Vor zwei Wochen wurde ich in einem (konstrukiv verlaufenen) Kommentar eine Nihilistin genannt, weil ich - vereinfacht gesagt - religiöse und "traditionelle, gemeinsame" Werte abgelehnt habe. Allerdings habe ich einen Rahmen, ein allgemeingültiges System anerkannt - das Recht, in all seinen Abstufungen, basierend auf Vernunft und nicht Emotion. Je höher die Stufe einer Rechtsnorm, desto schwieriger ist sie zu verändern. Kleine, lokale Verordnungen basieren auf Landesgesetzen, die wiederum auf Bundesgesetzen, darüber steht europäisches Recht und wiederum darüber das Völkerrecht. So weit, so einleuchtend. Das dieses Konstrukt nur funktioniert, wenn diese Meinung Konsens und weitestgehend unumstritten sind, ist selbsterklärend.

Wolfgang Sobotka scheint der Definition eines Nihilisten da schon viel näher zu kommen. Denn das Recht, dessen Verteidigung als Innenminister sein Aufgabe ist, scheint ihm nur bedingt am Herzen zu liegen. Nur so lässt sich erklären, dass die Grundlagen dieses Systems plötzlich zur Diskussion stehen. Da werden Pläne vorgelegt, zur Einschränkung des Demonstrationsrechts, von denen unter anderem der Verfassungsdienst und das Bundeskanzleramt sagen, dass sie verfassungs- und menschenrechtswidrig seien. Die Antwort ist ganz leger: "Dann sollen sie [die Experten des VfGH] mit den Experten des Innenministeriums, das [sic!] auch Verfassungsexperten sind, diskutieren" (1) Da wird nicht nur die Kompetenz des österreichischen Verfassungsgerichts in Zweifel gezogen, sondern völlig ohne Besorgnis hingenommen, dass den eigenen Plänen der Verstoss gegen die EU-Menschenrechtscharta vorgeworfen wird. Nicht irgendeinem populistischen Oppositionellen, nicht irgendein Parteiprogrammpunkt, der in der Form sowieso nie genauso kommen wird, sondern einem Gesetzesentwurf eines Innenministers.

Aber Sobotka ist ohnehin schwer zu beeindrucken. Ähnliche Argumente flogen ihm schon bei seiner Forderung nach lückenloser Überwachung des öffentlichen Raums und Fußfesseln für 'Gefährder' um die Ohren. (2) Auch in diesem Zusammenhang zeigte Sobotka sich unbeeindruckt. Im Gegenteil er verkauft die Kritiker für dumm: "Vor meiner Haustüre lag – vor vielen Jahren – immer wieder menschlicher Kot. Als ich eine Kamera aufgestellt habe, war das sofort vorbei." (3) Abgesehen von der Banalität dieses Vergleichs - man könnte sagen von Äpfeln mit einem Birnbaumhain - entbehrt er ohnehin jeder Beweiskraft. Korrelation beweist keine Kausalität - das hat uns Lisa Simpson bereits vor 20 Jahren erklärt (siehe unten). Vielleicht sollte Herr Sobotka einfach etwas weniger mit seinen 'Experten' diskutieren und stattdessen einfach mal ein paar alte Simpsons-Folgen konsultieren.

(1) Interview im Ö1 Morgenjournal vom 8.2. http://oe1.orf.at/player/20170208/459921/070459000

(2) vgl zB https://futurezone.at/meinung/wenn-der-innenminister-vor-eurer-tuere-kehrt/244.496.605

http://derstandard.at/2000051872835/Zweifel-an-Fussfessel-als-Terrorpraevention

(3) http://www.heute.at/news/politik/Wolfgang-Sobotka-Das-Kreuz-ist-ein-Friedenssymbol;art23660,1394831

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