Warum die Lockdown-Studie der John-Hopkins-Universität methodischer Quatsch ist.

Es geht um dieses Paper: eine Metastudie, die die Ergebnisse von 24 bereits vorhandenen Studien zu einer Gesamtaussage zusammenfaßt. Natürlich wurde das auch hier auf FuF von den Coronaverharmlosern und -leugnern gefeiert wurde, z.B. mit diesen Zitaten:

"Eine Analyse (…) unterstützt die Schlussfolgerung, dass Lockdowns wenig bis gar keinen Effekt auf die Covid-19-Sterblichkeit hatten. Spezifische Stringenz-Index-Studien (Härte der Maßnahmen) fanden heraus, dass Lockdowns in Europa und den USA die Covid-19-Sterblichkeit im Durchschnitt um 0,2 % senkten. Lockdownmaßnahmen entbehren jeder Datengrundlage/Evidenz (ill-founded) und sollten als Instrument der Pandemie-Bekämpfung vermieden werden." Zitat Ende.

Schauen wir nur kurz in die Studie, dann finden wir im Abschnitt 2.2 (übersetzt):"Der Einfluß des optimalen Timings. Wir schließen Papiere aus, die die Auswirkungen früher Lockdowns im Vergleich zu späteren Lockdowns analysieren. Es besteht kein Zweifel, dass es lebenswichtig ist, dass Sie auf eine Pandemie vorbereitet sind und wissen, wann sie bei Ihnen ankommt." Zitat Ende.

Als ich das las, wurde mir klar: Diese Studie hat willkürlich das A und O der Lockdowns aus den Betrachtungen ausgesperrt! Das ist ungefähr so "wissenschaftlich" wie eine Studie, die die Auslöser von Hochwasser-Ereignissen untersucht und dabei den Einfluß des Wetters ausklammert.

Zur Verdeutlichung einige einfache Gedankenszenarien.

Der epidemiologische Idealzustand eines Landes bezogen auf Covid-19 vor der Verfügbarkeit von Impfstoffen sieht ungefähr so aus: Jeder Haushalt hat Lebensmittelvorräte für ca. 2 Monate. Jeder Einwohner macht täglich einen 100% zuverlässigen Covid-19-Selbsttest und speist das Ergebnis sofort in eine nationale Datenbank bei der obersten Seuchenbehörde ein, die berechtigt ist, über beliebige Teile des Landes Quarantäneanordnungen beliebiger Dauer zu verhängen - die auch 100%ig befolgt werden.

Szenario 1: Wenn der "Patient Null", der täglich Verwandte im Nachbarland besucht, einen positiven Selbsttest meldet, könnte er das Virus grade eben von dort eingeschleppt haben. Er könnte es allerdings auch schon direkt nach dem letzten negativen Selbsttest eingeschleppt haben, so daß er das Virus 1 Tag lang unbemerkt weitergegeben hat und es sich "exponentiell" ausbreiten konnte. Die oberste Seuchenbehörde verhängt sofort eine Quarantäne über das ganze Land. In den folgenden Wochen steigt die Einwohnerzahl mit positiven Selbsttests auf insgesamt 1000 an, von denen wiederum 20 an Covid-19 versterben - das entspräche ungefähr der IFR Deutschlands aufgrund dieser Sterblichkeitsstudie in Verbindung mit der Altersstruktur.

Szenario 2: Wie 1, allerdings macht die Bevölkerung ihre Selbsttests nicht täglich, sondern nur sonntags. Damit hat das Virus Zeit, sich bis zu 1 Woche unbemerkt "exponentiell" zu verbreiten, und das Ergebnis am nächsten Sonntag könnten z.B. schon 100.000 positive Selbsttests sein. Selbst wenn dann sofort das ganze Land unter Quarantäne gestellt wird, sind ca. 2.000 Coronatote in den nächsten Wochen unvermeidbar.

Szenario 3: Wie 2, allerdings allerdings macht die Bevölkerung ihre Selbsttests nicht wöchentlich, sondern nur monatlich. Das Ergebnis könnten Millionen Coronatote trotz gleicher Quarantäne wie in Szenario 1 und 2 sein, bis hin zur Sterbezahl "IFR x Bevölkerung".

Daß diese Worst-Case-Prognose realistisch ist, zeigt die kumulierte Übersterblichkeit seit Frühjahr 2020 etwa am Beispiel Südafrika. Anhand der Bevölkerungsdaten läßt sich eine Gesamt-Opferzahl um 217.000 berechnen:

Südafrika's berechnete Covid-19-IFR beträgt aufgrund der "jungen" Bevölkerung keine 2% wie in Deutschland, sondern nur 0,37%. Und hier die aktuelle Sterbebilanz als Grafik:

eigene Auswertung

Die kumulierte Übersterblichkeit seit Frühjahr 2020 (= Flächenbilanz zwischen blauer und grüner Kurve, hier als Bevölkerungsverlust bezeichnet) steht sogar schon bei 0,40%.

Warum die Übersterblichkeit nicht genau bei 0,37% stoppte, kann etliche Gründe haben: Eigenschaften der neuen Virusmutanten seit der Studie, Abweichungen zwischen den Berechnungen der weltweiten(!) Studie und den realen Verhältnissen in Südafrika, innerhalb von fast 2 Jahren sind weitere Corona-Opfer "nachgewachsen" usw.

Zurück zum methodischen Versagen der JHU-Studie und den Szenarien im epidemiologischen Ideal-Land.

Szenario 4: Die landesweite Quarantäne wird erst verhängt, nachdem sich Covid-19 in der gesamten Bevölkerung ausgebreitet hat. Das entspräche dem Zustand Südafrikas in der aktuellen Situation - oder bildlich: Erst nachdem das Haus komplett abgebrannt ist, trifft die Feuerwehr ein und spritzt ihre ganzen Löschwagen auf die rauchende Asche leer. Beides ist völlig sinnlos, weil der maximale Schaden schon eingetreten ist!

Vor den weiteren Betrachtungen kurz die Merkmale eines wirksamen Lockdowns.

Fakt ist: Sobald bekannt wird, daß eine gefährliche Krankheit im Volk zirkuliert, werden die Menschen von sich aus vorsichtig und reduzieren unnötige Kontakte, halten mehr Abstand usw., wie schon Prof.Dr.Rieck hier

ab 2:50 bis 4:46 Minuten beschreibt.

Das mag in Südafrika neben den Lockdowns (siehe auch hier) einer der Gründe sein, warum die Übersterblichkeit in mehreren Wellen ablief, bis die zu erwartetende Zahl an Todesopfern erreicht wurde. (Nun können die Leugner mich wieder einen "Buchhalter des Grauens" nennen, aber das ändert nichts an den Fakten.)

Ein wirksamer Lockdown bedeutet, daß die potentiell infektiösen Kontakte im Land deutlich stärker eingeschränkt werden, als es die Bevölkerung von sich aus tut, und daß in der Folge die täglichen Infektionszahlen nicht mehr weiter steigen, sondern zu fallen beginnen.

Die Wirkung solcher Lockdowns zeigt sich in den Sterbezahlen (bei deutlicher Übersterblichkeit) mit ca. 3 Wochen Verzögerung, denn das ist die mittlere Zeitspanne zwischen Covid-19-Infektion und tödlichem Ausgang. Daher beginnen die Übersterblichkeiten immer ca. 3 Wochen nach dem Beginn eines wirksamen Lockdowns zu sinken, näheres dazu hier.

Somit hängt also der Erfolg eines wirksamen Lockdowns essentiell vom Zeitpunkt ab der beginnenden Verbreitung des Virus ab.

Was frühzeitige und wirksame Lockdowns bewirken können, zeigt beispielhaft der Vergleich der Sterblichkeitsverläufe Südafrikas (siehe oben) mit den "Lockdown-Champions" Australien und Neuseeland:

eigene Auswertung

Die im weltweiten Vergleich extrem niedrigen Bevölkerungsverluste gegenüber den 100% IFR-Daten belegen, daß frühe und wirksame Lockdowns die Corona-Übersterblichkeiten nahe Null halten. Bevor jemand denkt "Da unten war Covid-19 doch nie angekommen", hier zum Vergleich die testbasierten Corona-Sterbezahlen:

Worldometer https://www.worldometers.info/coronavirus/country/australia/

Sie zeigen, daß es in beiden Ländern sehr wohl Covid-19-Fälle gab.

Sobald jedoch bei einer Coronawelle der wirksame Lockdown etwas zu spät kommt, folgen hohe (aber kurze) Sterbewellen, z.B. hier:

eigene Auswertung

Offensichtlich haben die Verantwortlichen in Spanien und New York City aus den Desastern der 1.Welle gelernt und konnten die Übersterblichkeiten in den folgenden Wellen dank früherer Lockdowns relativ gering halten - auch bevor Impfstoffe verfügbar waren. So erreichten die kumulierten Übersterblichkeiten "nur" 7,2% bzw. 36% der Corona-Todeszahlen, die aufgrund der Altersstruktur zu erwarten waren.

Wer jetzt ausholt um zu kommentieren, daß die folgenden Virusmutanten weniger tödlich waren, soll sich erstmal die Sterbewellen in Südafrika ansehen: denn die zeigen, daß Covid-19 in den späteren Wellen (vor Omikron) nicht merklich harmloser war.

Diese simplen Betrachtungen sollten reichen um zu zeigen, wie essentiell das Timing von Corona-Lockdowns für den Erfolg ist - und wie realitätsfremd die o.g. JHU-Studie ist, wenn sie das Lockdown-Timing in ihren Untersuchungen ignoriert!

Also ab damit in die Tonne für Coronamärchen!

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tantejo

tantejo bewertete diesen Eintrag 17.02.2022 23:42:07

Dieter Knoflach

Dieter Knoflach bewertete diesen Eintrag 17.02.2022 14:58:00

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