Politische PR, die Krone und ein Anruf im Boltzmann-Institut

Die Krone hat gestern einen Brief in Auszügen veröffentlicht, den der abgeschobene Syrer Ahmed H. im Schubhaftzentrum Vordernberg hinterlassen haben soll und in dem er seinen Betreuern tiefsten Dank ausspricht. Der Inhalt gefällt den Lesern bestimmt, denn darin ist von der guten Betreuung und der Gastfreundschaft der Österreicher die Rede.

Ahmed H. wurde abgeschoben, die Echtheit des Briefs läßt sich also weder verifizieren, noch falsifizieren. Wer die Hintergründe kennt und sich ein bisschen kritisch mit dem Artikel auseinander setzt wundert sich jedoch, dass Ahmed H. das vertragliche Dienstleistungsspektrum des Sicherheitsunternehmens im Detail aufzählen kann. Im Brief ist auch von den gut geschulten Mitarbeitern von G4S die Rede, zufällig ca. 1,5 Wochen nachdem Niki Scherak von NEOS 4 parlamentarische Anfragen zu Vordernberg eingebracht hat und darin insbesondere die Ausbildung der privaten Securities thematisiert. Dass sich Ahmed H. in der Nacht vor seiner Abschiebung Gedanken über die Gastfreundschaft der Österreicher macht, klingt dann aber endgültig nach dem etwas zu feuchten Traum eines Boulevard-Journalisten.

Möglicherweise sind einige Leser noch nicht restlos überzeugt, dass es hier um PR geht und die Chuzpe der in diesem Fall handelnden Personen keine Grenzen kennt. Hier also ein zweiter Coup:

Zu einer Veranstaltung zum Thema „Schubhaftzentrum Vordernberg“ mit Vertretern von G4S und BMI, hat man auch Prof. Hannes Tretter, den Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte eingeladen. Eine seiner Aussagen wurde zur Überschrift der Pressemeldung zu dieser Veranstaltung:

„Wahrung der Grundrechte sichergestellt“

Ich schätze Prof. Tretter als seriösen und kompetenten Menschenrechtsexperten und habe mich über diese Aussage sehr gewundert. Also habe ich im Boltzmann-Institut angerufen und ihn gefragt, ob er seine Aussage in Kenntnis aller Vertragsteile getätigt hatte. Im Gespräch stellte sich dann heraus, dass man ihm im Vorfeld der Veranstaltung nur den veröffentlichten, eher unproblematischen Vertragsteil zur Verfügung gestellt hatte. Mein Anruf liegt schon einige Wochen zurück und inzwischen ist bekannt geworden, dass die Überwachung von Häftlingen und der Schutz von Insassen und Mitarbeitern vor Übergriffen ursprünglich auch ausgelagert wurden, davon wusste er damals aber nichts.

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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