Multikulturalismus führt zu unerwünschten Parallelgesellschaften

"Multikulturalismus als Politikkonzept ist ein Fehler, er führt zu Parallelgesellschaften" - so die Kernaussage des Soziologen und Migrationsforschers Ruud Koopmans/Berlin und UNI-Amsterdam. Er deutet Trumps Sieg als Absage an den Multikulturalismus und kritisiert die Identitätspolitik in Europa. Die Flüchtlingspolitik Angela Merkels bezeichnete er als „absolute Fehlleistung“. Er kritisiert auch, muslimische Migranten würden sich zu wenig anpassen und dass ein erheblicher Teil der in Europa lebenden Muslime fundamentalistische Auffassungen vertreten.

In Europa verstehen viele Leute die Welt nicht mehr nach Trumps Wahlsieg. Jedoch Trumps Sieg, eine unerfreuliche Entwicklung, wäre wie der Brexit, vermeidbar gewesen. Die politischen Eliten, links wie rechts, haben sich seit dem Ende des Kalten Krieges viel zu einseitig zu Globalisierungsbefürwortern entwickelt. Stimmen, die die Segnungen des Freihandels, der europäischen Integration oder der Zuwanderung kritisch hinterfragten, wurden ignoriert oder für dumm, rückwärtsgewandt oder rassistisch erklärt.

Politische, wirtschaftliche und kulturelle Eliten haben sich in ihrer postnationalen Sichtweise von großen Teilen der Bevölkerung entfremdet. Viele Menschen suchen und brauchen den Schutz des Nationalstaates, wollen ihre Souveränität nicht an Brüsseler Hinterzimmer abgeben und schätzen ihre nationale Kultur, die es aus der Sicht der Eliten gar nicht mehr gibt und auch nicht geben soll.

Bei den Wählern ohne Hochschulabschluss und außerhalb der Metropolen hat auch die Mehrheit der Frauen für Trump gestimmt – trotz seiner abwertenden Aussagen Frauen gegenüber und sogar 20% bis 30% der Latinos und asiatischen Amerikaner taten es. Die Wahl Trumps war trotz allem sehr wohl eine Absage an die multikulturelle Idee, wonach es keine amerikanische Mehrheitskultur gebe und die Gesellschaft bloß ein Flickenteppich von Minderheiten sei.

In deutschen Medien ist Koopmanns als Rassist und Islamfeind beschimpft worden. Es gab Aufrufe von Berliner Studenten, die eine Maßregelung Koopmanns verlangten, ihm einen Maulkorb verpassen wollten. Das erinnert auch an das vergiftete Klima an vielen amerikanischen Universitäten, wo man im Namen der politischen Korrektheit und des Minderheitenschutzes gegen missliebige Professoren agitiert. In Europa ist es zum Glück noch nicht so schlimm wie in den USA.

Das Problem entsteht, wenn wissenschaftliche Konzepte und Befunde abgelehnt werden, nur weil sie mit bestimmten normativen Vorstellungen nicht übereinstimmen. Studien ergaben, dass Muslime in Europa umso besser in den Arbeitsmarkt integriert sind, je assimilierter sie sind.

"Multikulturalismus als Politikkonzept ist ein Fehler, er führt zu Parallelgesellschaften." – Der Druck auf Koopmanns ist spürbar größer geworden, weil auch "Identitätspolitik" eine immer wichtigere Rolle in den sozialwissenschaftlichen Fakultäten spielt. Immer mehr Zweige beschäftigen sich mit spezifischen Minderheitsgruppen, von den Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Studies (LGBT) bis zu den Black and Hispanic Studies, was wiederum Studenten mit entsprechenden Interessen und normativen Vorstellungen anzieht.

Es gibt eine linke wie eine rechte Identitätspolitik:

Die Rechte glorifiziert die nationale Volksgemeinschaft, die Linke betont das Antinationale und den Wert der Diversität. Beide Seiten, ob Konservative oder Linke, interessieren sich nicht hauptsächlich für das Los der Migranten. In erster Linie geht es um sie selber.

Dabei geht es um unterschiedliche Vorstellungen über nationale Identität und die zukünftige Gestaltung der Welt. Dieser Konflikt wird moralisch extrem aufgeladen und dient der gegenseitigen Abgrenzung. So werden die einen von den Rechten zu Landesverrätern stilisiert und die andern von den Linken zu Nazis.

Die Hochgebildeten profitieren von der Globalisierung, für sie ist die globalisierte Welt ein schöner Spielplatz. Man kann als akademischer Forscher an Konferenzen rund um die Welt reisen, es gibt Gastaufenthalte hier und dort und schöne Stipendien von der Europäischen Union.

Man lebt als Student vielleicht im bunten Berlin-Neukölln, zieht aber weg, sobald das eigene Kind mit vielen Einwandererkindern in die Schule gehen müsste.

Auch die Business-Elite kann von allen Vorteilen der Globalisierung profitieren und hat zugleich die Mittel, sich den Nachteilen zu entziehen. Die Verlierer der Globalisierung haben diese Möglichkeiten nicht, sie sind an den Ort gebunden. Das ist der Konflikt, hinter dem das Aufkommen der AfD in Deutschland steckt.

Zum Burkaverbot, nicht jeder, der ein solches Verbot begrüsst, ist ein Verfassungsfeind und gegen Menschenrechte. Es ist eine legitime politische Forderung, wie sie in Frankreich und Belgien auf demokratischem Weg durchgesetzt wurde.

Koopmann ist nicht für ein allgemeines Verbot, weil das nicht seinen Vorstellungen von einem liberalen Rechtsstaat entspreche, jedoch ein Teilverbot, wenn es die Kommunikation und Identifikation in öffentlichen Einrichtungen erfordert. Nach den Erfahrungen in den Niederlanden und in GB ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass eine aktivistische Burkaträgerin vor Gericht zieht und einen Arbeitgeber verklagt, weil der keine voll verschleierte Frau einstellen will. In den Niederlanden gibt es einen berühmten Fall einer Burkaträgerin, die vor Gericht erfolgreich gegen die Kürzung ihrer Sozialhilfe geklagt hat. Der Sozialstadtrat von Amsterdam, interessanterweise selber ein Muslim, hatte diese Massnahme angeordnet, weil sich die Frau dadurch faktisch vom Arbeitsmarkt ausschloss.

Örtliche Gepflogenheiten müssen höher gewichtet werden! Wer hierzulande den Handschlag verweigert, muss konsequenterweise hinnehmen, dass er möglicherweise dadurch keinen Job erhält. Damit wäre eine Integration in den Arbeitsmarkt unmöglich und ein gefundenes Fressen für Parteien wie die AfD.

Es gibt noch immer die Mehrheitsgesellschaft, obwohl die Identitätspolitiker glauben, es existiere keine mehr. Die Linken hoffen und die Rechten befürchten es, doch es gibt die Mehrheitsgesellschaft durchaus. Die allermeisten Frauen laufen hier nicht mit einer Burka herum, auch nicht die Musliminnen. Und die meisten geben einander die Hand.

Viele Lehrer mögen jedoch den Holocaust kaum noch diskutieren, weil manche muslimische Schüler behaupten, er sei eine Erfindung oder eine Ablenkung von den Verbrechen Israels an den Palästinensern. Doch da muss man knallhart bleiben und darf keine Zugeständnisse machen. Wir brauchen dringend eine offene Debatte darüber, inwiefern Nationalstaaten gegenüber Migranten bestimmte Anpassungsforderungen stellen dürfen. Und inwiefern sie Zugeständnisse an Kultur und Religion von zugewanderten Minderheiten machen sollen oder müssen.

Warum soll man Ostern feiern statt der Geburt von Mohammed in einer westeuropäischen Stadt, wo zufällig schon mehr Muslime als Christen leben? Irgendwann wird diese Forderung kommen, und das Riesengeschrei ist absehbar. Deshalb sollten wir uns schon jetzt mit diesen Fragen auf einer normativen Ebene auseinandersetzen.

Der Endpunkt der Globalisierung sollte jedenfalls nicht sein, dass die ganze Welt gleich wird und die Identitäten der einzelnen Nationalstaaten sich irgendwann völlig auflösen.

Die Frage lautet: Bis zu welchem Ausmass ist es normativ zu verteidigen, dass eine nationale Mehrheitskultur ihre eigene Kultur privilegiert? Man muss das diskutieren können, ohne dass man gleich als Nazi oder als Landesverräter exkommuniziert wird.

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Stephan Hof

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bernhard.buchariensis bewertete diesen Eintrag 20.11.2016 16:33:57

Spinnchen

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