Staatlicher Rechtsbruch: Grenzbeamte riskieren Strafbarkeit auf Weisung von oben

Das Berliner Verwaltungsgericht hat mit seinem Eilbeschluss zur Zurückweisung der drei Somalier:innen an der deutsch-polnischen Grenze ein klares Signal gesetzt: Die Zurückweisung war rechtswidrig, da das geltende EU-Recht – konkret die Dublin-III-Verordnung – Vorrang vor nationalem Recht hat. Das Gericht stellte eindeutig fest, dass eine Zurückweisung ohne vorheriges Dublin-Verfahren nicht zulässig ist und die von der Bundesregierung bemühte Notlagenklausel (Art. 72 AEUV) im konkreten Fall nicht greift. Diese Entscheidung ist zwar formal auf den Einzelfall begrenzt, doch die Begründung des Gerichts ist so grundlegend, dass sie auf alle vergleichbaren Fälle übertragbar ist. Die Annahme einer bloßen „Einzelfallentscheidung“ ist daher irreführend; das Urteil hat eine weitreichende Signalwirkung und macht deutlich, dass die aktuelle Praxis der Zurückweisungen systematisch gegen geltendes Recht verstößt.

Alexander Dobrindt ignoriert mit seinem Festhalten an der Zurückweisungspraxis nicht nur die eindeutige Rechtslage, sondern missachtet auch die Gewaltenteilung. Die Judikative hat klar entschieden, dass das Vorgehen der Exekutive rechtswidrig ist. Wer dennoch an dieser Praxis festhält, stellt sich offen gegen die gerichtliche Entscheidung und untergräbt das rechtsstaatliche Prinzip der Gewaltenteilung. Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, die Rechtsfrage im Hauptsacheverfahren klären zu lassen, doch das Verwaltungsgericht hat bereits angedeutet, dass auch dort mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Rechtswidrigkeit festgestellt werden würde. Die weitere Durchführung von Zurückweisungen trotz dieser klaren Rechtslage ist daher als eklatanter Rechtsbruch zu werten.

Sollte es zu weiteren Zurückweisungen kommen, besteht die überwältigende Gefahr, dass auch zukünftige Einreisende in ihren Rechten verletzt werden. Die Argumentation des Gerichts ist so eindeutig, dass ein weiteres Festhalten an der bisherigen Praxis als bedingter Vorsatz des Rechtsbruchs gewertet werden muss: Die Verantwortlichen nehmen die Rechtsverletzung bewusst in Kauf. Jeder Bundespolizist ist rechtlich so weit ausgebildet, dass er diese Rechtslage erkennen kann. Wer dennoch eine rechtswidrige Anordnung ausführt, macht sich selbst dienstrechtlich und möglicherweise strafrechtlich verantwortlich. Die Beamten haben ihren Eid auf Recht und Gesetz und nicht auf Dobrindt oder Merz geschworen. Es ist ihre Pflicht, sich rechtswidrigen Anordnungen zu widersetzen und das Recht zu achten. Die aktuelle Praxis gefährdet nicht nur den Rechtsstaat, sondern setzt auch die Integrität der Beamtenschaft aufs Spiel.

Das Vorgehen der Bundesregierung – insbesondere von Dobrindt – ist daher nicht nur politisch, sondern vor allem rechtlich nicht haltbar. Die Gerichte haben gesprochen, und die Exekutive muss sich dem fügen. Alles andere ist ein Angriff auf die Grundprinzipien des Rechtsstaats.

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