Natürlich hätte ich das Ding auch "Geschenke" nennen können. Aber nach Weihnachten über Geschenke zu schreiben, ist ja irgendwie wenig interessant.

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Dabei geht es weder um Weihnachten, noch um Geburtstage oder sonstwelche Anlässe, bei denen man sich beschenkt, sondern um ein ganz allgemeines Drüber-Nachdenken, wie das früher war und heute ist. Denn, mal ehrlich, dieses prickelnde sich-drauf-Freuen, das man angesichts derartiger Festivitäten einst verspürte, ist doch längst Vergangenheit. Wer sich etwas wünscht, kauft es sich. Punkt. Ohne fixen Termin. Einfach so, weil man Lust drauf hat.

Dieses einstige drauf-Warten, dass man einen Tretroller kriegt... Dann wurde es ein zwar prima roter, aber eben nicht luftbereifter Roller, der enttäuschte. (Heute weiß ich natürlich, dass nicht alle Väter so etwas bauen können; die Sache ist nur knapp an diesen Dingern vorbei geschrammt, die als Scooter in späteren Jahrzehnten die Straßen bevölkerten). Oder das Versprechen einer Sprechpuppe. Zwei Jahre lang habe ich drauf gewartet, dass ich sie bekomme, bis ich begriff, dass dieser Spielzeugverkäufer gar keine hatte (nicht damals und nicht im Osten) und meine Mutter, die mich jeweils vorsichtig vor falschen Versprechen zu behüten versuchte, Recht hatte. Was weiß man schon mit sechs Jahren?

Später war es dann einfacher. Bücher gingen immer. Kaum war die Weihnachtsbescherung vorbei, suchte ich mir eine Ecke und versenkte mich in diese fremden Welten, aus denen ich nur auftauchte, um irgendwelche tragbare Nahrung in der Küche aufzutun, die einem das Weiterlesen gestattete, ohne dass das Buch Schaden nahm.

Die anderen Sachen, noch später, die einen glücklich machten, hatten mit Geschenken nicht viel zu tun: Ein geliebter Mann, eine gemeinsame Wohnung, das gesunde Kind ...

Sowas kann man nicht kaufen.

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Irgendwann, sehr, sehr viel später, als es einem so richtig gut ging, dann die Erkenntnis: Was der Mann mir jetzt so zwischendurch mitbringt, wäre früher ein Geburtstagsgeschenk gewesen. Nicht, dass man sich nicht gefreut hätte. Aber es ging weniger um die Sache als die Geste: Er hat gesehen und verstanden, dass es mir Freude machen würde.

Noch später kam er, einfach so, mit einem Keyboard für ein paar Tausend an, ohne vorher auch nur mit mir darüber gesprochen zu haben. Einfach, weil er Lust drauf hatte, Musik zu machen. Nicht, dass ich es ihm nicht gegönnt hätte. Aber im Hinterkopf rumorte doch der Gedanke: Früher hätten wir vor so einer Anschaffung miteinander gesprochen.

Irgendwann fing es an, dass Geschenke belangloser und beliebiger wurden, Wünsche erfüllt, kaum dass sie gedacht waren. Und auch die Idee, das, was man einst aus der Not heraus getan hatte: Dinge selber machen und verschenken (stricken, nähen usf.) wieder zu beleben, aus dem Wunsch heraus, zu zeigen: Ich habe mich für dich angestrengt!, spielte nun keine Rolle mehr. In irgendeinem Laden hatte man etwas sehr Ähnliches, das in Wahrheit so viel besser war und auch kaum etwas kostete, längst gesehen und war daran vorbei gegangen.

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Inzwischen schenkt man sich, wenn überhaupt (Wir schenken uns nichts mehr!) nur noch Geld. Damit dieses sich-selber-die Wünsche-erfüllen, am Besten: sofort, problemlos funktioniert.

Die großen Geschenke mache ich mir seit geraumer Zeit selbst. Dinge, die ich brauche, weil irgend etwas kaputt gegangen ist, genauso wie die, die ich so dringend nicht brauche, aber eben haben möchte.

Zählen Geschenke, die ich mir selber mache, überhaupt auch als solche?

Immerhin bin ich auf diese Weise niemandem verpflichtet. Weder, ihn seinerseits zu beschenken, noch zu großer Dankbarkeit, noch zu irgendwelchen Handlungen aus Dankbarkeit.

Und inzwischen habe ich auch begriffen, dass viele Dinge, die man so wollen könnte, imgrunde belanglos sind. Ich habe viele Dinge, die die meisten haben, eben nicht. Nicht, weil ich sie mir nicht leisten könnte, sondern weil ich sie unwichtig finde. Dinge zu haben, nur weil andere sie haben, ist für mich der schlechteste Grund überhaupt für einen Erwerb wovon auch immer.

Wichtiger finde ich seit geraumer Zeit, Dinge zu tun, die ich immer schon mal tun wollte, bislang aber nicht dazu gekommen bin. Was ja womöglich auch nicht kostenlos ist, aber eben einen anderen Gedanken zurücklässt als "Das habe ich jetzt."

Zu wissen, "Das habe ich jetzt auch getan.", hat eine vollkommen andere Dimension. Besonders, wenn man anhängen kann, "Das hätte ich mir nie zugetraut."

Irgendwann, später, werde ich von meinem großen neuen Vorhaben berichten.

Wenn ichs getan habe.

Denn irgendwann später, wenn Tretroller und Sprechpuppen nurmehr uralte Erinnerungen sind, zählt das, was man sich selbst nie zugetraut hätte, viel mehr als irgendwelche Geschenke, die in Papier verpackt waren.

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