Wissen Sie überhaupt, was Sie da gerade verkaufen?

Wer hat noch nie Falschlieferungen bekommen, wenn er/sie z.B. neue Pflanzen für den Garten online bestellte? Das kann immer und überall passieren - bekanntlich haben und machen wir alle Fehler. Dennoch sollte man aber die Details über seine Ware kennen. Es gibt schließlich Kunden, die diesbezüglich genau nachfragen. Wenn man denen dann keine entsprechende Auskunft geben kann, bleibt man womöglich auf seiner Ware sitzen.

Es gibt leider immer wieder Extremfälle, wo man sich echt nur mehr wundert. Also Situationen, wo man als (potentieller) Käufer sein Gegenüber gerne einmal mit der Titelaussage dieses Blogs konfrontieren würde. Gott sei Dank hat man seine Emotionen unter Kontrolle und verlässt "nur" kopfschüttelnd den Laden. Meiner Meinung nach muss es aber manchmal wirklich so weit kommen, dass man den Verkäufer auf sein Unwissen aufmerksam macht. Im Regelfall sieht das dann so aus, dass man im betroffenen Betrieb einfach nichts mehr kauft. Wenn 50 Kunden diesen Entschluss zeitgleich fassen, so bekommt das die Kassa möglicherweise bald zu spüren.

Ich kann euch jetzt ein konkretes Beispiel nennen, wo ich dem Verkäufer klar und deutlich zu verstehen gab, dass er keine Ahnung von seinem Fach hat. Damit will ich jetzt weder angeben noch einen auf arrogant oder Besserwisser machen - in der jeweiligen Branche kann man sich meiner Meinung nach so einen Fehler einfach nicht erlauben. Klingt jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber stellt euch folgendes Szenario vor: Euer Zahnarzt sagt "Wir müssen aus den Gründen X,Y und Z Ihren linken unteren Schneidezahn entfernen". Ihr kommt zum vereinbarten Termin in die Ordination und was macht der Herr Doktor? Er zieht euch den linken unteren Eckzahn.

Hoffentlich gibt es keinen Zahnarzt, der so agiert. Da würde man sich dann erstens fragen, ob der überhaupt studiert hat. Zweitens hätte er vermutlich keine Patienten, da jedes Kind den Unterschied zwischen Schneide- und Eckzahn kennt. ;) Mit dieser Horror-Vorstellung möchte ich nur einen zu meinem Beispiel vergleichbaren Kardinalfehler erwähnt haben.

In meinem Fall hatte ich ein paar Rosen gekauft. Die jeweilige Firma war nach einer Fahrzeit von ca. 1,5 Stunden erreicht. Wollte die Pflanzen nicht vom Ausland beziehen - es ist doch bestimmt besser, wenn man sie selbst abholt. Damit müssen sie den Versandweg nicht im finsteren Paket überdauern. Seit diesem Vorfall ist mir das aber egal und ich bestelle die Pflanzen nur mehr dort, wo ich gute Erfahrungen gemacht habe. Setze also nicht mehr auf die Betriebe in meiner Nähe. Ob die Rosen jetzt von England, Finnland oder Deutschland kommen - das ist egal. Sie sollen richtig anwachsen und sich in ihrer vollen Pracht entfalten - das ist das Einzige was zählt.

Beim betroffenen Betrieb hatte ich schon zuvor per Mail vereinbart, wann ich hinkomme etc. Die Rosen wurden für mich vorab zusammengesucht. Scheint ja alles super zu sein. Gleich nach meiner Ankunft wurde mir eine Kiste gezeigt, wo die gewünschten Sorten für mich deponiert waren. Ich wollte allerdings noch so ein wenig herumgehen und das Sortiment begutachten. Doch bevor es dazu kam, stellte ich schon den ersten Fehler fest. Die Verkäuferin ging mit mir nochmals die Sorten via Liste durch. Schließlich kamen wir zu Rosa Rubiginosa (bzw. Weinrose). Da ich davon bereits ein Exemplar hatte (dieses stammt auch vom besagten Betrieb), wusste ich schon über die Merkmale dieser Sorte Bescheid. Sie hat viele hakige Stacheln - die "Rubiginosa" in meiner Kiste hatte auf einem 10 cm langen Zweig vielleicht alle 5 cm einen Stachel. Weiters duftet das Laub der Weinrose nach Apfel. Bei meinem Exemplar war das nicht der Fall - ich merkte, wie die Verkäuferin schon nervös wurde, als ich die Rose mit einem kritischen Blick prüfte. Immerhin sagte ich ihr, dass diese Rose nicht dem entspricht, was am Namensschild steht. Im Zuge dessen hielt ich ihr die Rose hin und fragte sie, ob das Laub nach Apfel duftet? Sie antwortete mit einem zaghaften "nein".

Hier zwei Stachelbilder der Weinrose. Im Basisbereich sind die Stacheln sehr dicht. Weiter oben sind sie dann etwas großzügiger verteilt. Aber man muss dennoch genau aufpassen, wo man hingreift. Keine Rose für zarte Hände.

Ohne langes Zögern ging ich in den Wildrosenbereich und suchte die Rubiginosa. Fand sie auch recht rasch. Dazu gab es noch genug Exemplare. Ich nahm mir das schönste und machte gleich einmal den Test. Das Laub roch nach Apfel und die Stacheln waren hakenförmig gekrümmt und viel zahlreicher. Eben typisch Rubiginosa. Voller Stolz marschierte ich zurück und hielt der Verkäuferin die richtige Rose hin. Die duftet ja nach Apfel. Da schaust, gel?

Natürlich kann sich jemand beim "Zusammenklauben" der Rosen vertan haben etc. Aber wenn ich heute eine (Bio)baumschule eröffne und im Sortiment ein paar hundert Rosen führe, so muss ich deren Eigenschaften im Schlaf wissen. Im Fall Weinrose ist es ja immerhin halbwegs einfach: Dunkelrosa Blüten mit weißer Mitte, nach Apfel duftendes Laub und sehr viele hakige Stacheln. Dieses Beispiel würde ich deshalb auch als Rosen-Grundwissen einstufen. Es heißt zwar immer, dass in unseren Breiten eigentlich nur die Hundrose vorkommt. Das ist aber nicht so - Weinrose und Ackerrose mischen sich auch hin und wieder unter ihre Hundlingskolleginnen. ;)

Weiters hatte ich bei diesem Rosenkauf drei Pimpinellifolias vorbestellt. Alle Bibernellrosen haben feine nadelartige Stacheln. In dem Fall kann man die genauen Namen ohne Blüten kaum bis gar nicht bestimmen. Von meinen drei Sorten waren zwei falsch. Das überraschte mich nach dem "Rubiginosa-Drama" nicht mehr wirklich. Offenbar sind die Herrschaften beim Beschriften ihrer Rosen ziemlich schlampig. Bzw. sind ihnen vermutlich so manche Grundkenntnisse der (Wild)rosen völlig fremd. Wenn sie entsprechend informiert gewesen wären, so hätten sie das mit meiner Rubiginosa wohl vorab bemerkt. Dennoch sehen die mich nicht mehr wieder. In Deutschland gibt es eine gewisse Rosenschule, die mir immer noch zuverlässig die richtigen Rosen geschickt hat. Falls ich zu manchen Sorten Detailfragen hatte, wurden mir diese immer noch beantwortet (obwohl es außer mir noch genug andere Kunden gab). In so einem Fall muss man halt die Pflanzen schnellstmöglich aus dem Paket befreien und (erst)versorgen. Warum also bei einem lokalen Betrieb einkaufen, wo sich kaum jemand auskennt und Fehllieferungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an der Tagesordnung stehen?

Zum Schluss möchte ich noch eine Situation zur Weinrose erwähnen. Vermutlich war das der Grund, weshalb ich damals gleich vor Ort Verdacht schöpfte:

Als ich einmal eine Rubiginosa identifiziert hatte, freute ich mich extrem. Dazu machte ich einen ganz normalen Herbstspaziergang und kam im Zuge dessen an einer Stelle vorbei, wo sehr viele Wildrosen in einem Gebüsch wachsen. Es war schon Hagebuttenzeit, weshalb in dem Gestrüpp etliche "rote Flecken" leuchteten. Auf einmal erblickte ich eine Rose, die wirklich unheimlich viele Stacheln hatte. Die Hagebutten sahen etwas anders aus - wenige Minuten später fiel es mir ein: Das ist eine Rubiginosa. Zum Glück trug sie noch den Großteil von ihrem Laub. Das war nämlich der Beweis, dass ich recht hatte. Die Blätter dufteten nach Apfel (gibt zwar noch andere Wildrosen, wo die Blätter auch ähnlich riechen - im beschriebenen Fall war ich mir aber auf Grund der Hagebutten bzw. Stacheln sicher).

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fischundfleisch

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