Zumindest ein Teil davon.

Meiner Meinung nach.

Aufgrund eigener Erlebnisse.

Bei denen ich eine prinzipielle Parallelität zum allgemeinen politischen Geschehen zu erkennen glaube.

moi Frank und frei

Aber zuerstmal zum Erlebten:

Ich arbeite in einem mittelgroßen Industriebetrieb mit ca. 1.000 Mitarbeietern, mehreren Standorten in D, A, I, und Kunden in der ganzen Welt.

Zur Vertretung der Mitarbeiterrechte gibt es einen Betriebsrat und Vertauensleute in den einzelnen Abteilungen.

Vertrauensleute sind offiziell zwar Gewerkschaftsvertreter, aber in der Praxis sind sie die direkten Ansprechpartner in den Abteilungen, bzw. Zwischenglied vom Arbeiter zum Betriebsrat, und "Multiplikatoren" für Betriebsrat/Gewerkschaft.

Während der Corona-Zeit hat der Vertrauensmann in meinem Arbeitsbereich die Abteilung gewechselt, und es war lange niemand bereit, sich zum neuen Vertrauensmann wählen zu lassen.

Ich bin zwar eher introvertiert, und absolut keine "people`s person", aber habe mich gemeldet, weil es, meiner Meinung nach, jemand tun MUSSTE.

Letzte Woche wurden wir Vertrauensleute vom Betriebsrat über die Betriebsvereinbarung zu Pflichtüberstunden im kommenden Herbst unterrichtet.

Verpflichtende Überstunden gibt es schon seit Jahren.

Für die Mitarbeiter immer ärgerlich, aber als notwendiges Übel akzeptiert.

In der Betriebsvereinbarung wird festgelegt, welche Abteilungen, wie lange, und über welchen Zeitraum Überstunden machen sollen.

Außerdem werden die Außnahmen festgelegt: 60+, Schwerbehinderte, Teilzeitarbeiter, und Kollegen, welche Kinder u12, oder Angehörige pflegen müssen.

Festgelegt wurde: 4 Stunden pro Woche, jeweils 1 Stunde pro Tag, am Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.

Prompt kam von Vertrauensleuten die Frage, wieso der Freitag, und nicht der Montag.

(Auch, weil es im letzten Jahr genau dasselbe Problem gab.)

Antwort vom Betriebsrat:

Es gibt Kollegen, welche es zu hart empfinden, die Woche gleich mit Überstunden zu beginnen, und es sei für September schon so unterschrieben.

Zurück in der Abteilung, habe ich mit dem Vorgesetzten vereinbart, daß er die Mitarbeiter unterrichtet, und als er das tat, kam von den Kollegen prompt dieselbe Frage:

Wieso der Freitag, und nicht der Montag?

Und die Kollegen wandten sich damit auch an mich, als ihren Vertrauensmann.

Daher ging ich gestern zum Betriebsrat, und wies ihn darauf hin, daß die meisten Kollegen die verpflichtende Überstunde lieber am Montag abarbeiten würden, weil sie am Freitag fertig sind, und möglichst früh ins Wochenende wollen.

Gegenfrage Betriebsrat:

"Hast du eine Umfrage gemacht, oder ist das nur deine Meinung?"

Also Liste besorgt, und Unterschriften gesammelt.

Es waren zwar viele Kollegen bereits im Urlaub, aber die meisten finden es total logisch, daß man die Überstunde lieber am Montag hinter sich bringt, und am Freitag, zum Wochenende, nicht nochmal eine Stunde draufsetzen muß.

Der einzige, der anders dachte, hat zwar an beiden Tagen Terminprobleme, gehört eigentlich zu den Außnahmen, aber ereiferte sich darüber, daß durch die Diskussion über dieses Thema gehetzt würde, und die Belegschaft gespalten.

Also:

Der Betriebsrat folgt einer Einzelmeinung, welche die Diskussion zum Thema als Hetze empfindet, und als Spaltung der Belegschaft, GEGEN die Mehrheitmeinung.

Kommt das irgendwie bekannt vor?

Ich vermute mal, es läuft so ab:

Die Mehrheit wird sich nicht an den Betriebsrat wenden, wegen Dingen, welche sie als selbstverständlich/logisch ansieht.

Der Betriebsrat berät über den Schutz von Minderheiten (60+, Schwerbehinderte, etc.), und auch über eingegangene Meinungen zum Thema.

Da die Mehrheit sich dazu nicht meldet, folgt der Betriebsrat der Einzelmeinung, welche tatsächlich laut wurde, weil der Betriebsrat das Thema nebensächlich findet, und keinen Ärger mit denjenigen will, welche aktiv sind.

Wie läuft das in der Demokratie?

Die Mehrheit der Menschen in diesem Land ist nicht ausländerfeindlich, aber findet ein zuviel an Migration schädlich, vor allem, weil dies hauptsächlich Wirtschaftsmigration unter dem Vorwand "Flucht" ist.

"Flucht" kann alles sein, was einen dazu bewegt, auszuwandern, und daher gibt es die Einzelmeinung, daß es bei dieser Art "Migration" keine Grenzen geben darf.

Die Einzelmeinung machte sich bei Politikern und in Medien dafür stark, während die Mehrheit erst einmal schwieg, und erst aufmerkte, als andere dafür angegriffen wurden (Hetzer und Spalter!), weil sie sich gegen diese Grenzlosigkeit stellten.

Also:

Die Politiker folgen einer Einzelmeinung, welche die Diskussion zum Thema als Hetze empfindet, und als Spaltung der Gesellschaft, GEGEN die Mehrheitmeinung.

Ist natürlich eine vereinfachte Darstellung, aber so läuft es vermutlich bei allen möglichen politischen Themen ab, ob nun Corona, Klimawandel, Selbstbestimmungsgesetz, oder Krieg.

Und sowohl Politik, als auch Medien, wundern sich dann, wenn sich immer mehr Menschen der Partei zuwenden, welche NICHT GEGEN sie ...

Was kann man also tun?

Als gewählter Vertrauensmann fühle ich mich verpflichtet, die Interessen meiner Kollegen gegenüber Betriebsrat und Arbeitgeber zu vertreten, und in die andere Richtung das meinen Kollegen zu erklären, worüber ich vom Betriebsrat informiert werde.

Ich habe zwar meine eigenen Meinungen, aber sehe mich bei offiziellen Informationsversammlungen dazu verpflichtet, die Infos neutral und wahrheitsgetreu weiterzugeben.

Wenn meine Umfrage letztenendes doch anders enden sollte, als erwartet, würde ich das akzeptieren, weil es nicht darum geht, meine Meinung durchzudrücken, sondern ich der Vertreter der Kollegen bin.

In der Politik?

Vielleicht sollten sich Politiker wieder stärker bewußt machen, daß sie nicht nur von Aktivisten und Medienvertretern gewählt werden, sondern von einer Menge 08/15, welche vielleicht nicht so laut und nervig sind, aber deren GEWÄHLTER VERTRETER man im Grunde ist.

Nun mag sich vielleicht mancher melden, und sagen, es sei Populismus, wenn man der Mehrheitsmeinung folgt.

Ich denke, es muß ein Abwägen geben, bei was, wie weit man folgt, und vor allem ist die Einzelmeinung nicht über jeden Zweifel erhaben, nur weil sie Minderheitenschutz beansprucht.

Im Prinzip folgen unsere Politiker inzwischen Extremmeinungen, und wundern sich, daß sich immer mehr Menschen unter dem GEGENextrem versammeln.

Inzwischen denke ich, daß ein fanatisches Extrem nur durch ein entsprechendes Gegenextrem aufgehalten werden kann, und nehme mir immer wieder vor, mich da rauszuhalten.

Und dann stolpere ich wieder über solche gedankliche Verknüpfungen, welche mich nicht schlafen lassen, bevor ich es losgeworden bin.

Dank an @fischundfleisch , für die Möglichkeit zur schsriftlichen Verarbeitung, und an die Leser, welche bisher durchgehalten haben.

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