Die letzte Chance

Die SPÖ ist klar erste. Dennoch hat sie 5 Prozent ihrer Wähler verloren und ist mit einem blauen Auge davon gekommen. In den nächsten fünf Jahren muss sie vieles verändern. Ihre letzte Chance.

Die Anfänge der österreichischen Sozialdemokratie gleichen einem Heldenepos. In den Ziegelwerken des Wienerbergs schufen vor 130 Jahren hart arbeitende Männer die Fundamente der Ringstraße. Als der Arzt Viktor Adler das Elend der Arbeiter nicht mehr ertragen konnte, setzte er alle Hebel in Bewegung, um die Lebensqualität der Malocher zu verbessern. Er schaffte Betten an, weil sich viele Ost-Arbeiter keine Zimmer leisten konnten. Er kämpfte gegen den Industriekapitalismus, der seine Angestellten nicht mit Geld, sondern mit minderwertigen Waren entlohnte. Um den Arbeitern eine Stimme zu geben, gründete Adler die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs. Zu ihrer Hochzeit hatte die Wiener-SPÖ etwa 400.000 Mitglieder. Jetzt nur noch 40.000. Der Glanz von einst, er ist erloschen.

FPÖ ist die neue Arbeiterpartei

Einstige Rote-Bezirksbastionen wie Favoriten oder Simmering wurden Blau umfärbt. Dass die FPÖ ihre vermeintliche „Oktoberrevolution“ vom Viktor-Adler-Markt aus starteten, ist daher kein Zufall. Enttäuscht darüber, dass sie ihre sozialdemokratischen Werte nicht mehr vertritt,  wenden sich die Meisten ihrer ehemaligen Stammwähler an die neue Arbeiterpartei FPÖ zu.

Neue Herausforderungen

Die SPÖ hat noch eine letzte Chance bekommen, um zukünftige Herausforderungen doch noch zu meistern: Österreichweit hat Wien die höchste Arbeitslosenquote. Prekäre Arbeit und Dumpinglöhne sind heute die drängendsten Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Es ist kaum zu erkennen, wo die Verwaltung aufhört und SPÖ-eigene Firmen beginnen. Trotz einer neunen Wohnbauinitiative, fehlen im wachsenden Wien leistbare Wohnungen. Die Kluft zwischen einkommensstarken und –schwachen Bezirken ist nirgendwo in Österreich größer als in der Hauptstadt. Im Rathaus war man nie zu müde darauf hinzuweisen, dass man weltweit die lebenswerteste Stadt sei. Doch interessiert dieser ehrenwerte Titel einen Arbeitslosen aus Simmering?

Lösungen auch im Alltag

Die SPÖ hat noch eine letzte Chance bekommen, mit den Grünen  eine zukunftsweisende Politik zu gestalten, statt sich in der ständigen Geiselhaft der Schwarzen auf Bundesebene zu befinden. Immerhin machen Letztere kein Hehl daraus, mit den Blauen zusammenzuarbeiten. Getrieben von Machtgier entfernten sich die Roten Urgesteine immer mehr von ihren Bürgern, ließen die Grünen die Öffis und die Mahü alleine gestalten, um sich beim Scheitern nicht die Finger zu verbrennen und setzten sich die unzeitgemäße Absolute Mehrheit als Ziel. Jetzt muss die SPÖ beweisen, dass sie nicht nur in Wahlkampfzeiten gestaltet, sondern einst, wie Viktor Adler, ihre Werte wie Menschlichkeit, Solidarität und Anstand auch im Alltag umsetzt.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:15

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