Habeck – der schlechteste Wirtschaftsminister aller Zeiten? Ernsthaft?

Das ist so ein Satz, der in Stammtischrunden funktioniert, weil er nach einfachem Schuldigen klingt. Aber wenn man mal den Kopf hebt und in die Zahlen schaut, sieht man: Das Bild ist komplizierter. Viel komplizierter.

Ja, die deutsche Wirtschaft hing in den Jahren 2023 und 2024 fest. Minus 0,3 Prozent, minus 0,2 Prozent. Ein Land, das im Stillstand knarrte, während Inflation und Zinsen den Rest erledigten. Aber „Stillstand“ ist nicht gleich „Scheitern“. Schaut mal auf 2009: da schrumpfte die deutsche Wirtschaft um satte 5,7 Prozent. Damals war der Wirtschaftsminister ein CSU-Shootingstar, der schnell die Seiten wechselte: zu Guttenberg. Wo sind da eigentlich die Stimmen, die von „schlechtester Minister aller Zeiten“ reden? Genau – die hört man nicht.

Was Habeck in die Waagschale werfen kann, ist etwas, das in der Hitzigkeit schnell untergeht: Er hat die Gasversorgung stabilisiert. Die Speicher waren im Herbst 2022 fast voll, Blackouts blieben aus, LNG-Terminals wurden in einer Geschwindigkeit hochgezogen, die Deutschland sonst nicht mal bei einem Radweg hinkriegt. Wilhelmshaven in Rekordzeit – das war nicht die CDU, nicht Merz, das war Habeck. Hätte er das verbockt, würden wir heute bei Kerzenschein über die Kälte im Land schimpfen.

Natürlich gibt es Flanken. Der Industriestrompreis blieb eine Ankündigung, Standortkosten knirschen weiter, Bürokratie lähmt jedes zweite Projekt. Aber das sind keine „Habeck-Erfindungen“. Das sind Probleme, die tief in den Strukturen dieses Landes stecken. Und genau hier wird es spannend: Seit Mai 2025 sitzt Katherina Reiche (CDU) im Wirtschaftsministerium. Die CDU wollte es ja „endlich besser machen“. Und was sagt das Institut der deutschen Wirtschaft? Nullwachstum 2025. Nada. Stillstand.

Das heißt: Wir wechseln den Kapitän, aber das Schiff hängt trotzdem in der Flaute. Ob Merz und Reiche da wirklich mehr Wind in die Segel kriegen, steht noch in den Sternen. Wer also behauptet, Habeck sei der schlechteste Wirtschaftsminister überhaupt, muss gleichzeitig erklären, warum es die CDU gerade – trotz großem Anlauf – auch nicht besser hinkriegt.

Die Wahrheit ist unsexy, aber eindeutig: Die Probleme sind strukturell. Energiekosten, Fachkräftemangel, Investitionsstau, eine Schuldenbremse, die wie ein Betonklotz an den Füßen hängt. Daran ist nicht ein einziger Minister schuld – egal ob er Habeck, Reiche oder Brüderle heißt.

Also bitte: Wenn wir schon mit Superlativen um uns werfen, dann lasst sie wenigstens den Fakten standhalten. Habeck war nicht der Messias. Aber der schlechteste je? Nein. Dafür hat er im größten Energie-Krisenwinter seit Jahrzehnten schlicht zu viel Schlimmeres verhindert. Und genau das sollten wir nicht vergessen.

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