die Leute trauen auch dem "Yes we can" nicht mehr.

Sie halten sich am Beispiel Trump dann lieber an einen dubiosen Helden der Cleverness, der in seinem Leben vorgeführt hat, wie man unter widrigen Bedingungen überleben und sogar weiterkommen kann. Es gibt einerseits einen Populismus der kollektiven Grösse und gemeinsamen Wiederaufrichtung des Landes und einen Populismus des Sozialpessimismus. Im einen steckt Hoffnung, im anderen Resignation. Womöglich werden wir Zeugen eines Gesellschaftsprozesses, in dem eine etwa zwei Jahrhunderte währende Dominanz der entwickelten Ökonomien des "Westens" zu Ende geht.

Die Ökonomien Europas, Japans, Kanadas und der USA richten sich auf eine Phase «säkularer Stagnation» (Larry Summers) ein, während die aufsteigenden Ökonomien in China, Indien, Vietnam oder Nigeria, gemessen an Wirtschaftswachstum, Bildungsexpansion und Erweiterung sowie Vertiefung der Mittelklasse, aufholen oder sogar vorbeiziehen.

In meinen Augen ist obige Aussage weitgehender Nonsense, überhaupt was Nigeria betrifft.

Die Verhältnisse haben sich umgekehrt, weil die Wirtschaften einstiger Industriestaaten wenn überhaupt, deutlich langsamer als die mancher ehemaliger Entwicklungsländer. Und wenn int. Rankings zu Schulleistungen als auch Patentanmeldungen ansieht, überflügeln einzelne Newcomer ihre westlichen Konkurrenten teilweise schon.

Das Phänomen des Populismus wirft für die Eilten von heute die Frage nach glaubwürdiger Orientierung auf. Die Menschen sind in puncto persönliche Situation weitgehend zufrieden, fühlen sich in ihrer Nachbarschaft einigermassen gut und aufs Ganze gesehen sind sie trotzdem skeptisch. Eine Mehrheit der 55- bis 75-Jährigen ist überzeugt, dass ihre Kinder und Enkel in einer Welt prekärer Berufsbiografien, wachsender sozialer Ungleichheit, zunehmender politischer Instabilität und einer sich zuspitzenden ökologischen Situation leben werden.

Zur Elite zu gehören, dazu reicht künftig ein guter Universitätsabschluss, persönliche Smartness und die Kompetenz zur Komplexitätsreduktion allein nicht mehr aus. Wir müssen uns die Frage stellen, was für eine Zukunft Europa und der Westen überhaupt hat. Man wird sich vor Augen halten müssen, dass die USA das grösste Schuldnerland Chinas sind, dass ganz Europa in zehn Jahren vielleicht noch 6% der Weltbevölkerung stellt.

Orientierung kann man nicht in philosophischen Büchern finden, sondern nur in Fühlungnahme mit den Menschen, mit denen man zu tun hat, und im Blick auf eine Gesellschaft, die auf der Suche nach einer neuen Deutung ihrer Lage in einer sich rasant verändernden Welt ist.

Heinz Bude ist Professor für Soziologie in Deutschland. Mit dem Entwurf einer europäischen "Digitalcharta" (gesponsert ZEIT-Stiftung) hat er sich wichtig gemacht und diese Charta soll ein ziemlicher Murks mit Internet-Zensurphantasien "made in Germany" sein. Wenn man mit Abwehr- und Leistungsschutzrechten zu sehr übertreibt, geht das Ganze nach hinten los und wirkt

kontraproduktiv in der neuen Wissensgesellschaft.

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