Präimplantationsdiagnostik – die Büchse der Pandora?

Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz erlaubt die genetische Untersuchung von Embryonen, die in einer Petrischale im Labor herangewachsen sind (PID). So ist es möglich, bestimmte Erkrankungen bereits vor dem Transfer in den Mutterleib auszuschließen. Ein Segen für viele Paare.

Denn manche haben viele Jahre des Versuchens schwanger zu werden, beziehungsweise zu bleiben, hinter sich. Wenn es also die Möglichkeit gibt, im Vorhinein das Risiko einer Fehlgeburt zu minimieren, soll es diese Möglichkeit geben. Schließlich ist jeder Abort eine enorme psychische und körperliche Belastung für die werdenden Eltern. Es ist verständlich, dass gerade Frauen um die 40 noch alles dafür tun wollen, dass sie ein gesundes Kind bekommen. Wer möchte es den Menschen, die unbedingt Eltern werden wollen, verdenken? Schließlich kenne ich den tiefen Wunsch neues Leben in die Welt zu setzennicht nur als Hebamme, sondern auch als Frau.

So verständlich das ist, so nachdenklich stimmen mich die Konsequenzen. Denn was bedeutet es die Fehlgeburts- oder Erkrankungsrate zu senken? Es bedeutet dass ich mich für den „besten“ Embryo entscheiden muss. Die anderen werden tiefgekühlt oder verworfen. Diese Entscheidung fällt aus Erfahrung den Paaren sehr schwer. Es ist keineswegs ein Shoppen nach dem Designerbaby. Zumindest noch nicht, denn die Möglichkeit besteht. Genetische „Retterbabys“ gibt es bereits. Also ein Geschwisterchen für das beispielsweise an Leukämie erkrankte Erstgeborene. Genauso möglich ist die Auswahl des Geschlechts oder bestimmter genetischer Eigenschaften, wie Augen oder Haarfarbe. Na, wenn man schon dabei ist, darf's ja auch hübsch sein...oder?

Die PID betrifft zum Glück einen Bruchteil unserer Bevölkerung, doch wenn wir über den großen Teich zum Trendsetter USA blicken, sehen wir Firmen die ihren Mitarbeiterinnen die tiefgekühlte Lagerung ihrer Eizellen anbieten. Entwickelt sich hier eine zwei-Klassen-Gesellschaft ?Karrierefrauen die sich später ihr Designerbaby abholen? Sind diese Kinder dann besser als andere?

Wird der Film „Gattaca“ irgendwann nicht mehr in der Kategorie Science-Fiction zu finden sein?

Auf der Suche nach immer mehr Sicherheit begeben wir uns in eine öffentliche Kontrolle und stellen uns unter den Druck der Gesellschaft. Wer versichert uns, dass es nicht eines Tages verboten sein könnte, ein körperlich benachteiligtes Kind zur Welt zu bringen? Und was bedeutet körperlich benachteiligt dann? Vielleicht ein Kind mit Diabetesneigung oder Herzschwäche? Schwarzmalerei? Ich hoffe es!

Die Kinderwunsch-Industrie boomt und es lässt sich damit gut Geld verdienen. Wenn eine junge Frau nach einem halben Jahr des Versuchens noch nicht schwanger ist, kann es sein, dass sie bereits in eine Kinderwunschklinik überwiesen wird. Obwohl es eben auch normal ist, dass es nicht von jetzt auf gleich klappt. Da geht es ums Geschäft.

Um die Präimplantationsdiagnostik zu beurteilen müssen wir uns zuvor viele Fragen stellen: Wann beginnt für uns Leben und ab wann ist ein Leben wirklich lebenswert? Hängt es von der Länge ab, der Intelligenz, der Schönheit oder des Geschlechts? Und haben wir das Recht, darüber für unsere Kinder zu entscheiden?

Paare die sich nichts sehnlicher als ein Kind wünschen, umgehen diese Fragen oft. Vielleicht aus Selbstschutz? Kommt es dann jedoch zu der Situation in der sie sich tatsächlich für einen Zellhaufen, ihr zukünftiges Kind, entscheiden müssen, haben diese Fragen es wirklich in sich. Und sie wollen ziemlich schnell gelöst werden. Das „Implantationsfenster“, also die Zeit, in der der Embryo in dem Mutterleib eingebracht wird um es sich dort für die restlichen neun Monate gemütlich zu machen, ist kurz.

Mein Wunsch wäre mehr Aufklärung in der Gesellschaft bezüglich der physischen und psychischen Belastungen die auf Paare im Zuge einer In-vitro-Fertilisation mit einer PID zukommen. Denn davon, so habe ich das Gefühl, wissen die wenigsten Bescheid.

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Alexander Davidek

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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