Essstörungen bei Männern: Leider wird viel zu wenig darüber geredet

Mittlerweile hört man viele Berichte über Essstörungen – bei Frauen. Dass Männer genauso an Essstörungen erkranken, ist medial weitestgehend unbeachtet. Diese gesellschaftliche Stigmatisierung der Krankheit birgt für betroffene Männer eine enorme zusätzliche Belastung.

„Ich war ein pummeliger Teenager, wurde in der Schule deswegen gehänselt. Während eines Praktikums habe ich stressbedingt 8 oder 9 Kilo abgenommen. Als ich dann in meine Klasse zurückgekommen bin, haben die Mädchen gesagt, dass ich jetzt richtig gut aussehe.“ Damals hat der Psychologe Mag. Bernhard Wappis, Ex-Betroffener, die Geschehnisse damit verknüpft, dass er gesehen und geliebt wird, wenn er dünn ist. Er hat dann begonnen viel Sport zu betreiben, weil er einen gut durchtrainierten Körper haben wollte. Der Wunsch nach einem athletischen Körper ist bei Männern oft der Einstieg in eine Essstörung, welche mit einer Sportsucht einhergehen kann.

Auslöser

Doch das Verlangen nach einem perfekten Körper ist nicht der einzige Grund für die Entwicklung einer Essstörung. Genetische Veranlagung als auch individuelle Probleme im sozialen Umfeld wie Familie, Freunde, Kollegen führen zu einer Flucht in eine Welt wo Essen oder nicht Essen alles bedeutet. Jedoch unterscheiden Sehnsüchte sowie äußere Einflüsse nicht zwischen den Geschlechtern!

Nicht immer wird die Krankheit bei Männern gleich erkannt, dafür ist sie zu ungewöhnlich. Magersucht gilt als Frauenkrankheit. Vom Ausbruch einer Essstörung bis zu dem Zeitpunkt der Einsicht erkrankt zu sein vergehen oft viele Jahre. In dieser Zeit findet der Alltag zwischen Essen und nicht Essen statt. Der Betroffene Bernhard Wappis: „Ich habe schon um 7 Uhr früh Sport betrieben, um die Kalorien zu verbrennen, die ich im Laufe des Tages zu mir nehmen würde. Ich habe mich auch sehr schwer konzentrieren können, weil sich alle Gedanken um Essen oder Sport gedreht haben.“ Zuvor haben Familie, Freunde und Kollegen lange nichts bemerkt oder sich nicht eingestanden, dass sie etwas bemerken. Daher die Schwierigkeit mit den Zahlen. Es gibt eine Dunkelziffer, eine Nicht-Hinseh-Ziffer.

Bin ich alleine?

Anders als bei Männern sind Essstörungen bei Frauen durch viele Medienberichte mittlerweile gesellschaftlich anerkannt. Selten hört man Berichte über Männer die an einer Essstörung leiden. Da Essstörungen immer noch als „Frauenkrankheit“ gesehen werden, sind betroffene Männer verunsichert bezüglich ihrer männlichen Identität. Sie stellen sich oft die Frage, ob es auch andere Männer mit Essstörungen gibt. Bei dem Therapiezentrum "sowhat" sind jährlich ca. 9,5% der insgesamt rund 500 kassentariflich betreuten Klienten Männer.

Hilfe aus der Krise

„Meine damalige Freundin hat mich vor die Wahl gestellt: entweder eine Therapie oder die Beziehung geht in die Brüche. Da ich sie nicht verlieren wollte, machte ich eine Therapie und begriff erst dort richtig, was in meine Leben alles schief lief. Ich dachte mir, wenn du wirklich in ein gesundes Leben gehen möchtest, musst du dich deiner Vergangenheit stellen“, berichtet Bernhard Wappis.

Oft steht der Betroffene vor einer Behandlung dem Problem gegenüber, sich aus einem Netz aus Lügen und Verleumdungen zu lösen und sich selbst ein zu gestehen ein Problem zu haben. „Sich dann Unterstützung zu holen ist absolut keine Schwäche.“ meint Bernhard Wappis aus heutiger Sicht als Psychologe. Im ersten Schritt kann man sich beispielsweise einem guten Freund oder einer guten Freundin anvertrauen, oder auch mit Selbsthilfegruppen oder Institutionen Kontakt aufnehmen. Wichtig ist jedoch, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um die Essstörung zu behandeln. In seinem Buch „Darüber spricht man(n) nicht! Magersucht und Bulimie bei Männern.“ beschreibt er Teile seines Lebens und mögliche Faktoren die zu einem Ausbruch der Essstörung geführt haben.

Wohin kann ich mich wenden?

Eine Möglichkeit sich Hilfe zu holen, bietet das Institutes „sowhat“ für Menschen mit Essstörungen.

www.sowhat.at

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