Das Kindchenschema macht den Unterschied – auch beim Fischotter

VIER PFOTEN

Ein lautes Fiepen ließ Spaziergänger zwischen Mistelbach und Wilfersdorf in Niederösterreich vor zwei Wochen aufhorchen. Eine Dame machte sich schließlich auf die Suche nach dem Urheber und fand an der Uferböschung der Zaya ein jämmerlich weinendes Fischotterbaby. Sie brachte es in die von VIER PFOTEN geführte Eulen- und Greifvogelstation Haringsee (EGS). Der kleine Otter, übrigens ein Männchen, war schon sehr ausgehungert. Das EGS Team fütterte ihn sofort mit einem Fläschchen Ersatzmilch.

"Soooooo lieb"

Wir haben die Geschichte dieses wirklich entzückenden Wesens inklusive Fotos über diverse Kommunikationskanäle auch veröffentlicht. Die Reaktion war immer gleich: „So lieeeeeb!“, „Unglaublich herzig“ etc.– selbst von sonst eher nüchterner Journalistenseite. Wenn Buchstaben quietschen könnten, wäre es sehr laut geworden bei uns.

Es ist doch immer wieder faszinierend, wie wir Menschen auf das Kindchenschema anspringen. Damit wir uns nicht missverstehen: Ich finde das völlig in Ordnung. Ich bin selbst auch so gestrickt, und das Otterbaby hat mich genauso dahinschmelzen lassen. Es ist schön, wenn etwas berührt, noch dazu auf positive Weise.

Der Hintergrund des Fischotterbabys ist da schon weniger lieb. Möglicherweise ist das kleine Waisenkind ein Opfer des Managementplans des Landes Niederösterreich. Dieser genehmigt die Tötung von 40 Fischottern innerhalb eines Jahres. Offiziell dürfen nur männliche Tiere „entnommen“ werden. Es ist aber selbst für Experten äußerst schwierig, das Geschlecht festzustellen. Kann also durchaus sein, dass auch weibliche Tiere getötet werden.

VIER PFOTEN

Ernste Sache

Vor Erlass des Bescheids zur Tötung der Fischotter im Frühling dieses Jahres gab es heftige Proteste von Tier- und Artenschützern. VIER PFOTEN hatte gemeinsam mit dem WWF Österreich eine Petition ins Leben gerufen, die mehr als 22.000 Menschen unterschrieben haben. Beide Organisationen haben die Petition Anfang April dem zuständigen Landesrat Stephan Pernkopf übergeben. Bis heute gibt es trotz Anfrage von VIER PFOTEN keine Information der Landesregierung über die Anzahl der „entnommenen“ Tiere.

Wir haben bereits im Frühjahr darauf hingewiesen, dass die Tötungen verwaiste Fischotterbabys zur Folge haben werden. Und nicht alle haben das Glück, von engagierten Menschen gerettet zu werden. Dieser so genannte Management-Plan der Landesregierung ist und bleibt ein Skandal.

So richtig wird einem das aber erst bewusst, wenn man so ein kleines Opfer dann auch wirklich vor sich hat. Dann hat man ein herziges Gesicht zu einer Sache, mit der man sich vorher vielleicht nur schwer identifizieren konnte. Der Fischotter ist ja nicht unbedingt das erklärte Lieblingstier der Österreicher. Da hilft es, wenn man erkennt: Auch Fischotter haben Babys. Und auch diese Babys sind niedlich – und vor allem wehrlos.

Übrigens: Unser kleiner Otter hat sich von dem dramatischen Verlust seiner Mutter innerhalb kürzester Zeit gut erholt und entwickelt sich prächtig. Er beginnt sich auch für feste Kost zu interessieren. Das Ziel des EGS Teams ist es, ihn wieder auszuwildern, sobald er alt genug ist. Dazu suchen die Mitarbeiter um EGS Leiter Dr. Hans Frey derzeit intensiv nach einem geeigneten Gebiet.

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Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 31.10.2017 14:22:41

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