Von wegen nur Umweltschutz: In Wahrheit kämpfen die führenden deutschen Klimaaktivistinnen gegen Kapitalismus und Marktwirtschaft

Ein lesenswerter Beitrag der NZZ in dem dargelegt wird warum es beim "Klimaschutz" wirklich geht.

Carola Rackete und Luisa Neubauer sind die bekanntesten Köpfe der deutschen Klimaschutzbewegung. Beide haben kürzlich Bücher zum Thema vorgelegt. Die Lektüre lohnt sich – vor allem für Eltern, deren Kinder demonstrieren. Wie radikal diese Autorinnen sind, dürfte den wenigsten bewusst sein.

Der deutsche Verfassungsschutz wird grundsätzlich aufmerksam, wenn eine Personengruppe die Existenz der Republik und deren Rechtssystem ablehnt, oder auch, wenn demokratisch gewählten Repräsentanten der Republik von einer solchen Gruppe die Legitimation abgesprochen wird. So weit, so rechtsstaatlich, nur: Die Anhänger einer spezifischen Gruppe sind von solch kritischer Aufmerksamkeit bis jetzt nicht betroffen. Denn im Namen des Klimaschutzes ist per se im Namen der Wahrheit ist im Namen des Guten – eine Mär, die gefährliche Züge annimmt.

Carola Rackete, 31, wurde als Kapitänin der «Sea-Watch 3» international bekannt, als sie sich im Juni 2019 über ein Verbot Italiens hinwegsetzte und mit Migranten aus Libyen im Hafen von Lampedusa anlegte. In ihrem gerade erschienenen Buch – «Handeln statt hoffen – Aufruf an die letzte Generation» – wird diese Aktion sehr persönlich nacherzählt. Das eigentliche Thema aber ist ein anderes: der Klimaschutz. Als Mitglied der Aktivistengruppe Extinction Rebellion war Rackete bei der einwöchigen Blockade des Berliner Strassenverkehrs Anfang Oktober auserkoren worden, deren Arche einzuweihen. Diese Woche erklärte sie in der ARD-Talkshow «Maischberger», dass man die Dramatik der gegenwärtigen Lage gar nicht übertreiben könne.

Ein zweites aktuelles Buch zum Thema stammt von Luisa Neubauer und Alexander Repenning und heisst «Vom Ende der Klimakrise – Eine Geschichte unserer Zukunft». Repenning ist Politökonom, die 23-jährige Neubauer das in Deutschland bekannteste Gesicht der «Fridays for Future»-Aktivisten. Über weite Strecken ist sowohl dieses als auch Racketes Buch eine Anleitung zum zivilen Ungehorsam, dem sich jeder anschliessen solle. Man kann davon ausgehen, dass beide Appelle viele, vor allem junge Leser erreichen werden. Die Klimaaktivisten haben die Politik in diesem Jahr vor sich hergetrieben und verändert, wie es lange keine soziale Bewegung vermocht hat. Grund genug, sich die Vorschläge der Wortführerinnen genauer anzusehen. Auch die Eltern, die ihre Kinder freitäglich zu den Protesten der «Fridays for Future»-Bewegung geleiten, täten gut daran.

Wie man leben soll

Um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, schreiben Neubauer und Repenning, sei zwar auch der Einzelne in seinen Konsumentscheiden angesprochen, doch löse das die eigentlichen Probleme nicht. Es dürfe nicht jedem Einzelnen überlassen werden, sich bei alltäglichen Handlungen entweder für oder gegen die Zukunft zu entscheiden. Vielmehr müssten «die grössten CO2-Emittenten vom Netz genommen und von den Strassen und aus der Luft verbannt werden». Es geht nicht mehr um Freiwilligkeit.

Durchsetzen soll der Staat dieses Programm mit ordnungsrechtlichen Massnahmen, Regulierungen und Verboten. Die Autoren beziehen diese Forderungen auf «klimaschädliche Gewohnheiten, sei es für den Verkehr, die Energiegewinnung, die Industrie oder die Landwirtschaft». Der Freiheit des Einzelnen wird im Namen der drohenden Krise mit Autoritarismus begegnet, die staatliche Bevormundung wird durch ein mutmasslich hehres Ziel legitimiert. Rackete geht noch weiter: Nicht nur neue Verbote soll es geben, auch neue Strafen. Sie spricht sich dafür aus, den «Ökozid» – also die Naturzerstörung durch wirtschaftliche Faktoren – als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu definieren und damit strafrechtlich verfolgen zu können. Umweltsündern soll das Gefängnis drohen.

Willkommen in der Planwirtschaft

Beide Bücher eint ein gemeinsamer Feind: das gegenwärtige Wirtschaftssystem. Der Kampf gegen die Klimakrise wird zu weit mehr als einem Kampf gegen die Erderwärmung. Er wird zum Kampf gegen den Kapitalismus und die freien Märkte. Andere Meinungen, die den Klimaschutz als mit den Kräften einer liberalen Wirtschaftsordnung vereinbar ansehen, werden als naiv verworfen. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, in welch umweltpolitischem Desaster planwirtschaftliche Experimente bisher endeten.

Der Begriff «Klimagerechtigkeit» beschwört eine neue Klassenfrage herauf: Stellenweise könnte man meinen, man lese in einem neuen «kommunistischen Manifest». Neubauer und Repenning arbeiten sich am Kapitalismus und an der Marktwirtschaft ab, Rakete sozialradikalisiert sich. Sie schlägt nicht nur Höchst- und Mindestlöhne vor, sondern auch höhere Steuern für «die Reichen», ein Verbot von Werbung und ganz generell: eine Ökonomie des «Postwachstums». Gemeinsam ist den Autorinnen beider Bücher, dass sie den Wohlstand, in dem sie aufgewachsen sind, auf eine sehr grundsätzliche Weise verachten.

Neubauer und Repenning üben massvolle Kritik am Status quo der repräsentativen Demokratie. Sie sprechen sich für die Institutionalisierung von Verantwortung aus, etwa in Form von Beiräten für Bundes-, Landes- und Regionalregierungen. Diese hätten nach der Vorstellung der Autoren die Aufgabe, sich für die Belange der Umwelt einzusetzen. Ganz anders Rackete. Die Parlamente in ihrer jetzigen Form stuft sie als untauglich zur Bekämpfung der Krise ein. Sie plädiert für die Etablierung des Losverfahrens, denn: «Wählen allein ist nicht genug.» Den meisten gewählten Politikern gehe es nur um das eigene Wohl oder die Interessen von Lobbyisten. Damit stellt Rackete die repräsentative Demokratie infrage.

Gut und böse – und nichts dazwischen

Nach der Lektüre beider Bücher ist klar: Hier geht es um nicht weniger als eine Revolution; vergleichsweise sanft bei Neubauer und Repenning, radikal bei Rackete. Statt nur das Klima zu schützen, soll die geltende Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung abgelöst werden. Neubauer und Repenning sprechen von «freiwilliger Selbstdepriviligierung» und davon, dass auch die historische Sklaverei nur enden konnte, weil die Schuldigen ihre moralische Verantwortung erkannt hätten.

Hierin liegt das Kern- und Totschlagargument, mit dem die Alternativlosigkeit der Forderungen gerechtfertigt werden soll: Dem moralisch Guten kann und darf man nicht widersprechen. Es gibt nur noch gut oder böse, Klimaschutz oder Kapitalismus, gerecht oder ungerecht. Dabei ignorieren die schreibenden Aktivistinnen, dass auf dieser Grundlage überhaupt keine Diskussion mehr möglich ist. Ihre mangelnde Bereitschaft, auch andere Lösungen als die ihren anzuerkennen, macht sie unfähig, mehr als das zu repräsentieren, was sie selbst sind: wohlstandsverwahrloste Neomarxisten.

Quelle:https://www.nzz.ch/international/wie-die-klimabewegung-den-kapitalismus-abschaffen-will-ld.1520576?mktcid=nled&mktcval=102&kid=_2019-11-8

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