Die österreichische Bundespräsidentenwahl – Erster Teil

Zwischenzeitbestzeit haben es die Freiheitlichen genannt.

In Wahrheit aber hat sich die Politlandschaft Österreichs am

24. April 2016 extrem (im wahrsten Sinne des Wortes) verändert. Die einstigen Großparteien namens SPÖ und ÖVP haben mit ihren Spitzenkandidaten namens Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol nicht einmal ein Viertel aller Wählerstimmen auf sich vereinen können – beide zusammen wohlgemerkt. Das schlechteste Ergebnis waren bisher 80 %. Ein ja aber oder sonstiges beschwichtigen dieses katastrophalen Ergebnisses für die Roten und die Schwarzen wäre der politische Selbstmord. Es gibt nichts zu beschönigen. Die beiden einstigen Großparteien befinden sich auf dem direkten Weg zu einer Mehrheitsbeschafferpartei.

Nur jene Kandidaten, welche sich klar positionieren und Ecken und Kanten zeigen, werden vom Volk gewählt. Das trifft in einem außerordentlich hohen Ausmaß auf Norbert Hofer von der FPÖ und in einem weitaus kleineren Umfang aber doch, auf Alexander van der Bellen sowie Irmgard Griss zu.

Kurz zusammengefasst das Ergebnis des ersten Wahldurchgangs

Norbert Hofer

1.499.971 Stimmen

Alexander van der Bellen

913.218 Stimmen

Irmgard Griss

810.641 Stimmen

Rudolf Hundstorfer

482.790 Stimmen

Andreas Khol

475.767 Stimmen

Richard Lugner

96.783 Stimmen

Ungültige Stimmen

92.742

Wahlberechtigte

6.382.486

Gültige Stimmen

4.279.170

Wie wird der neue Bundespräsident heißen?

Versuchen wir die Ausgangsposition nüchtern zu betrachten. In acht von neun Bundesländern wurde Norbert Hofer auf den ersten Platz gewählt. Etwa 90 % aller Gemeinden haben sich für den Kandidaten der Freiheitlichen entschieden. Für die Stichwahl ist Norbert Hofer also in der Pole Position.

Stimmt das aber wirklich? Wie werden sich die Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten entscheiden? Noch viel wichtiger wird allerdings die Frage sein, wer die Nichtwähler der ersten Abstimmung dazu motivieren kann in der Stichwahl für sich zu voten.

Wir können wohl davon ausgehen, dass alle welche im ersten Durchgang Norbert Hofer oder Alexander van der Bellen gewählt haben es bei der Stichwahl am 22. Mai 2016 wieder tun werden. Irgendwie logisch.

Genau so scheint es klar zu sein, dass die Wähler von Rudolf Hundstorfer beinahe vollständig in das Lager von Alexander van der Bellen wechseln werden. Es wird allerdings auch der Fall eintreten, dass der eine oder andere frustrierte Hundstorfer Wähler, gar nicht mehr zur Stimmabgabe beim direkten Duell schreitet und auf sein Stimmrecht (schade eigentlich) verzichtet. Ich nehme an, dass etwa 85 % ihre Stimme bei der Stichwahl Alexander van der Bellen geben, 10 % gar nicht zur Wahl gehen und lediglich 5 % ihre Stimme Herrn Hofer geben.

Was passiert mit den Wählern von Andreas Khol?

Sie werden wohl eher dazu tendieren Norbert Hofer zu unterstützen. Eine zukünftige blau-schwarze Achse ist wohl weitaus eher vorstellbar, als eine blau/rote oder gar eine blau/grüne. Es ist also davon auszugehen, dass es auch hier viele frustrierte ÖVP Wähler gibt und deshalb werden wohl einige Wähler beim zweiten und alles entscheidenden Wahlgang nicht mehr zu den Wahlurnen gehen. Ich behaupte jetzt einmal, dass etwa 60 % aller Wähler von Andreas Khol bei der Stichwahl für Norbert Hofer sind. 25 % werden wohl für Alexander van der Bellen stimmen und die restlichen 15 % der Vorwahl werden zu Hause bleiben.

Wie schaut es mit den Wählern von Richard Lugner aus?

Diese Wähler hatten bereits ihren Spaß und werden zur Stichwahl bei weitem nicht mehr vollzählig antreten. 40 % dürften sich wohl auf die Seite von Norbert Hofer schlagen und 10 % Alexander van der Bellen unterstützen.

Wie schaut es mit den Wählern von Frau Irmgard Griss, der ausgezeichneten Drittplatzierten im Kampf zur Wahl des Bundespräsidenten aus?

Man darf nicht vergessen, dass zu Beginn des Wahlkampfs als Norbert Hofer noch nicht als Kandidat für die FPÖ festgestanden ist, die Freiheitliche Partei sogar überlegte Irmgard Griss im Wahlkampf zu unterstützen. Die Zusammensetzung der Wähler von Irmgard Griss ist besonders spannend. Sie hat sämtlichen Parteien enorm viele Stimmen gekostet. Ich gehe allerdings davon aus, dass viele Wähler bis kurz vor Schluss noch nicht wussten ob sie Frau Griss, Herrn van der Bellen oder Herrn Hundstorfer wählen sollten. Diese Überlegung würde dazu führen, dass die Wähler von Frau Griss in der Stichwahl mehrheitlich Herrn van der Bellen unterstützen werden. Für Alexander van der Bellen wären 60 % möglich, für Herrn Hofer 35 % und lediglich 5 % werden auf ihren wertvollen Beitrag zur Stichwahl verzichten.

Bevor ich mich allerdings nun über die große Gruppe der Nichtwähler der ersten Wahl äußere münzen wir die obigen Prognosen in die exakte Stimmenanzahl um.

Norbert Hofer

Seine eigenen Wähler 1.499.971

Wähler von Hundstorfer 24.139

Wähler von Khol 285.460

Wähler von Griss 283.724

Wähler von Lugner 38.713

Alexander van der Bellen

Seine eigenen Wähler 913.218

Wähler von Hundstorfer 410.371

Wähler von Khol 118.941

Wähler von Griss 486.384

Wähler von Lugner 9.678

Rechnet man diese Wählerstimmen zusammen so ergibt dies folgendes Zwischenergebnis

Norbert Hofer 2.132.007

Alexander van der Bellen 1.938.592

Der gigantische Vorsprung von Norbert Hofer beim ersten Wahldurchgang würde somit von 586.753 Stimmen auf 193.415 Stimmen schrumpfen. Der Vorsprung wäre zwar immer noch groß,die Lage für Alexander van der Bellen aber noch nicht hoffnungslos.

Was wäre notwendig, damit Alexander van der Bellen doch noch als der neue Bundespräsident in die Hofburg einzieht?

Der Fokus müsste darauf liegen die 2.103.316 Nichtwähler zu begeistern in der Stichwahl für ihn zu votieren.

SPÖ und ÖVP müssten einen offiziellen Aufruf starten, dass jene Wähler welche im ersten Durchgang ihre Kandidaten wählten in der Stichwahl Alexander van der Bellen unterstützen mögen. Ob sie dazu den Mumm haben? Oder wollen sie lieber Mehrheitsbeschaffer für H.C. Strache nach der nächsten Nationalratswahl sein?

Man muss das positive für Österreich hervorheben, wenn er der neue Bundespräsident ist. Auf gar keinen Fall darf man die FPÖ schlecht reden. Man sollte dem politischen Gegner keinesfalls die Chance geben in die von ihm heiß geliebte Opferrolle zu schlüpfen. Demos gegen das Abstimmungsergebnis des ersten Wahldurchgangs würden mehr schaden als nützen und zeigen auch nicht gerade vom Demokratieverständnis.

Jedes Volk bekommt halt was es will... Das nennt man Demokratie...

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