Leute (3) - Der Weigl Konrad

Der Weigl Konrad.

Ja, der Weigl Konrad!

Mit dem Weigl Konrad war es ein Geschiß gewesen von Anfang an.

Angefangen hatte es vorgestern in der Früh, als der alte Kurz, dem Simmerl sein Scheff, angewackelt kam und dem Simmerl seinen neuen Beifahrer vorgestellt hat.

"Vorstellen" ist vielleicht nicht das richtige Wort bei einem, der einen Namen hat, mit dem ein normaler Mensch nicht zurechtkommen kann. Französisch, sehr französisch hatte der Name des Neuen in Simmerls Ohren geklungen. So französisch, daß der Simmerl diesen Namen, selbst wenn er ihn sich jemals merken könnte, niemals würde aussprechen können. Aber weil der Simmerl ein gutmütiger Mensch ist, hat er gleich auf der ersten Tour zum Neuen gesagt, scheiß drauf! Weißt was, hat er weiter gemeint, er werde ihn einfach "Weigl" nennen, "Konrad Weigl" und damit habe es sich dann. Weigl sei ein grundsolider Name und merken könne er sich den auch. An Weigl gäbe es nichts auszusetzen. Der Neue mit dem furchtbaren Namen aber war ein eigensinniger Mensch und hat gemeint, so ginge das nicht. Er heiße nun mal "Dingsbumslala" (oder so) und habe ein Recht darauf, als "Dingsbumslala" (oder so) angeredet zu werden. Und überhaupt sei es absolut inhuman, willkürlich den Namen eines anderen Menschen zu ändern, weil nämlich der Name ein fester Bestandteil des Individuums wäre. So ging das eine Weile und wäre noch eine weitere Weile so fortgegangen, wäre nicht der ansonsten so gutmütige Riese Simmerl plötzlich auf die Bremse getreten und hätte er nicht mit seinen Mordshänden dem Neuen ganz furchtbar eine Links-Rechts-Kombination aufs Ohr gehauen. Und wieder eine und noch eine drauf. Und jedesmal hat er beim linken Ohr gerufen "Konrad" und "Weigl" beim rechten. Dann hat er den Gang vom Leichenwagen wieder reingehauen und ist weitergefahren. Und der "Dingsbumslala" (oder so) hieß fortan "Konrad Weigl", solange der Bachmaier Simmerl in der Nähe war.

Das Verhältnis zwischen den beiden Arbeitskollegen war - man kann sich das lebhaft vorstellen - seit diesem Zwischenfall natürlich getrübt. Dem Simmerl war dies insofern wurscht, als der Weigl Konrad diesen Job eh nicht lange machen würde. So jedenfalls hatte es ihm der alte Kurz versprochen. Der Konrad Weigl sei nämlich gar kein richtiger Leichenfahrer, hat der alte Kurz vertraulich zum Simmerl geraunt. Sondern? hat der Simmerl gefragt. Sondern, hat der alte Kurz gemeint, ein Dichter, letztlich aber der gute Bekannte eines sehr guten Bekannten von ihm, der beim Staat ganz ausnehmend gut untergekommen sei. Dieser "Dingsbumslala" (oder so) - dem alten, weitgereisten Kurz ging Konrad Weigls richtiger Name bewundernswert glatt von der Zunge - schreibe an einem Roman, in dem furchtbar viel von Sex und Tod die Rede sei. In jedem richtigen Roman ist furchtbar viel von Sex und Tod die Rede, aber das wußte der alte Kurz nicht, weil der alte Kurz vor lauter Leicheneingraben und Einkommensteuererklären noch nie in seinem Leben Zeit gehabt hat, einen richtigen Roman zu Ende zu lesen. Vom Sex, war der alte Kurz fortgefahren, verstände der "Dingsbumslala" (oder so) schon etwas - hier hieben sich der alte Kurz und der Simmerl vor unbändigem Lachen auf die Schenkel - aber einen richtigen Toten habe er leider noch nie sehen gedurft. Drum also, damit er seine Geschichte vom Leiden und Sterben eines gewissen "Chuckle, Alfred Charles" - englische Namen kann sich der Simmerl vom Schlager her ganz gut merken - so recht lebensnah schreiben könne, wolle dieser gute Bekannte eines sehr guten Bekannten von ihm, der beim Staat ganz ausnehmend gut untergekommen sei, ein paar Wochen als Leichenfahrer arbeiten. Na ja, er, der alte Kurz, glaube zwar kein einziges Wort von dieser Geschichte mit dem Dichten, aber weil er seinem sehr guten Bekannten, der beim Staat ganz ausnehmend gut untergekommen sei, noch einen Gefallen schuldig sei... hat es der Bachmaier Simmerl halt ausbaden müssen.

Den letzten beißen die Dichter!

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sisterect

sisterect bewertete diesen Eintrag 26.11.2017 12:37:29

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