Dylan, eindeutig Dylan. Beinahe im Liegen schlägt er die Gitarre. Der Text ist kaum zu verstehen. Englisch, oder doch Spanisch? Im Schritttempo nähert sich der blau-weiße Renault, sie steigen nicht einmal aus. Die Warnwesten leuchten, ihre Kappen liegen am Schoß. Er hört zu spielen auf, erhebt sich, nickt in das geöffnete Seitenfenster.

Die Münzen aus seinem Hut hat er eingesteckt, den Pappkarton daneben – ‚für den ersten Ferrari‘ – lässt er noch liegen. Vielleicht spielt er noch einmal, denke ich. Aber sie warten im Auto.

-Vertreiben sie dich, nur weil du auf der Gitarre spielst?, frage ich in.

-Diese verfickten Hurensöhne, sagt er, die Gebühr für die Erlaubnis auf der Straße zu spielen, kann ich nicht bezahlen. Aber egal, was ich mache, sie sperren mich nicht einmal ein, dabei sind die Nächte so kalt. Hast du einen Euro, fragt er und wie alle hier sagt er E-uro.

Er redet auf mich ein, ich verstehe nicht alles, weiß nicht, ob er irgendeine Welle reitet, oder ich die Sprache der Straße noch immer nicht verstehe.

-Gehen wir auf ein Bier, frage ich ihn.

Er sagt nichts, schiebt die Gitarre auf den Rücken, hebt jetzt auch sein Schild auf und deutet mit dem Zeigefinger auf eine Bar. Nach dem dritten Bier verstehe ich ihn, weiß, dass er aus Asturien kommmt, noch vor acht Jahren mit seiner Frau eine Grafikfirma betrieben hat, und dass seine Kinder keinen Kontakt mehr wollen, seit er obdachlos ist. Es ist beinahe Mitternacht, er zeigt mir seinen Schlafplatz und das Versteck. Ein Rucksack, zwei große Plastiktaschen, drei Decken und gefaltete Pappendeckel als Unterlage für die zwei Quadratmeter in der Calle Atocha.

-Mit vollem Bauch bin ich schon lange nicht mehr in mein Betterl gegangen, sagt er noch.

Ich will es gar nicht sehen. Am Weg zum Hotel: Da, und dort drüber, und unterhalb, und in der Seitengasse. Woher kommen sie plötzlich? Ich beobachte sie einige Minuten, das dürfte ihnen erlaubt sein. Die Anderen lassen sich nicht mehr blicken, in ihren Warnwesten in den blau-weißen Autos. Am Morgen liegen sie immer noch da. Mein Hotelzimmer schmerzt.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:06

fischundfleisch

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