Während die Welt über den „Friedensplan“ von Trump den Kopf schüttelt, kommt mir kurzzeitig „Die Unterwerfung“ von Michel Houellebecq in den Sinn, obwohl beides in der Handlung nichts miteinander zu tun hat. Man fragt sich, was das für ein Frieden sein soll, wenn allein die Interessen des Angreifers in diesem Plan gewahrt werden. Dann hätte die Ukraine ja gleich zu Beginn die Türen weit öffnen und allerhand Tote vermeiden können. Wobei es natürlich ein einziger Unsinn ist, wenn – wie in allen Kriegen davor – die Durchhalteparole des Weitermachens ausgegeben würde, weil „all die Toten nicht umsonst gewesen sein sollen“.

Ich dagegen, in meinem kleinen Universum, sah mir am Wochenende alle greifbaren Dokumentationen über Epstein und Maxwell an. Man weiß längst, dass und welche allerhand Prominenten Epstein und Maxwell in ihren Häusern und auch auf der Insel(!) besucht haben. Wer sich dabei welcher Handlungen schuldig machte und wer nur Maxwells berühmte Gastfreundschaft genoss, bleibt unklar, mit Absicht, vermute ich. Nicht darum geht es vordergründig, sondern um die Opfer, die – damals zwischen 14 und 17 – heute zwischen Ende 20 und 40 sind.

Aber, so viel ist jetzt klar, Epstein hatte sie alle in der Hand. Zumindest seine Insel war vollumfänglich videoüberwacht und nichts von allem blieb undokumentiert. Es wundert also im Nachhinein nicht, dass alle Anzeigen der Opfer, egal ob bei der örtlichen Polizei oder beim FBI sehr schnell im Sande verliefen. Es wundert auch nicht, dass Epstein dermaleinst eine lächerliche Gefängnisstrafe von 18 Monaten erhielt, die auf einer Absprache beruhte, die NICHT von höheren Instanzen abgenickt wurde. Wenig bekannt, aber ebenso wenig verwunderlich: Der Staatsanwalt, der diese Absprache traf, wurde in der 1. Trump-Administration zum Arbeitsminister ernannt (musste aber irgendwann eben wegen dieser Sache widerwillig zurücktreten). Damals hatte Trump seine Gefolgschaft offenbar noch nicht so im Griff wie heute. Damals auch lernte er seine Grenzen kennen. (Wir werden darauf zurück kommen.)

Epstein saß übrigens nur ein halbes Jahr wirklich im Gefängnis, durfte den Rest der Zeit im Hausarrest verbringen und konnte während dieser ganzen Zeit zur „Arbeit“, die in Teilen darin bestand, die für ihn berühmten Massagen zu genießen. Das ihm beigestellte Wachpersonal hatte offenbar die Weisung, es mit dem Terminus „Arbeit“ nicht so ernst zu nehmen. Man sah ihn damals auch in New York und anderswo, wo er laut Bewährungsauflagen gar nicht hätte sein dürfen. Der hierauf aufmerksam gemachte Bewährungshelfer sagte dazu nichts.

Erst die in New York erneut aufgerollte Strafsache drohte, nicht so gemütlich zu werden. Insofern wäre der Selbstmord Epsteins nachvollziehbar gewesen. Allerdings wendet der hinzu gezogene Pathologe ein, die festgestellten Verletzungen seien für die beschriebene Todesart zumindest „höchst untypisch“.

Ghislaine Maxwell, Jahrzehnte lang unverbrüchlich an Epsteins Seite, stellte – dank ihrer alten Harvard-Verbindungen – die Kontakte zu den Großen dieser Welt her (z.B. (Prinz) Andrew, der sich seit seinem ersten Interview 2019 mit der BBC an keinerlei Kontakt mit dem Opfer Virginia Giuffre erinnern zu können vorgab und auch zu keinerlei Zusammenarbeit mit dem FBI bereit war). Maxwell auch war es, die die Kontakte zu den jungen Mädchen herstellte, sie auf der Straße, in Geschäften oder bei Partys ansprach und sie z.T. unter der Vorspiegelung, die gerne guten und begabten Schülerinnen mit einem „Sponsor“ zusammen zu bringen, in ihre Wohnung, auf die Insel oder in die Villa in New Mexico einlud.

Maxwell auch war es, die ein Schneeball-System aufbaute, indem sie jenen Mädchen, die nach einem ersten Kontakt mit Epstein und seiner Massageliege nicht mehr wollten, die Möglichkeit des Zuverdienstes bot: Sie bekämen 200 Dollar für jede Freundin, die sie zu Epstein brächten. Manche berichteten später, zwischen 40 und 60 Freundinnen her gebracht zu haben.

Man darf sich fragen, was sich die Mädchen bei all dem dachten. Und man darf sich auch fragen, wo deren Eltern bei all dem waren und ob die wiederum sich nicht gefragt haben, woher ihre Töchter plötzlich all das Geld hatten.. Eines der Opfer berichtet, ihr Vater sei Polizist gewesen. Hat der nicht doppelt aufgehorcht als seine Tochter über mehrere Tage bei einem wildfremden Erwachsenen eingeladen war? (Darüber wird in den Dokus nicht berichtet; die Opfer sollten wohl eindeutige Opfer sein und bleiben.)

Während etliche im Bekanntenkreis sich fragten, warum Epstein und Maxwell nicht heiraten (manche dachten sogar, sie seien verheiratet), war klar, dass mit zunehmendem Alter die Beziehung nurmehr eine Zweckgemeinschaft war. Noch immer war Maxwell eine gute Gastgeberin, noch immer funktionierte das Schneeballsystem. Aber angesichts diverser Anzeigen war die Aufmerksamkeit der Ermittlungsorgane geweckt, Privatdetektive überwachten die Anwesen und, ja, Maxwell war älter geworden und nicht mehr so reizvoll. Ähnlich wie Trump, der angesichts seiner Scheidung von Ivana seinerzeit erklärt habe, mit einer Frau, die Kinder habe, könne Mann nicht zusammen sein (Frage des Reporters: „Aber das sind doch ihre Kinder.“/ Antwort: „Das ist egal.“), dachte Epstein wohl auch, dass Maxwells beste Zeiten vorbei waren. Immerhin, darauf glaubte sie sich verlassen zu können, schien seine Loyalität ungebrochen, hatte doch Epstein seinerzeit eine Vereinbarung ausgehandelt, dass „keine strafrechtlichen Anzeigen gegen potentielle Mitverschwörer“ erhoben würden.

Dennoch wurde Maxwell im Juli 2020 verhaftet, im Dezember 2021 schuldig gesprochen und im Dezember 2022 zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Was nicht so schlimm ist, wie man glauben mag. Denn Maxwell selbst erklärt, glücklich zu sein wie lange nicht. Was wohl daran liegt, dass sie nach ersten Klagen über Mithäftlinge nun weitestgehend von diesen abgeschirmt ist. Sie hat eine Einzelzelle, darf auf dem Hof Sport machen, wenn keiner dort ist, kann in der Kapelle beliebig Besuch empfangen und bekommt ihr Essen serviert wie im Hotel. Als sie sich von Mithäftlingen beobachtet fühlte, wurden im Speisesaal Tische umgestellt, damit keiner mehr in ihre Zelle schauen kann.

————————-

Unterm Strich: Es kann nicht schaden, ein paar Bekannte (und dazu gehörige Videoaufnahmen) von den Reichen und Berühmten dieser Welt zu haben. Ob nun ein Präsident, der (wir erinnern uns an den Beginn) wohl weniger, aber genug Angst vor der Veröffentlichung der Epstein-Akten hat als vor dem, was Maxwell wohl aus irgendwelchen Tresoren holen kann, Geheimdienstmitarbeitern, die Deutsche Bank, Netanjahu … hochrangige Person quer über den Globus von Australien über die Vereinigten Arabischen Emirate, Frankreich, England sowieso undundund …

Da kann man, so als Präsident der Vereinigten Staaten, es ja immerhin versuchen, mit einem „Friedensplan“ andere Akzente zu setzen, sei dieser noch so läppisch.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Noch keine Kommentare

Mehr von sisterect