marlies m.

Wenn Sie jetzt denken, dass es einfach ist oder gar Spaß macht, Hardcore-Barfer zu bekehren, so muss ich Sie enttäuschen. Weder das eine noch das andere trifft zu. Ich habe bereits in zwei großen Artikeln berichtet, worin die größten Gefahrenquellen beim Barfen bestehen. Interessierte können dies nachlesen unter „Barfen und die Geschichte von der Darmlüge“ und „Barfen und die Geschichte von der Knochenlüge“.

Gegen tödliche Salmonellen und darmverschließende Knochen anzukämpfen, erschien mir geradezu erbaulich gegen das Thema Kräuter.

Kräutermischungen werden den Barfern ans Konsumentenherz gelegt, um Hunde, die rohes Fleisch fressen müssen, „artgerecht und gesund“ zu ernähren.

Gleich der erste Ausflug in die Käuterszene läßt einem als Tierarzt die Haare zu Berge stehen.

Eine Website, über die ich stolpere, teilt mir mit, dass Barfen bei Hunden „… viele Vorteile, beispielsweise den kompletten Verzicht auf synthetische Zusätze, Füllstoffe, Konservierungsmittel und Vormischungen hat“. Dem stimme ich teilweise sogar zu. Im Nachsatz dann aber sofort der gar nicht dezente Hinweis, wo man die eben noch verpönten Vormischungen aus Was-auch-immer plus Welchen-Kräutern-auch-immer gleich online einkaufen könne.

Wenig erstaunlich, dass eine der gefühlten hunderttausend Tierheilkundlerinnen dahinter steckt, die sich auch der “Ausleitung und Entschlackung des Hundedarms" sowie dem Mundgeruch des Hundes annimmt und sogar vor Biofeld Haaranalysen beim Vierbeiner keineswegs zurückschreckt, während sie munter, ich zitiere „aus dem Nähkästchen plaudert“.

Nur zur Erinnerung: der Beruf des Tierheilpraktikers ist in Österreich verboten und fällt unter Kurpfuscherei und Quacksalberei. Und das ist gut so. Leider ist es in Deutschland üblich, all jene, die diesen Beruf in einem Kurs oder gar nicht erlernt haben, an tierischen Patienten herumexperimentieren zu lassen. Mündige deutsche Bürger sind behämmert genug, für viel Geld zuzulassen, dass an ihren Hunden mutwillig fahrlässig gehandelt und Schaden angerichtet wird. Tödliche Injektionen, an falscher Stelle, ohne jegliche Hygienekenntnisse. Fehldiagnosen (wobei man dafür gar nicht das Wort "Diagnose" verwenden dürfte), tödliche oder sehr giftige Mischungen, so sorglos verbreicht, also wär's Natriumchlorid, stehen an der Tagesordnung im Geschäft mit dem Tierleid.

Aber das ist eine andere, sehr traurige Geschichte. Über die man gar nicht oft genug schreiben kann und über die man sich gar nicht ausreichend genug wundern kann.

Aber zurück zu den Kräutermischungen. Hier wiederholt sich das Spiel auf der Internetseite einer Kollegin aus Österreich, die einen Bestseller über Tierfutter geschrieben hat. In dem sie über die Futtermittelindustrie herzieht, dass sich die Balken biegen, wir könnten in der Tat dicke Freunde sein. Wenn, ja wenn es da nicht einen kleinen Haken gäbe. Indem man nämlich im selben Atemzug seine eigene Futterpampe und seinen hauseigenen Kräutershop anpreist, während man die anderen schwarzen Schafe damit anschwärzt, verliert man um ein Hochhaus an Glaubwürdigkeit.

Wenig Erbauliches auch auf den anderen Barf-Baustellen; giftige Kräuter, die in diversen Kräuterlexika und Heilpflanzenbüchern für Hunde zur Genesung oder Heilung eben dieser angeboten werden, als wären es harmlose Gänseblümchen, die man mal eben in den Napf wirft.

Dazu noch der ganze Rest, der in einem Haubenlokal meinetwegen zulässig ist, aber in einem Hundenapf nichts zu suchen hat.

Wofür zum Henker braucht ein Hund Spargel? Spargel wirkt entwässernd, keiner weiß genau, ob Hunde diese schwefelhältigen Substanzen im Spargel wirklich vertragen oder ihre Nieren dadurch kaputt gehen.

Hunde sind die unerforschteste Spezies des 21. Jahrhunderts.

Ich weiß nicht, wie oft ich das schon gesagt habe.

Selbst wenn ein Hund bei der Aufnahme einer angeblich harmlosen oder ungiftigen Substanz keine sichtbaren sofortigen Schäden davonträgt, besteht immer die Möglichkeit, dass dadurch seine inneren Organe schwer geschädigt wurden oder es zu Spätfolgen kommt. Die man dann niemals auf Spargel und Co zurückführen könnte.

Genau wie bei Ätherischen Ölen, die bei Hunden rein gar nichts zu suchen haben und die krank, statt gesund machen!

Ist das denn wirklich so schwer zu begreifen?

Ist es so schwierig, die Finger von dilettantischen Tipps wie diesem zu lassen, der Hunden Buttermilch plus Thymian, Oregano und Majoran als Wurmkur empfiehlt? Wie krank muss man sein, so etwas überhaupt zu empfehlen? Und um wieviel kränker muss man sein, das seinem Hund zu verabreichen?

Schauderhaft, was die armen Tiere alles so in unserer wohlstandsverwahrlosten Zeit aushalten müssen.

Kochbücher für Hunde, die Rezepte mit Zwiebel und Knoblauch beinhalten, wo mittlerweile sogar die Uroma weiß, dass dies Hunde umbringen kann. Nichts da! Und schon wird das Buch gekauft.

Ich habe bereits in meinem Buch "Tipps vom Hundedoktor“ mehr als ausführlich über die furchterregende Szene der Hundegurus und Heiler geschrieben. Ich kann mich hier nicht wiederholen, da das Thema barfen alleine schon Bibliotheken füllen würde, und der Platz dieses Blogs ist begrenzt.

Daher mein einfacher Tipp als Tierarzt, dem Hunde am Herzen liegen: Lassen Sie die Finger von Kräutermischungen aller Art. Hunde brauchen keine Kräuter, um gesund zu bleiben. Gar keine! Sie brauchen bloß Menschen mit gesundem Hausverstand, die erkennen können, dass Hunde keine vierbeinigen Menschen sind. Menschen, die wissen, dass Hunde an Substanzen, die Menschen gefahrlos zu sich nehmen können, sterben oder zumindest sehr schwer krank werden können. Hunde brauchen keinen Kräuterratgeber und keine weitere Barf-Fibel. Sie brauchen auch keine elektrischen Zahnbürsten um ihr Gebiss rein zu halten. Um am Leben zu bleiben in einer Welt, die offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, zwischen gut und böse, wahr und falsch zu unterscheiden, brauchen Hunde normale Hundebesitzer, die ihre Tiere vor Schäden bewahren. Schäden, die Gurus, Tierheilpraktiker oder Tierkommunikatoren anrichten. Oder vor Kräutern, die man dem Barf-Würg beigeben soll. Was tödlich enden kann.

Hunde sterben hingegen nicht, wenn sie Dosenfutter, Trockenfutter oder selbstgekochtes Futter fressen. Der eine verträgt Fertigfutter gut, der andere eben nicht. Das passende Futter zu finden ist nicht so schwer.

Lassen Sie einfach alle Kräuter weg und Ihr Hund bleibt gesund und munter. Lassen Sie auch Knochen, Gammelfleisch und Fellteile weg, hat der Hund sehr gute Chancen, steinalt zu werden!

Hunde sterben aber nicht nur an dubiosen Kräutermischungen, sie sterben auch an Nüssen, die der Barfer gerne handvoll zugibt. Wenn Hunde Erdnüsse fressen, können dadurch epileptische Anfälle ausgelöst werden. Das Zürcher Institut fur Veterinärpharmakologie und Toxikologie führt den Fall eines neunjährigen Schnauzers auf, der nach dem Verzehr einer unbekannten Menge Erdnüsse am selben Tag Erbrechen, Durchfall, Hautrötung, Quaddeln mit Juckreiz und rote Augen zeigte.

In unreifen Walnüssen befindet sich ein strychninähnliches Gift auf der grünen Schale, welches für Hunde tödlich ist.

Das Animal Poison Control Centers in Illinois/USA bestätigt, dass „vier Macadamianüsse einen 15 kg schweren Hund vergiften und es zu Problemen beim Laufen und Leberschäden kommt.“

Was aber Barfer niemals abschreckt, Nüsse in den blutigen Hundemampf zu werfen, gerne auch reichlich. Sie wissen schon, die wertvollen Vitamine! Im Übrigen sei an dieser Stelle noch kurz erwähnt, dass sich auch Menschen (vor allem Kleinkinder) mit Würmern durch den Verzehr von rohem und halbrohem Fleisch anstecken können, nicht nur Hunde. In Zeiten von Gammelkotelettes am Griller wäre ich mir da nicht so sicher, ob das Fleisch für Menschen tatsächlich so "kontrolliert" ist, wie es gerne vorgegeben wird. Und da rede ich noch gar nicht von der Fleischqualität für's Hundebarf...

Ich werde mir jetzt ganz sicher nicht die Mühe machen, zu all diesen Aussagen einen Link und eine Studie zu suchen und hier einzustellen.

Wollen Sie wissen, warum nicht? Ich bin Tierarzt. Und wenn man einem Tierarzt nicht glaubt ohne Beweise, dann ist ohnehin Hopfen und Malz verloren.

Und wenn dem tatsächlich so wäre, liebe Leserin, geschätzter Leser, hoffe ich, dass Ihre nächste Rechnung beim Heilpraktiker oder Wunderguru eine saftige wird. Denn wenn Ihr Hund schon leiden muss oder sogar daran stirbt, obwohl Sie es jetzt verhindern könnten, dann sollen Sie so teuer wie möglich dafür bezahlen. Und sei es nur eine horrende Summe beim nächstbesten Tierkommunikator, der dann mit der Seele des daran verstorbenen Tieres (für ein paar hundert Euro) darüber plaudert, welche der giftigen Kräuterzusätze den Hund ins Grab gebracht haben.

Während er sich nebenbei ins Fäustchen lacht auf der Yacht.

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

https://tierarztwolfblog.wordpress.com/

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