Die 4 Hürden bis eine Verbesserung im Tierschutz tatsächlich real wird

Seit 23. November 2015 wissen wir es: drei von vier ÖsterreicherInnen unterstützen unser Kampagnenziel, nämlich ein Verbot der Jagd auf gezüchtete Tiere. D.h. ich bin im Namen von gut 75 % der Bürger und Bürgerinnen in Österreich vor dem Jagdgatter in Bildein erschienen, um für ein Verbot zu plädieren. Ich habe im Namen von 75 % der ÖsterreicherInnen gesprochen, wie ich bei den Landesregierungen vor allem in Niederösterreich und dem Burgenland vorstellig wurde. Mit anderen Worten: wir haben die erste Hürde zu einer Änderung einer tierquälerischen Praxis genommen, nämlich die Mehrheit hinter uns gebracht.

In einer Demokratie, so würde man meinen, müsste das reichen. Leider ist dem nicht so. Im Tierschutz kämpfen wir gegen alteingesessene Praktiken an, zumeist von politisch einflussreichen Persönlichkeiten oder von wirtschaftlich mächtigen Industrieunternehmen durchgeführt. Die Mehrheit zu gewinnen heißt lediglich die erste von 4 Hürden überwunden zu haben.

Der zweite Schritt ist, die Regierung dazu zu bewegen, auf die Mehrheitsmeinung zu hören. Das ist oft schwieriger, als erwartet. Im Tierschutz stehen große Mehrheiten hinter zahlreichen Verbesserungen, die auf ihre Umsetzung warten. Wer, zum Beispiel, ist nicht dafür, dass Schweine wenigstens weiches Stroh zum Liegen bekommen? Wer ist nicht für ein Verbot, den Mastputen die Schnäbel abzuschneiden? Und wer lehnt nicht den Singvogelfang im oö Salzkammergut ab?

Das Problem ist, dass die EntscheidungsträgerInnen in der Politik nicht ethisch motiviert sind, sondern einfach wiedergewählt werden wollen. Und um wiedergewählt zu werden, möchten sie, dass in der Gesellschaft möglichst Frieden und Eintracht herrscht. In unserem Fall bedeutet das, möglichst alles beim Alten zu lassen und alle Wogen zu glätten. Das gelingt, außer wir mobilisieren die Öffentlichkeit und sie lässt sich nicht besänftigen. Dann werden die PolitikerInnen abwägen. Sind sie mit mehr Konflikt z.B. durch die Tierindustrie konfrontiert, wenn sie auf uns hören, oder, wenn sie unsere Forderung ablehnen? Im Fall der Forderung eines Verbots der Jagd auf Zuchttiere heißt das, macht die Öffentlichkeit mehr Wirbel, wenn Jagdgatter bestehen bleiben, oder die Feudaljägerschaft, wenn sie verboten werden? Unser Job ist es also, Wirbel zu machen. Nur so können wir etwas weiter bringen.

Doch selbst wenn die Politik ein Tierschutzgesetz ändert, ist das erst die halbe Miete. Jetzt muss man die Exekutive dazu bringen, das Gesetz auch umzusetzen. Die TiernutzerInnen werden einfach weiter machen und darauf vertrauen, dass man Tierquälerei als Kavaliersdelikt behandelt. Wir haben das schon so oft erlebt, ob beim Verbot von Wildtieren im Zirkus oder dem Verbot von Legebatterien. Immer wurde einfach weitergemacht, wie bisher, Verbot hin oder her. Und wir haben keine Handhabe, die Polizei zu zwingen, aktiv zu werden. Auch hier können wir nur Wirbel machen, Aktionen setzen, auf Missstände aufmerksam machen, bis die Politik reagiert und die Exekutive zum Einsatz bewegt.

Und wenn das geschieht, dann wird ein Strafbescheid ausgestellt. In der Regel wird dieser bekämpft, und zwar bis zum Höchstgericht. Und dieses muss dann abwägen, ob das Verbot gerechtfertigt ist. Tiere gelten nach dem Zivilrecht als Sachen. Ihre BesitzerInnen haben mit dem Eigentumsrecht ein einklagbares Recht, mit ihren Tieren nach Willkür umzugehen, sie beliebig zu benutzen oder zu vernichten. Dieses Recht muss gegenüber dem öffentlichen Interesse Tierschutz abgewogen werden. Allein schon deshalb können Reformen im Tierschutzgesetz nur in kleinen Schritten erfolgen. Ist der Schritt zu groß, werden wir durch den Verfassungsgerichtshof zurückgepfiffen.

Für unsere Jagdkampagne heißt das: wir müssen mit der Mehrheitsmeinung der Menschen hinter uns die Politik zu einem Verbotsgesetz zwingen, mit diesem dann die Exekutive zum Einschreiten, um dann vor dem Verfassungsgerichtshof erst wieder alle unsere Argumente wissenschaftlich fundiert vorbringen. Das wird ein langer Weg, aber wir sind ihn schon einige Male gegangen und werden das auch diesmal schaffen!

Fotocredit: Martin Balluch

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