Achtung: Terrorgefahr. Worauf Sie beim Reisen achten müssen.

Vor gut einem Monat habe ich den ersten Teil meiner Serie "Achtung: Terrorgefahr. Worauf Sie beim Reisen achten müssen" veröffentlicht. Mit Erstaunen sehe ich immer wieder, dass Gefahren ignoriert werden. Wenn dann etwas passiert, ist die Verwunderung immer groß. Als NATO-Terrorismus-Experte kann ich Ihnen sagen: Es passiert weit mehr als Sie annehmen würden. Sicher: Panikmache ist nie gut, aber mit offenen Augen und Hausverstand durch die Welt zu gehen, das sollten wir alle.

Auch Europa ist keine Insel der Seligen mehr. Wenn Sie nun eine Reise planen, in Länder wie Jemen, Irak, Algerien oder Libyen, die gefährliche Terror-Ziele sind, sollten sie besonders aufpassen. Doch auch bei europäischen Hauptstädten, Südamerika oder Russland, sprechen Experten bereits von „mittleren“ Gefahren-Zonen.

Lassen Sie mich Ihnen ein paar nützliche Tipps geben.

Kommen wir noch einmal im Detail auf Flugreisen zurück, auf die ich bereits in meinem letzten Kommentar verwiesen hatte. Wie wir uns auf Flügen verhalten sollen, ist deshalb so wichtig, weil die meisten Menschen ferne Länder am liebsten mit dem Flieger bereisen: Es geht schnell und ist unkompliziert.

-) Nehmen wir also an, Sie planen eine Reise und buchen einen Flug. Welchen Platz wählen Sie? Versuchen Sie, nicht am Gang und nicht zu weit vorne zu sitzen. Passagieren in der First- und Business-Klasse rate ich, zumindest einen Platz am Fenster zu buchen. Je weiter hinten und je weiter vom Gang entfernt Sie sitzen, desto schwieriger sind Sie bei einer Entführung der Maschine für Terroristen greifar. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Terroristen werden Sie nicht umständlich über andere hinweg hieven, sondern sich den erstbesten Passagier greifen, wenn sie sich mit einem menschlichen Schutzschild, zum Beispiel vor einem mitfliegenden Air Marshal, schützen wollen.

-) Gelingt es den Terroristen, die Kontrolle über das Flugzeug zu gewinnen, dann denken Sie daran: Nur Bruce Willis und Silvester Stallone können sich alleine gegen eine ganze Terroreinheit behaupten, und das auch nur im Film. Verhalten Sie sich ruhig, tun Sie, was von Ihnen verlangt wird und vermeiden Sie Blickkontakt, weil er Sie aggressiv wirken lässt. Noch einmal: Bewahren Sie Ihre Würde, seien Sie gehorsam, aber nicht unterwürfig.

-) Wenn Sie während der Geiselnahme im Flugzeug zum Beispiel einen Asthmaanfall haben und Hilfe brauchen, wenden Sie sich an die Crew, nur an die Crew. Die Crew ist darauf vorbereitet und wird entsprechend reagieren. Bei früheren Entführungen hat sich gezeigt, dass Terroristen der Crew durchaus noch eine gewisse Autorität bei der Versorgung der Passagiere zugestehen.

-) Die gefährlichsten Phasen sind am Anfang und am Ende einer Geiselnahme. Am Anfang herrscht ein enormes Durcheinander, die Entführer sind angespannt, sie sind sich ihrer Situation noch nicht sicher und versuchen, alle für sie erkennbaren Störfaktoren auszuschalten. Sie müssen unbedingt vermeiden, in dieser Situation als ein solcher Störfaktor wahrgenommen zu werden.

-) Geht eine Geiselnahme nicht unblutig zu Ende, findet eine Befreiungsaktion statt. Diese wird extrem schnell ablaufen, da die Geiselnehmer sofort ausgeschaltet werden müssen. Meist finden Befreiungsaktionen im Dunkeln statt, was die Aktion zusätzlich erschwert. Bleiben Sie, wenn Sie die Möglichkeit haben, auf Ihrem Platz und legen Sie sich flach hin. Bewegen Sie sich nicht, sondern warten Sie, bis man Sie auffordert aufzustehen. Sollten Sie aufgerufen werden, das Flugzeug so schnell wie möglich zu verlassen, laufen Sie nicht aufs offene Feld hinaus, damit man Sie nicht für einen flüchtenden Geiselnehmer hält, sondern in Richtung Terminal und damit auf die Befreier zu. Besonders schlimm ist es, wenn die Befreier am Ende selbst die Geiseln töten. Viele Geiseln sind im letzten Augenblick, während der Befreiungsaktion, ums Leben gekommen.

Eine Befreiungsaktion wird sehr laut ablaufen. Sie werden vermutlich durch Granaten geblendet. Für die Befreier ist die Gefahr noch nicht gebannt. Ein Geiselnehmer könnte sich als Passagier ausgeben. Deswegen werden Sie vielleicht in Handschellen gelegt und grob angepackt. Leisten Sie keinen Widerstand. Versuchen Sie nicht, die Befreier von Ihrer Unschuld zu überzeugen. Sie sind trainiert, nicht darauf zu reagieren. Später wird sich alles aufklären und man wird sich bei Ihnen entschuldigen.

Entführungen: Achtsamkeit empfiehlt sich auch im Alltag. Nehmen wir als Beispiel eine Entführung. Sie wiegen sich vielleicht in Sicherheit, weil Sie meinen, Sie wären für eine Entführung zu unbedeutend. Doch das ist ein Irrglaube. Jeder, ganz gleich, welchen sozialen Status er oder sie einnimmt, kann Opfer einer Entführung werden. Es müssen nicht Politiker, Unternehmer oder Manager sein, es können auch gewöhnliche Angestellte sein. Niemand sollte sich deshalb darauf verlassen, ohnedies nur »Durchschnittsbürger« zu sein. Es empfiehlt sich also eine gewisse Grundaufmerksamkeit. Denn jeder Terrorist hinterlässt Spuren bei der Planung und Durchführung von Attentaten. Will er zum Beispiel jemanden entführen, muss er sich eine Vielzahl von Informationen beschaffen. Er muss wissen, wie sein Opfer aussieht und es observieren, um seinen Tagesablauf genau zu studieren. All das wird ihm in den wenigsten Fällen gelingen, ohne dabei auf sich aufmerksam zu machen. Wer genau hinsieht, merkt immer, dass er beobachtet wird. Die eigene Sensibilität dafür, wann und wo etwas passieren könnte, lässt sich schulen. Der Instinkt dafür ist angeboren. Auch für den Entführungsfall gibt es bestimmte Verhaltensregeln, die für Sie überlebenswichtig sein könnten:

Entführungen sind in Mittel- und Südamerika besonders häufig. Zu gefährlichen Situationen kommt es meistens beim Ein- und Aussteigen, seltener während der Fahrt. Wenn Sie bemerken, dass man ihnen folgt, sollten Sie versuchen, zumindest eine halbe Wagenlänge vor dem anderen Wagen zu bleiben, da Sie auf diese Art manövrierfähig sind und Ausweichmöglichkeiten haben.

Stopptafeln, Ampeln oder Sackgassen sind beliebte Orte, an denen Entführer zuschlagen. Zu den meisten Entführungen kommt es in Stop-and-Drive-Phasen, also wenn angehalten oder langsam gefahren wird. Falls möglich, fahren Sie deswegen nie unter 50 Stundenkilometer schnell und stellen Sie sicher, dass Ihr Auto zu Fahrtantritt von innen geschlossen ist. Einige Modelle verfügen über einen automatischen Schließmechanismus, der vorher mitunter aktiviert werden muss.

Fahren Sie immer mit vollem Tank los. So brauchen Sie seltener zu halten.

Auf einem Parkplatz parken Sie rückwärts, also so, dass Sie sofort wegfahren können, mit der Motorhaube in Richtung Ausfahrt.

Bevor Sie sich Ihrem Auto nähern, vergewissern Sie sich, dass Ihnen niemand folgt. Halten Sie den Autoschlüssel griffbereit, damit Sie an der Autotür nicht noch mühsam in der Tasche kramen müssen. Fahren Sie sofort los, sobald Sie im Auto sitzen. Führen Sie nicht erst noch lange Gespräche am Handy und suchen Sie nicht noch lange nach der richtigen CD für Ihre Unterhaltung während der Fahrt.

Wenn Ihre Reifen beschädigt werden, fahren Sie weiter. Sie können sich auch noch auf den Felgen in Sicherheit bringen.

Lassen Sie sich nicht zu einer leichtsinnigen Tat verführen. Sie sehen im Jemen oder in Algerien einen Verletzten auf der Straße liegen? Es könnte eine Falle sein. Steigen Sie nicht aus. Rufen Sie lieber die Polizei. Sorgen Sie rechtzeitig dafür, dass Sie deren Notrufnummer dabei haben.

Wenn Sie in einen Hinterhalt geraten, versuchen Sie, auf sich aufmerksam zu machen, etwa indem Sie die Hupe und die Warnblinkanlage betätigen.

Wenn Sie trotzdem in Gefangenschaft geraten, wird man Ihnen die Gründe nicht sofort erklären. Stehen Sie für etwas, das man bestrafen will, zum Beispiel für die westliche Kultur? Könnte man eine Information von Ihnen erpressen wollen? Braucht man Sie, um mit Ihnen einen Tauschhandel zu treiben? Versuchen Sie nicht, einen Deal anzubieten. Handeln Sie nicht um Ihr Leben. Vergessen Sie nicht, dass die ersten Minuten in Gefangenschaft die gefährlichsten sind. Tun Sie alles, was man Ihnen sagt. Zeigen Sie keine Angst – und ich kann es nicht oft genug sagen: Spielen Sie nicht den Helden. Verhalten Sie sich so neutral wie möglich. Sorgen Sie rechtzeitig dafür, dass möglichst wenig auf Ihren sozialen Status hinweist, wie etwa teurer Schmuck. Vermeiden Sie auf jeden Fall Diskussionen über Politik und Religion.

Wenn Sie in einer Gruppe entführt werden, sprechen Sie in den ersten Minuten nicht mit den anderen. Da Sie eine andere Sprache sprechen, werden die Entführer glauben, Sie hecken eine Fluchtstrategie aus. Provozieren Sie die Entführer nicht. Denken Sie auch in so einem Fall daran: Die Entführer sind vermutlich noch angespannter als Sie selbst.

Sehen Sie auch einem Entführer nicht in die Augen. Aus den gleichen Gründen wie bei einer Flugzeugentführung und geben Sie ihm nie das Gefühl, Sie könnten ihn wiedererkennen und würden ihn so bei der ersten Gelegenheit verraten.

Provozieren Sie einen Entführer nicht unnötig, weder mit Worten noch mit Gesten.

Vertrauen Sie nicht zu sehr auf das Stockholm-Syndrom, also darauf, dass Sie und Ihr Täter Freunde werden. Das Stockholm-Syndrom stellt sich erst nach Wochen oder gar Monaten ein – wenn überhaupt. Außerdem werden Sie nicht von einem einzelnen Täter entführt, sondern fast immer von einer ganzen Gruppe. Und die einzelnen Mitglieder werden es tunlichst vermeiden – und sich gegenseitig daran hindern –, sich mit Ihnen anzufreunden.

So! Das war's für heute! Bald geht's weiter!

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Herbert Erregger

Herbert Erregger bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:03

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