Man möge es vielleicht übertrieben nennen, aber es war einer jener Momente, der mich an diesem Wochenende in den letzten Jahren besonders betroffen gemacht hat.

Beruflich bedingt komme ich leider immer seltener dazu, in der Innenstadt von Graz spazieren zu gehen, weil ich meist nur an wenigen Tagen in der Heimat bin.

Ich kenne viele Städte - schätzte an Graz bisher auch das "anders" sein, als es eben die Masse an anderen Städten ist. Das familiäre Erscheinungsbild. Das grüne Herz. Nicht an jeder Ecke den dritten Laden von irgendwelchen Großkonzernen zu sehen. Und besonders das Gefühl, 24 Stunden pro Tag hingehen zu können, wohin ich wollte, ohne dabei Angst haben zu müssen. Das zeichnete meine, unsere Stadt aus...

An diesem Wochenende zerbrach mein Bild. Eine bittere Wahrheit strömte in meinen Kopf...

Es war ein wunderschöner Spätherbsttag, der eben zu einem " ewig nicht mehr dort gewesen" Spaziergang durch den Stadtpark einlud.

Was für ein furchtbares Bild sich mir bot... versaute Flächen rund um die schönsten Plätze, herumliegende Alkflaschen, grölende (Möchtegern-)Punks, unzählige junge Männer südlicher Abstammung, die herumlungerten in dieser trostlosen Szenerie.

Es tut mir leid, mein Vergehen an diesem Tag war es, auch ein wenig overdressed gewesen zu sein, da ich noch zu einer anschließenden Veranstatung gehen wollte. Ein Vergehen, das mir johlende Buhrufe einbrachte, als ich es wagte, durch diese Landschaft zu spazieren - nicht in zerfetzten Klamotten, sondern eben mit Anzug und Krawatte....

Ein Spießrutenlauf...

Menschen, die davon leben, dass ich hart arbeite und damit ihr Leben (mit)finanziere....

Es kotzt mich an, dass solche Typen es wagen, mich anzupöbeln und ich eigentlich nichts dagegen machen kann.

Niemand unternimmt scheinbar etwas gegen solche Zustände.

Danke an all die Verantwortlichen, die es auf den nächsten Metern meines "Spaziergangs" all den Drogendealern ermöglichen, herumzulungern und junge Menschen anzumachen....Und hinter dem nächsten Busch schnell mal in aller Ruhe ein Geschäft abzuwickeln...

Meine Freundin ging neben mir und bat mich, schnell fortzugehen. Sie habe Angst. Und ich habe sie verstanden. Ich begriff, was sie fühlte. Dass meine Stadt sich verändert hat.

Danke an all die Politiker, die wegschauen!

Dafür geht eine Ordnungswache in der Herrengasse und achtet darauf, dass niemand Kastanienschalen auf die Straße wirft...

Genial...

Merci an Euch alle, die Ihr es mit Eurer Politik ermöglicht habt, dass wir kopfschüttelnd feststellen müssen, dass es eben vorbei ist...vorbei mit dem wunderbaren Gefühl, in einer Stadt zu leben, in der man sich wohlfühlt.

Weil man keine Angst haben musste. Vor keinen Plätzen und vor keiner Uhrzeit.

Danke, Merci, Grazie

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onkelotti

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pirandello

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