Der „Scheibenwischer-Eklat“ ist meine Lieblingserinnerung an den letzten Präsidentschaftswahlkampf. Was das mit meinem heutigen Thema zu tun hat, wirst du im letzten Abschnitt erfahren.

Vor zwanzig Jahren hat Christian Neuwirth das Buch „Alexander van der Bellen. Ansichten und Absichten“ geschrieben, das 2001 im Molden Verlag erschienen ist. Das letzte Kapitel ist den „Inlands-Ideen“ des damaligen Parteichefs der Grünen gewidmet. Natürlich geht es dabei um Ökosteuern. „Die Erhöhung der Abgaben auf Energie, meint der Wirtschaftsporfessor, sei ‚auf jeden Fall‘ ein geeignetes Steuerungselement“, schreibt Neuwirth und zitiert VdB wörtlich:

Zumindest auf jene Energie, die auf fossilen Brennstoffen beruht. Daran führt kein Weg vorbei. Unser Vorschlag ist, das aufkommensneutral zu machen, indem man die höheren Energiekosten durch eine niedrigere Besteuerung der Arbeit kompensiert. [..] In der Politik spricht manches dafür, den Schritt rasch und hart zu machen. Das zeigt die Diskussion um das Null-Defizit. Ökonomisch gesehen spricht mehr dafür, den Prozeß in die Länge zu ziehen. Politisch gesehen macht es aber mehr Sinn, den Schrecken rasch zu verbreiten und dann auf das Vergessen zu setzen.“ (S. 233)

Eine Verteuerung des Straßenverkehrs sei daher unumgänglich. VdB fordert dem entsprechend:

Die Einführung einer Kilometerabgabe. Der gefahrene Kilometer wird verteuert und nicht der Benzinverbrauch als solcher. […] Wir haben uns entschlossen, eine strikt marktwirtschaftliche Regelung über den Preis zu machen. Nach vielem vielem internen Zähneknirschen und mit Zusatzregelungen für Pendler. Wenn es im 21. Jahrhundert nicht möglich sein sollte, einen fälschungssicheren Tachometer zu bauen, dann weiß ich wirklich nicht...“ (S. 234)

Warum einfach, wenn‘s kompliziert auch geht? Was wäre – außer zusätzlicher Beschäftigungstherapie für zusätzliche Bürokraten – ein Vorteil der Kilometerabgabe gegenüber teurerem Benzin? Wer mehr fährt braucht mehr Sprit und zahlt mehr Steuern. Aber da die Besteuerung von Sprit ohnehin schon hoch ist, braucht der ansonsten so nüchterne Wirtschaftsprofessor offenbar eine neue Etikette um seine Preiserhöhung durchzusetzen. Man nennt das Etikettenschwindel. Neuwirth vermutet: „Vielleicht ist man bei den Grünen zur Überzeugung gelangt, daß man sich derart erwiesenermaßen unpopuläre Forderungen besser sparen sollte.“ (S. 235)

VdB war zehn Jahre, bis 2008, Parteivorsitzender der Grünen. Ganz ohne Etikettenschwindel gab es danach ganz einfach keine Vorschläge mehr für ökologische Steuerreformen.

PD-Amtliches Werk https://de.wikipedia.org/wiki/Autobahnvignette#cite_note-16

Bei der Gelegenheit hab ich nachgeschlagen, seit wann wir in Österreich schon das Autobahnpickerl haben und bin bei Wikipedia auf die Information gestoßen, dass die Vignette seit dem Jahr 1997 jedes Jahr in einer anderen Farbe aufgelegt wird. Ich kann mir vorstellen, dass ein Oldie aus dem Jahr 1997 vollständig beklebt mit allen Jahrgangsvignetten bei einer Auktion einen ziemlich hohen Zuschlag erhalten würde. Ein echtes Sammlerstück! Würde so ein Fahrzeug noch Scheibenwischer benötigen? Wäre es noch zum Verkehr zugelassen?

Ich kann mir auch vorstellen, dass uns die Farben ausgehen und deshalb der Staat die Produktion von Vignetten einstellen muss. Hier der vollständige Überblick über alle Vignettenfarben seit deren Bestehen. Bevor du dich im Detail vertiefst, beantworte eine Quizfrage: In welchem Jahr war die Vignette Türkis?

1997: Rot, 1998: Zitronengelb, 1999: Blau, 2000: Grün, 2001: Orange, 2002: Violett, 2003: Safrangelb, 2004: Rubinrot, 2005: Mintgrün, 2006: Goldgelb, 2007: Türkisblau, 2008: Korallenrot, 2009: Lindgrün, 2010: Flieder, 2011: Mango, 2012: Petrol, 2013: Himbeer, 2014: Limette, 2015: Azur-Blau, 2016: Mandarin-Orange, 2017: Türkis (per Voting), 2018: Kirschrot, 2019: Zitronengelb, 2020: Himmelblau

Siehe auch: Also sprach Van der Bellen

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Tourix

Tourix bewertete diesen Eintrag 02.06.2020 23:53:33

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