Einige Freunde und Bekannte hatten mir gegenüber einmal erwähnt, dass sie der Meinung sind, dass wir nicht in einem Klima der Angst vor Covid leben sollten. "Wenn man jung, fit und gesund ist, geht es einem gut." Mit dieser Annahme haben sie nicht ganz unrecht. Als körperlich fitter 40-50 Jähriger ohne Vorerkrankungen ist es äußerst unwahrscheinlich, dass er/sie an Covid sterben würde. Die Covid-Sterblichkeitsrate für einen 40-Jährigen ohne gesundheitliche Vorbelastung liegt bei einem von 1 490 Infizierten(1:1490).

Aber deren Kalkül ist falsch, wenn es darum geht, das Risiko-Nutzen-Verhältnis der Covid-Impfung zu verstehen. Eine ungeimpfte Person hat ein 32-mal höheres Risiko, an Covid zu sterben, als jemand, der geimpft wurde. Die Impfung birgt zwar ein Risiko von Nebenwirkungen, doch ist dieses Risiko weitaus geringer als das Risiko, während einer Pandemie ungeimpft zu bleiben. Von 46,3 Millionen vollständig geimpften Menschen in England zB sind 77 an Blutgerinnseln gestorben, von denen angenommen wird, dass sie mit einem Covid-Impfstoff in Verbindung stehen.

Es gibt eine große Asymmetrie beim Risiko: Wenn man mit Dingen davonkommt, die wenig wahrscheinlich sind, weiß man nicht, wie gefährlich sie sind, bis es zu spät ist. Das ist so wie zB das Fahren ohne Sicherheitsgurt: Die meiste Zeit über ist man absolut sicher. Aber wenn man einmal in einen Unfall verwickelt wird, kann es sehr schnell sehr schlimm werden.

So ist es auch mit dem Impfstoff. Es ist unwahrscheinlich, dass man sich mit dem Virus infiziert und ins Krankenhaus muss. Aber wenn es doch passiert, dann zeigt der Impfstoff seinen Nutzen.

Die Entscheidung über eine Impfung, insbesondere bei Covid, gehört zu den schwierigsten, die Menschen treffen müssen. Die Risikokalkulation bzw. Risikoeinschätzung kann unter bestimmten Umständen besonders schwierig sein. Risiken, bei denen wir das Ergebnis nicht immer sehen können, so dass wir den Menschen vertrauen müssen. Und neue Risiken. Das Coronavirus ist beides.

Aber warum sollten viele Menschen dazu neigen, ihre Informationen über die Pandemie eher von Influencern in den sozialen Medien als von wissenschaftlichen Experten zu beziehen?

Versuch einer Erklärung:

Im Jahr 2009 war Prof. Stafford Mitautor einer Studie (er hat einen Lehrstuhl an der Universität von Sheffield), in der Menschen, die auf mit Schadstoffen kontaminierten Brachflächen leben, befragt wurden. In der Umfrage wurden die Anwohner gefragt, wem sie eher vertrauen, wenn sie über die mit dem Leben auf dem Gelände verbundenen Risiken informiert würden. Zwar vertrauten die meisten Menschen Wissenschaftlern, die ihnen die Wahrheit sagten, aber fast ebenso häufig nahmen sie ihre Informationen von Familie und Freunden entgegen, obwohl diese über keinerlei Fachwissen verfügten. "Es war nicht so, dass sie dem Fachwissen der Wissenschaftler nicht vertrauten", sagt Stafford. "Sie wussten, dass Wissenschaftler über Umweltverschmutzung Bescheid wissen. Sie dachten nur, dass die Wissenschaftler nicht ihre Meinung und Interessen verfolgten, während sie wussten, dass Familie und Freunde dies taten.

Das Internet wiederholt und verstärkt diesen grundlegenden menschlichen Impuls - der Familie und den Freunden fast so viel zu vertrauen wie den Experten - in großem Umfang. "Wir fühlen uns den Menschen, die uns etwas erzählen, in einer Weise mehr verbunden, als wir es mit den Behörden oder mit der Regierung oder dem Nationalen Impfgremium sind, das aus einer Vielzahl von Experten unterschiedlicher Disziplinen besteht.", sagt Stafford.

Im Zeitalter der sozialen Medien müssen wir die Menschen, denen wir vertrauen nicht einmal so oft getroffen haben wie etablierte Experten. "Deshalb sind die sozialen Medien so gefährlich", sagt Stafford. "Denn die Menschen haben eine emotionale Bindung zu Influencern, die sie vielleicht noch nie getroffen haben. Aber es ist eine asymmetrische Vertrautheit. Ich denke vielleicht, ich kenne den Vlogger und er spricht mit mir. Aber in Wirklichkeit sprechen sie mit Millionen von Menschen - und den Werbetreibenden, die ihnen ihre Einnahmen verschaffen.

An dieser Stelle prangere ich auch alle selbsternannten Wissenschaftler aus der Academia an, die wissenschaftliche Erkenntnisse, und ich unterstelle ihnen, weil sie es vergessen oder nicht gelernt haben, stark verzerrt und falsch interpretiert an Laien vermitteln und dadurch maßgebliche zur aktuell schlimmen Situation beitragen. Vorsätzlich vielleicht auch, weil sie damit viel Geld verdient haben und es noch weiterhin tun.

Die Unwahrheiten, die viele fehlgeleitete und bereits and Covid Verstorbene in den Monaten vor ihrem Tod gelesen und geglaubt hatten und gegenüber ihren Familie und Freunden wiederholten, sind gängiger Unsinn auf Anti-Impfbubbles und leicht zu finden: Der Impfstoff enthält gefährliche Mengen an Formaldehyd; der Impfstoff ist experimentell; die Leute bekommen den Impfstoff nur bei McDonald's umsonst, Bill Gates chipt alle Menschen, man wird magnetisch, da sind Embryos drin usw. usf. . Endloser Unsinn.

"Das Beste, was die Menschen tun können, ist zu erkennen, dass Social-Media-Plattformen grundsätzlich unsichere Umgebungen sind, um "Fakten" über eine Pandemie zu erhalten, die einen umbringen können", sagt Imran Ahmed, der CEO des Center for Countering Digital Hate. "Soziale Medien enthalten große Mengen an Fehlinformationen, die sich nahtlos mit guten Informationen vermischen. Diese Fehlinformationen können dich umbringen."

Viele sind intensive Nutzer sozialer Medien, fast schon obsessiv nach Fehlinformation suchend.

Ich verurteile hier auch einige Unternehmen von sozialen Medien (nicht alle), die von Fehlinformationen profitieren. Sie wollen nicht, dass man die Wahrheit erfährt. Sie wollen, dass du weiter scrollst. Wenn man die Wahrheit findet, braucht man nicht mehr zu scrollen. Sie wollen, dass man weiter scrollt und argumentiert und nach noch mehr Blödsinn sucht.

Am Ende appelliere ich an alle: Lasst euch Impfen! Es ist alternativlos.

geralt/pixabay https://pixabay.com/de/illustrations/coronavirus-corona-sars-cov-2-virus-4947692/

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