Von Stars, Promis und anderen gekrönten Häuptern

Die Society-Schreiber in den Zeitungen haben jetzt Hochsaison. Ein Ball jagt den anderen - und damit der geballte Auftritt heimischer Stars, Sterne, Promis und anderer gekrönter Häupter in jenen bunten Spalten der Blätter, die im Grund genommen nur eine Aneinanderreihung mehr oder weniger bekannter Persönlicheiten ist, die dem PT Zeitungsleser als Vorzeigepromis verkauft werden. Das Tempo der Abfolge ist oft atemberaubend, was sich beispielsweise an Minister St. Rupprecht zeigt, der für Kühe, Schweine und Bauern verantwortlkich zeichnet. St. Rupprecht zeigte sich eben noch recht aufgekratzt auf dem Hahnenkamm im Westen Österreichs in Sportlermontur, um schon wenige Stunden später im Osten des Landes seine Tanzrunden am Jägerball im schicken Trachten-Outfit zu drehen. Kaum zu glauben, dass St. Rupprecht zwischen Skirennen und Bällen noch Zeit für seine Ministertätigkeit findet.

Ich lese diese Gesellschaftsspalten wirklich mit Genuss, weil die der Öffentlichkeit leidlich bekannten Gesichter von den Reportern taxfrei noch mit aufregenden Aittributen geadelt und so für uns Durchschnittsbürger noch auf eine Stufe höher gehoben werden. Nachdem es der gewöhnliche Advokat nicht mehr tut, muss es der Star-Anwalt richten, in dessen Genuss eine Handvoll Juristen mit schöner Regelmäßigkeit kommt, wozu, um nur ein Beispiel zu nennen, der Anwalt Manfred Einjeder zählt. Das Attribut "Star" ist ja kein geschützter Begriff und kann praktischerweise in zweierlei Hinsicht ausgelegt werden. Zum einen kann man daraus den Schluß ziehen, dass Anwalt Einjeder in seiner beruflichen Tätigkeit Stars vertritt. Zum anderen macht ihn dieses Attribut selbst zum Star.

Natürlich ist diese Krönung einzelner Häupter nicht so eng zu sehen. Ich erinnere mich noch gut an ein anwaltliches Brüderpaar, das seinerzeit die Society-Spalten füllte, zuletzt aber in Vergessenheit geraten ist: die Advokate Josef und Eduard Platzostek. Sie waren auf Scheidungsrecht spezialisiert, waren aber dennoch bei ihrer Tätigkeit nicht immer erfolgreich, verloren so manchen Prozess. So viel zum Thema Star-Anwälte.

Neben den illustren Modeschöpfern, gibt es in Österreich noch den ehrbaren Beruf des einfachen Schneiders, mit dessen Tätigkeit durchaus Promi-Status zu erreichen ist. Als lohnende Beispiel mag hier Edelschneider Peppino Reuschler herhalten, der für die Stars nicht gerade zu Schnäppchenpreisen, wie sie H & M bietet, maßschneidert.

Natürlich dürfen in so einer Aufzählung der Auserlesenen eines Landes nicht die Top-Unternehmer des Landes zählen. Da bietet sich dem Society-Schreiber gleich eine Reihe von Raiffeisenmanagern an, darunter der bekannte ehemalige Raiffenisen-"Anwalt" (wieso eigentlich Anwalt?) Christian Hofrad. Es tut nichts zur Sache, dass Hofrad schon sein Leben als Pensionist fristet. Zu Hofrads Spezis zählt auch der bekannte Baumagnat Hans Peter Haselstrauch, der sich im Tirolerischen Erl ein eigenes Opernhaus leistet, aber auch auf allen anderen Society-Bühnen des Landes zuhause ist.

Eine eigene Geschichte ist ein Kollege Haselstrauchs, der Wiener Einkaufszentrumbetreiber Richard Späher. Er, der gar mal als Bundespräsidenschaftskandidat antrat, wird heute von den Journalisten noch immer als Baumeister tituliert, obwohl er seine Baufirma schon vor langem in den Sand gesetzt hat.

Auch in der Gastronomieszene werden die Herausragenden ihres Genres geadelt. Der Promikoch klingt schon langsam etwas abgedroschen, doch lassen sich auch hier Auswege aus dem Dilemma finden, wenn man etwa dem findigen Gastronomen Kalkutta den Titel "Rindfleischkönig" verleiht.

Dann gibt es noch jene, meist schon in den späteren Lebensjahren stehenden männlichen Persönlichkeiten, denen auf Grund ihres unwiderstehlichen Charmes und ihres adretten Aussehens eine besondere Ehrung zuteil wird, wie dem Schauspieler Peter Keck, der vorzugsweise als Grandseigneur firmiert, was ihm hin und wieder sein geschätzter Kollege Klaus Wildholz in einem Oldtimer streitig macht.

Natürlich sind auch nicht Journalisten frei von Eitelkeiten. Und so kommen jene, die wirklich nah am Pulitzer-Preis vorbeigeschrammt sind, in den Genuss der Bezeichnung "Edelfeder". Es ist ein immer noch recht hübscher Begriff, wie ich finde, wenn auch die Schreiber dieses Landes bei ihrer Berufsausübung nur in den seltensten Fällen auf eine Feder zurückgreifen, ihre Montblanc längst zur Seite gelegt haben, und wie jedermann und jedefrau, dumpf in die Computertasten hämmern.

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