Die Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen haben einen tiefen Eindruck in unserer Gesellschaft hinterlassen. Die öffentliche Debatte über das Asylthema ist auf allen Ebenen so emotional wie noch nie. Das zeigt sich in der Berichterstattung in den Medien, in den Stellungnahmen von bekannten Personen und sogar in den Auftritten von Politikern. Die plakative, aggressive und von verallgemeinernden Schlagworten geprägte Gesprächskultur der extremen Rechten hat sich auf ihre Gegner übertragen. Feindseligkeiten und Gemeinheiten spalten die Menschen und verhärten die Fronten auf jeder Seite. Wenn jemand daran teilnimmt, darf er mit tosendem Applaus aus seinem Lager rechnen.

Wer in seiner Freizeit Wohnheime anzündet, wer sich über den Tod von Asylwerbern freut und seiner Verbitterung und seinem Hass im Internet Ausdruck verleiht, mit dem ist wahrscheinlich nicht gut Kirschenessen. Das ist eigentlich selbstverständlich. Es ist gerade deshalb weder notwendig noch hilfreich, diesen Leuten zur Selbstprofilierung mit demselben Hass zu begegnen, sie bloßzustellen oder zu beschimpfen. Damit katapultiert man sie endgültig aus der Mitte der Gesellschaft und unterstützt ihre Etablierung in Randgruppen, kurz: man radikalisiert sie. Zügelt also eure Zungen! Der respektlose Umgang mit ihnen mag sich gut anfühlen, weil er der eigenen Erhöhung dient. Noch nie allerdings hat er jemanden zum Umdenken gebracht. Achtet darauf, wie ihr mit anderen sprecht, auch im Netz. Sonst treibt ihr selbst jene Menschen von euch fort, die euch zu Anfang ambivalent gegenüberstanden.

Sachliche Beiträge gehen in dem emotionalen Gefecht völlig unter. Dabei gäbe es zur Stunde nichts Wichtigeres, als einen kühlen Kopf. Die europäische Union steht vor einem großen Problem, das rasch gelöst werden muss. Ich möchte im Folgenden erklären, warum ich die Lage keineswegs als aussichtslos betrachte. Diese Maßnahmen werden meiner Kenntnis nach zurzeit diskutiert:

1.) Die Innen- und Außengrenzen der EU bleiben für Reisende offen.

2.) Für jene Menschen, die mit einem Asylgrund in die EU einreisen wollen, wird folgendes Angebot geschaffen: An den Außengrenzen der europäischen Union werden sogenannte Registrierungsstellen eingerichtet. Diese soll es insbesondere am Beginn der frequentiertesten Fluchtrouten geben. Dort können Reisende um Asyl für die europäische Union ansuchen. Sobald eine entsprechende Berechtigung festgestellt wird, findet der Personentransfer unter gesicherten und kontrollierten Bedingungen statt.

3.) Flüchtende werden nach einer vernünftigen Quotenregelung auf die gesamte europäische Union aufgeteilt. Dabei werden unter anderem die wirtschaftliche Stabilität und die Belastbarkeit der einzelnen Staaten berücksichtigt. Diese Aufteilung geschieht natürlich auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Flüchtenden. Es muss beispielsweise dafür Sorge getragen werden, dass Familien zusammenbleiben oder wieder zueinander finden.

Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Maßnahmen einige der zurzeit bestehenden Probleme lösen würden:

a.) Flüchtende wären nicht auf Schlepper angewiesen, um ihr Recht auf Asyl in Anspruch zu nehmen. Sie könnten legal und sicher in die EU einreisen. Die vergangenen Tragödien sind eine Konsequenz der Tatsache, dass es diese Möglichkeit zurzeit nicht gibt.

b.) Ob ein Asylgrund besteht, kann schon vor der Einreise festgestellt werden und nicht erst danach.

c.) Staaten wüssten um ihre Quote und könnten daher kontrollierte und nachhaltige Maßnahmen treffen, um stabile Lebensbedingungen für die Flüchtenden in ihrem Land zu schaffen.

Der bürokratische Aufwand zur Umsetzung dieses Konzeptes ist hoch. Es braucht ein gemeinsames EU-Asylgesetz und alle Staaten der Union müssten sich solidarisch zeigen und offen dafür sein, eine bestimmte Anzahl an Flüchtenden aufzunehmen. Daher ist nicht zuletzt auch die Solidarität der europäischen Bevölkerung gefragt. Unter diesen Bedingungen aber ist Europa in der Lage, einer wirklich großen Menge von Menschen Schutz zu gewähren. Dies scheint daher nicht nur eine Lösung für die gegenwärtigen Probleme zu sein, sondern ein sinnvolles Langzeitkonzept für die Asylpolitik der europäischen Union.

Menschen leiden und sterben, wo es vermeidbar wäre. Deshalb drängt die Zeit. Die oben aufgelisteten oder ähnliche Maßnahmen müssen bald in die Tat umgesetzt werden. Allerdings sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass eine stabile Asylpolitik lediglich temporäre Schadensbegrenzung bedeutet. Sobald wir dazu in der Lage sind, sollten wir uns der Wurzel des Problems widmen und damit den Gründen, warum so viele Menschen ihre Heimat verlassen.

Liebe Grüße

Mahiat

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Silvia Jelincic

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