Der „Puma von Braunsbedra“ bleibt trotz der eindeutigen Auflösung durch Experten und Behörden für viele Menschen ein Symbol des Zweifels und des Misstrauens. Selbst als Fährtenleser und Fachleute nachweisen, dass es sich bei dem vermeintlichen Raubtier höchstwahrscheinlich um eine Hauskatze handelte, halten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger an ihren Verschwörungstheorien fest. Die offizielle Entwarnung wird als Vertuschung abgetan, das Vertrauen in die Behörden schwindet weiter. In sozialen Medien blühen Gerüchte und Spekulationen, die zeigen, wie schwer es ist, einmal entstandene Ängste und Fantasien wieder zu beruhigen. Die Lust am Ungewöhnlichen und die Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen sind stärker als die Bereitschaft, sich mit der Realität abzufinden.

Der Vertrauensverlust gegenüber offiziellen Verlautbarungen, wie er sich nach dem „Puma von Braunsbedra“ in zahlreichen Verschwörungstheorien manifestierte, ist tief mit einer allgemeinen Lust am Nichtglauben und der Sehnsucht nach dem Ungewöhnlichen verbunden. In einer Zeit, in der das Alltägliche für viele Menschen als zu banal und vorhersehbar empfunden wird, wird das Spektakuläre – ob real oder fiktiv – zum Ventil für unbewusste Bedürfnisse nach Abenteuer und Spannung. Die AfD hat dieses Phänomen erkannt und instrumentalisiert es gezielt: Sie bietet ihren Anhängern das Versprechen einer aufregenden, nicht angepassten Gegenwelt, in der die vermeintlich „wahren Helden“ gegen korrupte Eliten und „Lügenmedien“ kämpfen.
Für viele AfD-Anhänger sind normale Umstände schlicht zu fade. Das gewöhnliche Leben, geprägt von Routine und gesellschaftlicher Stabilität, wird als langweilig und enttäuschend empfunden. Anstatt sich mit alltäglichen Herausforderungen auseinanderzusetzen, sehnen sich Teile der Bevölkerung nach Aufregung, Konflikt und sogar nach Gewalt – ein Wunsch, der sich in der Lust auf Aufruhr und in der Bereitschaft, an Verschwörungstheorien zu glauben, widerspiegelt. Die AfD bedient diese Sehnsucht, indem sie das Bild eines „Wilden Ostens“ zeichnet, in dem das Unerwartete, Unberechenbare und Gefährliche zum Normalfall wird. Der Puma wird so zum Symbol: Nicht als reale Bedrohung, sondern als Metapher für das gewünschte Abenteuer und die Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen.
Verschwörungstheorien bieten eine Form von kollektiver Unterhaltung und Identität. Sie machen das Leben interessanter, indem sie vermeintlich „verborgene Wahrheiten“ aufdecken und die Menschen zu Teilnehmenden an einer großen Verschwörung machen. Die AfD nutzt diesen Mechanismus, um das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben und ihre Anhänger zu mobilisieren. Wer an das Ungewöhnliche glaubt, fühlt sich als Teil einer exklusiven Gruppe, die „mehr weiß“ als der Rest. Die Lust am Nichtglauben ist somit auch eine Form von Aufmerksamkeitsheischerei: Wer sich gegen das Offensichtliche stellt, erzeugt Aufmerksamkeit und Bedeutung für sich selbst.
Der Puma steht damit sinnbildlich für den „Wilden Osten“ – einen Ort, an dem das Leben nicht langweilig ist, sondern voller Gefahren und Geheimnisse. Die AfD schürt diese Fantasie, indem sie das Vertrauen in die Ordnung zerstört und den Mythos eines aufregenden, wilden Lebens verbreitet. In diesem Klima wird das Vertrauen in die Demokratie durch die Lust am Spektakulären und die Sehnsucht nach der Ausnahme zur Ausnahme selbst.