Wirtschaftskorrespondent Kattinger der NZZ.ch schrieb im Vorjahr über das “Systemversagen Österreich” einen treffenden Artikel. Es werde nur dem Machterhalt statt dem Land gedient.

Der neue Bk. Kern muss sich im Klaren sein:

Ohne grundlegende Erneuerung des politischen Systems ist die erreichte Position Österreichs mittelfristig nicht zu halten. Österreich braucht einen personellen, moralischen und institutionellen Befreiungsschlag. Der Wirtschaftskorrespondent zog damals eine vernichtende Bilanz seiner zwölfjährigen Beobachtungen in Wien.

Er schreibt von „System-Versagen“, das schon damit beginne, dass „zu viele der handelnden Personen im System Österreich überfordert bzw. schlicht ungeeignet sind“. Das sei nicht weiter verwunderlich, weil „Spitzenpositionen nicht mit Bedacht auf die Interessen des Landes, sondern nach parteipolitischen Verdiensten und regionalen Quoten besetzt“ würden.

Seit der Rückkehr der Großen Koalition 2007 verliere Österreich „in fast allen Vergleichen von Standort und Wettbewerb kontinuierlich an Boden“. Die Arbeitslosigkeit wachse (inzwischen von einst 240.000 auf 500.000), der Mangel an Facharbeitern werde gravierender, gleichzeitig machten sich immer mehr Uni-Absolventen aus dem Staub. Seit der Übernahme der Kanzlerschaft durch Werner Faymann 2008 sei es mit dem Gestaltungswillen vorbei:

„Seither ist alles dem Machterhalt untergeordnet.“

SPÖ und ÖVP seien inzwischen vornehmlich damit „beschäftigt, Einflussbereiche und Besitzstände ihrer Klientel durch Reformverweigerung zu sichern. Weltmeister sind Österreichs Parteien nur bei den sich selbst zugestandenen Förderungen – von zuletzt 205 Millionen Euro (2014).“

Die letzte größere Steuerreform 2015/16 war wieder keine Systemreform, wie angekündigt, bloß eine wiewohl überfällige Steuerentlastung jedoch mit marginalen Kürzungen bei Ausgaben. Teures Föderalismussystem, ein Kleinstaat mit 9 Bundesländern und Verwaltungsstrukturen teilweise noch aus der Monarchie).

Ähnlich wie Kattingers Befund über Österreichs Selbstblockade fällt das Urteil des freien Publizisten Wolf Reiser über den Zustand des Journalismus in Deutschland und auch bei uns in der Ausgabe von „Lettre International“ aus.

Von „Zähmung, Verwahrlosung und Niedergang des Journalismus“ ist da die Rede, vom schmaler werdenden Meinungskorridor und vom stärker werdenden Konformitätsdruck und Regulierungsdichte "Gefragt sind Getreue, Vasallen, Verlagssoldaten, die sich selbst ihre Frisur am jeweiligen Chefdesign abschauen“; auch bei linken Medien findet eine „betrübliche Selbstzentrierung“ der Redaktionsleiter statt.

Reiser geht dabei nicht nur mit der Printbranche scharf ins Gericht: „Indessen bestimmt der durch den Online-Journalismus bedingte schleichende kollektive Abbau von Mitgefühl und Reflexion den aktuellen Diskurs und so schlägt die Stunde der Trolle!!!!! auf allen Ebenen. Vieles in Reisers erbarmungsloser Abrechnung erklärt sich wohl durch die Frustrationen des freien Journalisten im heutigen Mediengeschäft.

2
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
5 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 16.05.2016 08:47:48

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 15.05.2016 22:21:00

2 Kommentare

Mehr von EBgraz