Humor und seine Grenzen - wann ist es wirklich zu viel des Guten? #02

Der zweite Teil meines Humorblogs behandelt unter anderem den Humor auf familiärer Ebene. Warum darf man nicht einmal seinen Bruder ein wenig häkeln oder seinem Vater einen Bären aufbinden? Das Familien-Karma wird deshalb nicht gleich den Bach hinunterfließen.

Wie ich es schon im ersten Teil mit der Freundschaft formulierte, gilt das für mich in der Familie ähnlich. Natürlich ist Respekt gegenüber seinen Eltern wichtig, aber so ein kleiner Scherz zwischendurch muss jetzt nicht gleich mit einer Verletzung des vierten Gebots geahndet werden. Was bringt es, alles auf die Goldwaage zu legen? Macht man sich damit das Leben leichter? Sicher nicht. Die Nerven liegen irgendwann blank, wenn man sich über jeden . und , aufregt. Wie schön, dass dies auf mich nicht zutrifft.

Bei einem anderen Blog zum Thema Humor habe ich einen Kommentar hinterlassen, wo ich unter anderem sagte, dass für mich eine "gesunde Perversität" zum Leben gehört. Das folgende Beispiel soll dies veranschaulichen:

Am 31.3.2015 war Marcel Hirscher bei Willkommen Österreich zu Gast. Marcel hatte für Stermann und Grissemann jeweils einen Helm mitgebracht. Bevor er ihnen diese überreichte, fragte er "Wer vo eich zwa hot den greßan?" Er meinte natürlich "den größeren Kopf". Aber da zu dem Zeitpunkt alle drei lachten, war klar, was sie dachten (oh, ein Reim ;) ). Nun wisst ihr, was ich unter "gesunder Perversität" verstehe. ;)

Weiters bestätigen Stermann und Grissemann meine Thesen über gutes Kabarett:

1) Sich gegenseitig verarschen zu können bzw. dass der eine eben auch (mit)lacht, wenn der andere ihn ein wenig auf die Schaufel nimmt.

2) Über sich selbst lachen und sich selbst verarschen können.

Die beiden lieferten sich schon etliche lustige Wortgefechte, als der Marcel noch gar nicht da war. Sobald sie aber zu dritt waren, lief der Humor nur noch besser durch die Bank (Raiffeisen - meine Bank :-p). Schließlich kam für mich der entscheidende Wortwechsel, der auch 1) und 2) bestätigt.

Es wird die Szene von der WM gezeigt, wo unser vierfacher Gesamtweltcup-Sieger beim Slalom einfädelte. Stermann fragt Marcel:

Gab es in dem Moment, wo du eingefädelt hast, irgendetwas Konkretes, was dir durch den Kopf ging? Welche Schimpfwörter kamen dir als erstes in den Sinn?

Marcel: "Scheiß und nu irgendwos draun"

Stermann: "Ja und was?"

Marcel: "Mit D."

Stermann (überlegt kurz): "Scheiß Deitsche."

In Wirklichkeit meinte Marcel vermutlich nur "Sch***dreck". :-D Jedenfalls war es mit mir ab dem Moment vorbei und mein Lachen ging schon fast in Weinen über. ;)

[Aber vielleicht meinte Marcel wirklich das, was Stermann sagte. Denn sein Ausfall im Slalom kam dem Felix sehr zugute (auch wenn dieser dann letztendlich nicht gewann). ;) ]

Nun aber weg von Sternmann, Grissemann und Marcel Hirscher (das heißt jetzt nicht, dass ich euch nicht mehr mag :-p) und hin zu meinem persönlichen Humor-Extrembeispiel:

Mit einem meiner besten Freunde habe ich sozusagen einen "eigenen" Humor. Dieser beruht auf unserer Kindheit. Eigentlich kannte ich den Getschi schon im Kindergartenalter. Ich kann mich ganz dunkel daran erinnern, dass ich einmal mit dem Dreirad bei ihm war. Er ist zu mir fast ein Nachbar - wohnt also nur um die Ecke. Außerdem ist er ein Jahr jünger, weshalb wir für 1-2 Jahre theoretisch in der selben Kindergartengruppe sein hätten können.

Das trifft aber nicht zu, da er in einem ganz anderen Kindergarten war. Somit ist es mir bis heute rätselhaft, wie es damals dazu kam, dass ich eben bei ihm war. Meine Eltern bzw. meine Kinderfrau wissen es auch nicht. Jedenfalls blieb es bezüglich Dreiradfahren bei dieser einen "Einheit" und danach war zwischen uns Funkstille. Die nächsten sechs Jahre hatten wir miteinander so gut wie nichts zu tun. Doch zu Pfingsten 2000 änderte sich alles schlagartig. Das Wetter war perfekt und mein Vater warf für dieses Jahr zum ersten Mal den Griller an. Auf einmal hieß es, dass am Abend der Georg mit seinen Eltern zum Grillen kommen soll. Ich war damals ganz verwundert, da ich die letzten sechs Jahre eben absolut keinen Kontakt mit ihm hatte. Irgendwann war er dann aber da und wir verstanden uns sofort recht gut. Als wäre das Dreirad-Fahren erst gestern gewesen...

Am nächsten Tag war ich sofort bei ihm zu Besuch, dann war er wieder recht bald bei mir und umgekehrt. Darauf beruht letztendlich die ganze Freundschaft. Wir hatten natürlich anfangs keine Handys, weshalb wir immer via Festnetz telefonierten. Wann immer er bei uns angerufen hatte, meldete er sich mit "Hallo, ich bins da Georg". Irgendwann vor fünf Jahren sagte ich das einfach so zum Spaß zu ihm und wir mussten extremst lachen. Würde ich zu ihm sagen "Hallo i bins da Fraunz, wie gehts?" würde er vermutlich ebenso in einen Lachkrampf verfallen (@Fraunz: I was, dass du net da "Hallo" bist, oba es passt jetzt leida net ondas in Kontext. ;) ). Inzwischen gibt es genug derartige "Phrasen", die für andere eigentlich ganz normale Sätze sind.

Irgendwann während einer Autofahrt wollte ich zu ihm sagen "Kannst dich noch erinnern, wie..." und auf einmal mussten wir beide lachen und seither ist "Kannst dich noch erinnern?" auch ein "Insider". Vor ca. einem Monat waren wir gemeinsam fort und beim Heimgehen habe ich meinen Jahres-Lachvorrat fast komplett verbraucht (Getschi vermutlich auch :-D). Er erzählte gerade vom Fitnesscenter bzw. dass er jetzt wieder ab und zu Proteinshakes trinkt. Ich fragte "Welcher Geschmack? Vanille oder Schoko?" und auf einmal fing er voll zu lachen an (ich logischerweise ebenso - obwohl ich im ersten Moment nicht wusste, was genau jetzt witzig war). Ich glaube, wir standen eine halbe Stunde vor seiner Haustüre und waren nur am Lachen. Eigentlich hatte ich noch ein kleines Fanta vom McDonald's dabei, doch die Hälfte davon habe ich zwecks Lachen ausgespuckt. Jedes Mal, wenn ich zum Trinken ansetzen wollte, flog schon wieder ein Teil vom Fanta über den Gehsteig. Kaum zu glauben, was "Vanille oder Schokooo?" (die vielen o sollen die Betonung andeuten) alles bewirken kann. :-D

Als letzten Abschnitt dieses Beitrags möchte ich noch eine Situation anführen, die eben zeigt, dass ich schon sehr früh lernte, über mich selbst lachen zu können. Bzw. wird nun deutlich, warum ein gewisser Familien-Humor gut (wenn nicht sogar wichtig) ist:

Meine Mutter hatte einen runden Geburtstag. Ich hatte bis dato kaum Ahnung, dass mein Vater insgeheim noch ein Geschenk der Extraklasse geplant hatte (nicht falsch verstehen - es war etwas "Normales" ;) ). Ca. eine Woche vor der geplanten Geburtstagsfeier kam mein Vater schlagartig in mein Zimmer und meinte, dass wir wegfahren müssten. Ich machte gerade Aufgaben für die Schule und verstand im ersten Moment nicht, was er von mir wollte. Er sagte dann irgendetwas wie "de Aufgob kaunst späda a nu mochn". Die "geheime" Fahrt endete vor dem Haus meines Firmpaten, der bei dem "besonderen" Geschenk für meine Mutter erheblich mitwirkte.

Langer Rede kurzer Sinn: Es war geplant, dass wir einen Film erstellen. Dabei wurden Bilder über das bisherige Leben meiner Mutter gezeigt und die besonderen Momente entsprechend hervorgehoben (wie sie meinen Vater kennenlernte, meine Geburt ec.). Mein Vater und ich waren die Sprecher dieses Films. Natürlich setzte meine Rolle erst ein, als ich eben "geboren" war. Deshalb sprach "davor" nur mein Vater. "Nach meiner Geburt" wechselten wir uns dann mit dem Sprechen ab, wobei ich aber ca. zwei Drittel des Texts übernahm. Als wir chronologisch ca. dort waren, wo ich schon bald in die Schule ging, kam die "heftige" Szene. An dieser Stelle war im Film ein Bild von mir zu sehen, wo ich gerade auf einer Wiese stand und mein kleines Geschäft verrichtete. Offenbar hatte ich damals einen sehr starken Druck auf der Blase - mein Gesichtsausdruck und der Urinstrahl sprechen jedenfalls dafür. Die erste fiese Aktion war, dass mein Vater dieses Bild überhaupt in den Film eingebaut hatte. Doch es kam noch schlimmer - wisst ihr, was er zu dem Bild sagte? "Er muss einfach Druck ablassen - fast ein Weltrekord". :-D

Heute bekomme ich meistens einen Lachkrampf, wenn ich mich an diese Stelle vom Film erinnere. Jetzt müsst ihr euch vorstellen: Bei der eigentlichen Geburtstagsfeier waren sehr viele Leute. Nach dem Essen gingen wir in den "Fernsehraum" und der Film wurde vor allen Gästen gezeigt. Ich war damals gerade am Beginn der Pubertät - wisst ihr, wie ich mich fühlte, als im Film die oben beschriebene Szene kam? Natürlich genierte ich mich irgendwie, aber ich musste schlussendlich dennoch mitlachen. Und soll ich euch noch etwas verraten? Ich rede trotzdem noch immer mit meinem Vater. ;)

Im Gegenzug ärgere ich ihn immer wieder etwas, wenn wir an einer bestimmten Stelle vorbeikommen. Vor ca. 15 Jahren war ich mit einem Volkschulfreund und meinem Vater in ein nahe gelegenes Skigebiet aufgebrochen. Dieses ist seit neun Jahren LSAP (Lost Skiing Area Project), dh. so viel wie "gestorben". Finde ich ewig schade, da ich mich unter anderem sehr gerne an jenen Jännersamstag im Jahr 2000 zurückerinnere. Demnach würde ich dort sofort (ist das eine Alliteration? ;) ) wieder die Ski anschnallen, wenn es puncto Schnee irgendwie ginge. Nachdem wir damals meinen Schulfreund abgeholt hatten, fuhren wir eben zum besagten Skigebiet. Ca. 20 km vor dem Ziel musste mein Vater ein kleines Geschäft erledigen.

Dazu parkte er das Auto vor einer (aufgelassenen) Imbissstube und verschwand eben hinter dieser. Danach fuhren wir ohne weitere Stops zum Skigebiet und alles verlief wie geplant. Jedenfalls ist es nun so, dass ich meinen Vater jedes Mal daran erinnere, wenn wir an dieser ominösen Imbissstube vorbeifahren. Er meint zwar, das ich mir das zusammendichte, aber es war definitv so. Das weiß ich so sicher, wie meinen eigenen Geburtstag. ;) Vor kurzem waren wir mit einigen Freunden und Bekannten irgendwo dort in der Gegend zum Essen verabredet (nein, nicht zum Pinkeln... :-p). Wir fuhren jedenfalls mit zwei Autos (Fahrgemeinschaften bilden usw.). Ich steuerte das zweite Fahrzeug und fuhr meinem Vater somit einfach nach. Als wir bei der besagten "Pinkelecke" vorbeikamen, blinkte ich ihn ein paar Mal mit der Lichthupe an. Später fragte ich ihn, ob er das überhaupt bemerkt hat. Die Antwort war "ja" und er schüttelte grinsend den Kopf, als ich zu ihm sagte "Wast nu, wiest durt hibischt host?". ;)

PS: Vor kurzem traf meine Mutter die Mutter von einem meiner besten Freunde. Sie sagte nur "Stö da vor, am Vormittog hob i de Mutta vom Beppi troffen. Die is vielleicht blad wurdn..." Und ich darauf nur "Bekommts leicht Nachwuchs?" :-p

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