Im Frühsommer 2000 beobachteten meine Mutter und ich ein Auto, das langsam die steile Kehre von Sarmingstein in Richtung Waldhausen fuhr. Der Fahrer öffnete ein Seitenfenster und warf etwas hinaus, das wir als Katze erkannten - dann gab er mit quietschenden Reifen Gas. Das Katzentier fiel sich überschlagend die Böschung hinunter und verschwand im dicht bewachsenen Unterholz. Wir konnten in dem Moment nicht einmal reagieren, so geschockt waren wir. Dann riefen wir die Polizei und begannen nach dem Tier zu suchen, was jedoch ohne Erfolg blieb....

Eine Woche später: Wir hüteten unsere Katzenrasselbande, die zum ersten Mal außer Haus durfte, es waren drei sechs Wochen alte Kätzchen und ihre Mutter, die ein Heim bei uns gefunden hatten, nachdem ihr früherer Besitzer sie bei seinem Auszug "vergessen" hatte.

Da sahen wir plötzlich dieses Katzentier aus dem Unterholz kriechen und ich werde diesen Ausdruck im Gesicht dieses kleinen Wesens nie vergessen...! Schock und Schmerz standen riesengroß in seinen Augen, das Tier war verletzt und stand unsicher vor uns.....meine Mutter wagte sich ein paar Schritte näher und bekam es zu fassen, woraufhin es ihr in einem Anfall von Panik beide Unterarme aufschlitzte. Wir brachten die Katze nach oben, entdeckten, dass es ein Kater war - höchstens sechs, sieben Monate alt und versorgten seine Verletzungen.

Das war der Beginn einer einzigartigen Freundschaft zwischen mir und diesem erstaunlichen Tier.....

Der Kater hat eine sehr charakteristische Zeichnung in Form eines Dreiecks in seinem Nacken, was mich als Alt-Ägypten-Freak dazu bewog, ihn nach der ägyptischen Katzengöttin Bastet zu benennen - ist aber weiblich, daher wurde "Basti" daraus. Aufgrund seines Charakters wurde er dem Namen der Katzengöttin auch mehr als gerecht, denn diese galt im alten Ägypten einerseits sowohl als liebevoll und verspielt, als auch als unberechenbar und manchmal sogar zerstörerisch.

Und eben jener Charakter ist es, der mich diesem Kater so unglaublich verbunden fühlen lässt - er ist absolut cool, hat vor überhaupt nichts Angst, erkundet ohne Scheu alles Fremde und das mit einer einzigartigen Lässigkeit, die mich staunen lässt. Dazu kommt sein Humor - er ist ein Clown, eine Nervensäge der spaßigen Art, der dir solange auf den Wecker fällt, bis er sein geliebtes Trockenfutter bekommt. Das macht er auf eine Art, die...sagen wir mal.....SEHR PRÄSENT ist; wenn der sein Trockenfutter haben will, MERKST du das!, denn du hast auf einmal SEHR VIEL KATER auf dir, vor dir, hinter dir und überhaupt überall dort, wo du ihn ABSOLUT nicht brauchen kannst...! - mit dem gebührendem Charme eines Clowns, versteht sich.... und mit strategisch eingesetzten Krallen... ;)

Die unglaublichste Eigenart dieses Katers ist aber seine Fähigkeit, mit Hunden umzugehen, vor denen er mindestens genauso wenig Respekt und Angst zeigt, wie vor allem anderen. Als ich Kia bekam, war Basti schon bei mir. Kia war stürmisch und sie war es gewohnt, dass Katzen vor ihr davonliefen, doch dieser Kater lehrte sie, wie man sich benimmt - auch durch sein Verhalten, denn er lief einfach nicht davon (was den Hund ziemlich dämlich aussehen ließ...). Später kamen dann Tessa und der Wildhund "Sheyk" und Basti lehrte ihn - neben Tessa - dass er Vertrauen in den Menschen haben kann, wofür ich ihm noch heute dankbar bin, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen Zugang zu diesem Wildhund hatte.

Basti half mir durch seine Art, viele Hunde zu resozialisieren, die aggressiv auf Katzen reagierten und das wurde ihm eines Tages zum Verhängnis.......

2008 kam ein Hundebesitzer zu mir, der seinen Pittbull nicht mehr unter Kontrolle hatte - wobei angemerkt sein muss, dass dieser nicht wenig Schuld an dieser Situation hatte. Der Hund durfte beispielsweise keinen Fremden freundlich anwedeln, denn das fand der Besitzer nicht gut - die Leute sollten vor seinem Hund "Angst" haben, denn dann hätten sie auch "Respekt" vor dem Halter - so dessen Meinung. Auch war dieser stolz darauf, wenn der Hund auf "Wo is der Tschusch" reagierte, was mich gelinde gesagt - zur Weißglut brachte - wissend um die fatalen Folgen, das so ein "Kommando" anrichten kann. Dummerweise war dieser geistig suboptimierte Kapazunder mein Kollege im Sicherheitsdienst und er und sein Hund waren Mitglied meiner Hundestaffel, die damals den ÖAMTC-Platz in Teesdorf als Einsatzbereich hatte. Der Hund war natürlich völlig ungeeignet für den Dienst und wurde von mir aus der Staffel entfernt, aber ich bot dem Kollegen an, den Hund zu resozialisieren und dann auszubilden und er stimmte zu. Bis heute bereue ich dieses Angebot......

Als der Besitzer mit dem Hund eintraf, sah ich schon, dass etwas nicht stimmte. Der Hund war extrem hyperagil, nervös und angespannt - ich hätte in diesem Moment schon reagieren müssen, tat es aber nicht, was sich als fataler Fehler meinerseits erwies. Ich konnte den Hund wohl "herunterschrauben" - er wurde ruhiger und man konnte mit ihm arbeiten. Doch dann kam Basti und er tat, was er immer tat, wenn ein fremder Hund bei mir war: Er blieb cool, tat nichts, um den Hund zu provozieren und zeigte ihm, dass Katzen tolle Wesen sind. Doch dieser Hund war anders - er fokussierte sich sofort auf den Kater und eine Zehntelsekunde, bevor er zuschlug wußte ich, "das geht schief!" - dann griff er an. Und dieser Hund wollte töten. Er erwischte Basti an der Brust und biss und biss und biss.....

Danach war die Hölle los - ich schmiss mich auf den Hund, bekam ihn in den Würgegriff und drückte solange zu, bis er ohnmächtig wurde - der Kater befreite sich schreiend, alles war hysterisch und alles war voller Blut. Die Folgen dieses Angriffs waren fatal - das rechte Vorderbein hing nur noch an einem Fetzen Haut von seinem Körper und er hatte große Wunden an der Brust und im Gesicht. Im Veterinärkrankenhaus erklärten sie mir, dass sie amputieren müssten und in mir brach eine Welt zusammen. Ich gab mir berechtigterweise die Schuld, denn ich sah ja schon vorher, dass der Hund unberechenbar war und hätte dementsprechend reagieren müssen.

Die folgenden Wochen waren schwer - für MICH, aber nicht für den Kater, was mich sehr demütig machte. Basti erholte sich erstaunlich schnell und fand sich mit seiner neuen Stuation sofort ab. Meine Angst, dass er von nun an ein "eingeschränktes" Leben führen müsste, erwies sich als völlig unbegründet. Mein Clown, meine spaßige Nervensäge mit unnachahmlichen Charme springt heute noch auf jeden Gartenpfeiler, balanciert über schmalste Grate (was mir manchesmal den Angstschweiß auf die Stirne treibt), jagt Vögel, Mäuse, Maulwürfe und anderes Getier so wie andere Katzen auch, schlägt sich mit Konkurrenten aus der Nachbarschaft und ist noch immer dieser coole, lässige, unerschrockene Kerl, als den ich ihn kennengelernt hatte. Das Wichtigste für mich ist aber: Trotz aller Bedenken meinerseits, dieses Katertier müsse ein Trauma erlitten haben, was Hunde betrifft - weit gefehlt! Dieses bemerkenswerte "Monster" behandelt Hunde wie eh und jeh! Unerschrocken.... Cool.... Lässig....

Noch immer hilft er mir, Hunde bezüglich Aggression gegen Katzen zu schulen. Er ist ein wertvolles Teil meiner Familie. Und er hat auch mich sehr viel gelehrt. Das dieser Angriff überhaupt stattfinden konnte, lag auch an meiner Selbstüberschätzung. Ich lernte, Hunde noch besser zu "lesen", noch vorsichtiger zu sein und noch viel mehr auf meine Instinkte zu hören. Ich bin meinem "Käpt´n Ahab" unendlich dankbar - auch, weil er mich meinen Fehler nie spüren ließ.....

Es ist eine tiefe Freundschaft, die mich und diesen Kater verbindet - eine Freundschaft, wie es sie zwischen Menschen nur selten gibt und der man sich auch würdig erweisen muss.

Basti ist mittlerweile 15 Jahre alt, quietschfidel, ärgert Nachbars Hund mit seiner Coolness und wird von mir abgöttisch geliebt......

Die Bilder zeigen meinen Clown Basti bei einem seiner Besuche in unserem Indoor-Pool - wie üblich unerschrocken, wie üblich cool, wie üblich lässig. Keinerlei Scheu vor 15 000 Litern Wasser - im Gegenteil! Er hält seinen Schwanz ins kühle Nass, läuft am Beckenrand entlang und trickst mich regelmäßg aus, denn er findet die Blätter meines Elefantenfußes einfach unwiderstehlich.....! ;) (Auf dem zweiten Bild hat er diesen schon fokussiert)

Was den Pittbull betrifft: Eine Woche nach dem Angriff auf Basti griff er das 12 Monate alte Kind des Besitzers an und verletzte es. Er kam zu mir und wollte, dass ich ihm helfe, "den Hund wieder grade zu biegen". Meine Reaktion: Ich informierte meine Tierärztin und die ließ mittels exekutiven Bescheid den Hund einschläfern......

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Spinnchen

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Darpan

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