10 Gründe, warum Hunde zu Weihnachten besonders gefährdet sind

Pixabay

Da steht ein Christbaum!

Hurra, denkt mancher männliche Hund und hebt sein Bein daran (seins!). Oder Bello findet die grünen Äste ganz toll und will so einen mal eben abmontieren und in sein Körbchen schleppen, um ihn dort genauer zu untersuchen.

Leider hängt am Ast ein Baum. Der kippt. Bestenfalls brennen grad die Kerzen nicht. Schlimmstenfalls freut sich Ihre Haushaltsversicherung nicht.

Am Baum sind Glaskugeln.

Glaskugeln sehen sehr verlockend aus. Bälle sehen doch genauso aus, denkt sich der Hund, das gucke ich mir mal eben an und nehme das eine oder andere Bällchen gleich mit. Beißt hinein, die Kugel zerbricht und er hat das Maul voller Scherben.

Bestenfalls haben Sie eine Notrufnummer für einen am Heiligen Abend diensthabenden Tierarzt bei der Hand. Das bedeutet meist Vollnarkose, im Rachen steckende Splitter, Schmerzen und eine sehr hohe Tierarztrechnung. Mit viel Glück passiert das Malheur tagsüber. Der Nachttarif ist nämlich noch teurer als der normale Feiertagstarif tagsüber. Schlimmstenfalls erreichen Sie überhaupt niemanden. Ich hatte mal durchgehend Notdienst von 24. bis 26. Dezember. Ich kam kaum dazu zu atmen. Das Telefon stand keine fünf Minuten still.

An den Glaskugeln sind Christbaumhaken.

Diese fallen beim Schmücken gerne zu Boden. Hund oder Katze nimmt eine davon beim Spielen zufällig auf und verschluckt sie. Haken duchbohrt den Darm. Not-Op. Schmerzhaft. Teuer. Vermeidbar.

An den Christbaumhaken baumeln Süßigkeiten.

Schokolade ist schon in sehr geringer Dosis für Hunde hochgiftig. Sie erbrechen, bekommen epileptische Anfälle und sterben ganz schnell daran. Sollte Ihr Hund Schokolade gefressen haben (je hochprozentiger der Kakaoanteil, desto giftiger), suchen Sie bitte umgehend einen Tierarzt auf!

Zwischen Haken, Süßigkeiten und Glaskugeln sind Kerzen.

Kerzen verursachen nicht nur Zimmerbrände, wenn der Baum trocken ist oder der Ast mit dem Baum weggezogen wird, sie verursachen auch sehr böse Brandverletzungen, wenn sie mit Hunde-oder Katzenhaaren in Berührung kommen. Dazu reicht schon ein Vorbeigehen des Tieres an den untersten Astreihen, ein Schwanzwedler oder ein sehr buschiges Fell. So schnell können Sie gar nicht schauen, schon steht Ihr Tier lichterloh in Flammen. Meist endet das tödlich. Brandverletzungen gehören zu den schmerzhaftesten Verletzungen überhaupt. Aber es muss gar nicht erst brennen, denn heißes Wachs kann auch tropfen. Tropft es auf die empfindliche Hundenase, tut das höllisch weh. Tropft es auf das Haarkleid, verklebt das Fell und Haarbüschel müssen abgeschnitten werden. Das alles ist ganz leicht vermeidbar, indem man elektrische Kerzen benutzt- im Sinne der Tiere. Gleiches gilt für die beliebten Spritzkerzen, deren weitfliegende Funken ebenfalls ganz leicht das Fell unserer Fellfreunde entflammen können.

Und da gibt es die festlich verpackten Dinge!

Rund um den Christbaum liegen, so man eine nette Familie hat, Päckchen mit Geschenken. Diese sind mit Geschenkbändern gut verschnürt. Geschenkbänder und Papier werden im Laufe der Auspackorgie meist achtlos weggeworfen und liegen dann am Boden herum. Papier reizt besonders Welpen sehr, aber auch erwachsene Hunde packen oft und gerne Dinge aus. Papier und Bänder können dabei abgeschluckt werden, verstopfen den Magen oder verknoten den Darm, indem sie ihn perlschnurartig auffädeln- und verursachen den schon oben erwähnten Darmverschluss.

Auch Torten und Weihnachtskekse finden sich oft herrenlos auf dem Festtagstisch.

Enthalten diese das für Hunde hochgiftige Xylit (besser bekannt als Birkenzucker), brennt der Hut. Xylit ist für Hunde tödlich. Wurde eine Mehlspeise mit Xylit vom Vierbeiner gefressen, muss sofort der Tierarzt aufgesucht werden, der Maßnahmen ergreifen kann. Falls sie rechtzeitig einsetzen, überlebt das Tier.

Da wäre noch die Sache mit dem Braten...

Im Festtagsbraten (Truthahn/Gans/Huhn/Ente) sind Röhrenknochen, die in Rachen und Darm stecken bleiben und den Darm perforieren. Mit tödlichem Ausgang. Frei nach dem Motto "Gibt man dir deinen Braten nicht, so nimm dir selbst das Huhn!" sollte man darauf achten, dass weder Essenreste vom Feste noch der Braten selbst offen herumliegen- Gelegenheit macht bekanntlich Diebe.

Selbst wenn keine Knochen im Braten mitgefressen werden, das scharfe Grillgewürz fördert die baldige Magenentleerung. Das sieht weder festlich noch fein aus, auf dem Wohnzimmerteppich, zwischen strahlenden Kinderaugen, Krippe und Nintendo! Und macht auch dem Hund keine große Freude, da sich die Gastritis meist in eine Enteritis fortsetzt und das Geschehen seinen Lauf nimmt. In Form von heftigem Durchfall. Draussen ist es eiskalt. Und das will doch keiner. Weder Hund noch Herr. Take care!

...und die Sache mit dem Stern.

Als würde das alles noch nicht ausreichen, haben wir an Weihnachten die allseits beliebten, leider giftigen Weihnachsterne im Zimmer stehen. Deren rote Blätter für den Hund (und die Katze) genauso toxisch sind wie die gemeine Tannennadel, wenn sie verschluckt werden.

Was stinkt da so?

Giftige Raumsprays und Duftspender (Stichwort: Aromatherapie!), verstören nicht nur Menschennasen befremdlich und lösen menschliches Asthma (sowie Krebs) aus, sondern stellen ganz besonders hochsensible Hundenasen auf eine harte Probe. Denn ätherische Öle in Kerzen-, Stäbchen,- und Verdampferform sind giftig für Mensch und Tier. Aromatherapie für Hunde ist wohl der gefährlichste Schwachsinn, der im 21. Jahrhundert von diversen Heiltanten verbreitet wird. Hunde leiden deshalb vermehrt an Allergien und Asthma, genau wie wir Menschen, nur weil sie mit diesem toxischen Mist konfrontiert werden. Leider können sie sich nicht dagegen wehren. (Sonst hätten sie längst das Fenster aufgerissen, nach frischer Luft geschnappt und das Zeug aus dem Fenster geworfen.)

Sollten Sie zu der Spezies Mensch gehören, die ihren Hund zu Weihnachten gerne mitbeschenkt, schenken Sie weise. Giftige Kauknochen aus China gehören nicht zu den Dingen, die im Weihnachtspäckchen Ihres Lieblings stecken sollten. Und auch das Hundespielzeug aus dem Fachgeschäft hält nicht immer, was es verspricht (und kostet!)...

Sie sehen also, geschätzte Leserin, werter Leser, Weihnachten mag vielleicht das Fest der Liebe sein. Im Stall zwischen Ochsen, Esel und dem Kind gab es aber weder ätherische Öle von Amazon oder der Kräutermizzi, noch brennende Kerzen. Auch keine scharf gewürzten Truthahnschenkel. Da gab es, der Sage nach, das Jesuskindlein, das eigentlich gefeiert wird. Ganz schlicht und ohne viel Tamtam.

Ohne Stress.

Ohne Kaufrausch.

Ohne Familienstreit.

Und ohne Räucherstäbchenorgie.

Dort hätte sich auch Canis familiaris wohlgefühlt.

Bei uns Wohlstandsverwahrlosten hingegen stellt Weihnachten für Hunde die größte Herausforderung dar. Bestenfalls überleben sie es ohne bleibende Schäden. Bis zu Silvester die nächste Hürde kommt.

Schöne Festtage wünscht herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

www.tierarzt-wien.com

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

bianka.thon

bianka.thon bewertete diesen Eintrag 02.12.2017 23:02:28

Mehr von Tierarzt