Warum Andreas Gabalier schlecht für meine Zehennägel ist

Ich habe keinen blassen Schimmer, was mich gerade antreibt, aber ich höre gerade Andreas Gabalier. Warum? Weil der Typ mir allein schon durch seine Medienauftritte das Geimpfte hochkommen lässt, und ich mir jetzt mal anhören wollte, was der in seinen Songs so vermittelt. Fehler. Mir ist jetzt wirklich schlecht. Immer wieder muss ich an das berühmte ZiB24-Interview mit ihm bezüglich der Hymne denken, als er meinte, er verehre die Madln, jeder der seine Songs hört, wisse das.

Nicht die Frauen. Immer die "Madln". Und die "Dirndln". Mit denen er im Arm an den See will, die sollen ihren sexy Body ins Badegwand schwingen, unwiderstehlich wie Himbeereis sind sie, wenn sie mit dem Schulterblattl zucken, muss man sie „zuwadruckn“, der Lidschattenblick verzückt Männer, und – mein „Favorit“ - „so manche flinke Hand hat sich die Finger verbrannt beim Schenkelinnenseiten auf- und niedergleiten“. Das sind Zitate aus ganzen zwei Songs von Gabalier, mehr hab ich dann leider doch nicht geschafft. Es rollt mir die Zehennägel hoch, ich empfinde fast schon körperlichen Schmerz, wenn ich so etwas höre. Und wie deppert diese Texte sind, ganz abgesehen von diesem fürchterlichen Frauenbild, das er vermittelt! „Unser Verlangen ist ein anderes als das der Damen, weil wenns einmal passt, ja dann gemma halt an heben“ - also das hat der Danzer (oder wars der Fendrich?) mit seinem charmanten „Fett wie ein Radierer“ auch schon besser ausgedrückt.

Aber mir geht es gar nicht um ein allgemeines Gabalier-Bashing, sondern eigentlich mehr um seine weiblichen Fans. Liebe Frauen, die ihr Gabalier mögt: Bitte warum?!? Was genau reizt euch an dieser Lederhosen-Romantik? Ich finde es zwar leider in den heutigen, sehr unsicher gewordenen Zeiten verständlich, aber unglaublich traurig, dass sich so viele Frauen wieder nach den alten Rollenbildern zurücksehnen. Damals, als die Welt noch heil, die Bettwäsche rotkariert und gebügelt war und der Schweinsbraten ohne der Zutat „schlechtes Gewissen“ auf den Tisch kam. Es ist ein trügerisches Bild von Sicherheit, diese Vorstellung von Buam, die die Madln „zuwadruckn“ können. Es ist auch völlig ok, sich nach Einfachheit und Unkompliziertheit im Leben zu sehnen!

Aber leider, liebe Frauen, die ihr gern den kernigen Buam hättet, der sich nach einem harten Arbeitstag in der Lederhose breitbeinig an den Tisch setzt, an den ihr ihm sein Abendessen serviert: So einfach ist das nicht. Denn dieses Sicherheitsgefühl, nach dem ihr euch sehnt (und das Gabalier in seinen Songs vermittelt), geht Hand in Hand mit einem Ausliefern. Wenn sie sich zuhause den ganzen Tag um die saubere Bettwäsche, den herzhaften Braten und den zuckersüßen Lidschattenblick kümmert, ist er derjenige, der für finanzielle Sicherheit zu sorgen hat. Oder sie ist Superwoman und bekommt mit links einen Job und gleichzeitig ohne seine Hilfe Haushalt für zwei und Alltag geschaukelt. Respekt vor diesen Frauen - ich würd das nicht hinkriegen (wollen).

Frauen können heutzutage unabhängig sein, auf eigenen Beinen stehen. Gerade wir Frauen hier in Österreich haben unglaubliches Glück: Wir leben in keinem Weltbild, in dem Frauen sich grundsätzlich unterzuordnen haben. Wir müssen uns nicht mehr abhängig machen von einem Mann, eine Ehe ist schon lange keine wirtschaftliche Zweckgemeinschaft mehr – und das, meine lieben Frauen, ist nämlich die andere Seite dieser guten alten, ach so einfachen Zeiten, von denen Gabalier singt. In seinen Liedern schwingt in meinen Ohren auch ein richtig hässliches Machtspiel mit: Nein, lieber Herr Gabalier, das ist kein Respekt, den sie Frauen da entgegenbringen in ihren Liedern. Das ist ein sexistisches Herabschauen, ein Runterkürzen von Frauen auf ihre Optik und ihr liebes, im Optimalfall harmloses Wesen. Es macht mich völlig wuggi, dass so unglaublich viele Frauen das auch noch gerne anhören, und freiwillig in diese Weibchen-Rolle reinschlupfen wollen!

Ich weiß, ich male gerade mit schwarz und weiß und unterstelle Gabalier, die (wirtschaftliche) Unterdrückung von Frauen zu propagieren, aber: Ich kannte mal eine kinderlose Hausfrau. Ich respektierte ihre Entscheidung für diese Lebensweise komplett, aber verstanden hab ich sie nie so wirklich. Mich würde es wahnsinnig machen, mich beruflich nicht ausleben zu können und dann auch noch finanziell von meinem Mann abhängig zu sein – und dabei bin ich meilenweit vom klasssischen Typus Karrierefrau, wie wir ihn im Kopf haben, wenn wir das Wort hören, entfernt! Hin und wieder beneidete ich sie sogar, wollte mit ihr tauschen. Doch mir war auch klar: Das hätte ich genau drei Wochen durchgehalten, dann hätte ich komplett am Rad gedreht. Warum komm ich grad auf sie? Weil sie glühender Gabalier-Fan war (und wohl auch noch ist) und ihn mir gegenüber mal fast schon aggressiv verteidigt hat ...

Weibliche Unabhängigkeit bringt natürlich auch Verantwortung fürs eigene Leben mit sich. Verantwortung, die ich sehr gerne trage, weil ich emotionale Entscheidungen, wie ich leben will, nicht auf der wirtschaftlichen Situation oder einfach nur Meinung anderer aufbauen will. Und weil ich ehrlich gesagt auch lieber einen Mann an meiner Seite habe, der mich um meiner selbst will, und nicht nur, weil ich so schön mit den Schulterblattln zucken kann.

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