Warum wir das Wort „Diät“ aus unserem Sprachschatz streichen sollten

Wenn die Supermärkte ihre Regale mit Schokohasen-Armeen aufrüsten, der nervige schuhabsatzvernichtende Rollsplit endlich von der Straße gekehrt wird und sich die Augenränder der Pollen-Allergiker langsam rot färben, dann wissen wir: Der Lenz naht.

Und wie jedes Jahr werden die Trafiken wieder mit Boulevard-Blättern überflutet, die in großen Lettern die neue Eiweiß-Krautsuppen-Blitzdiät oder ähnliches bewerben und suggerieren, jeder könne in drei Wochen aussehen wie ein Calzedonia-Model (das aber nicht mehr photogeshoppt werden muss).

Mit Kopfschütteln stehe ich dann vor dem Regal und frage mich: Warum wurde diesem Irrsinn nicht schon längst ein Riegel vorgeschoben?

Im Grunde gibt es nämlich nichts Blöderes als eine Diät. Wer nur über einen beschränkten Zeitraum, aber dafür abrupt weniger Kalorien zu sich nimmt und dann seine gewohnte Lebensweise wieder aufnimmt, erlebt eine böse Überraschung: Den so genannten Jo-Jo-Effekt.

Bei einer kontrollierten Mangelernährung – sprich Diät ­– gewinnt der Körper aus dem Fettgewebe, jedoch auch den Muskeln die nötige Energie. Wird Muskelgewebe abgebaut, so sinkt auch der Grundenergieumsatz des Körpers, also die Energie, die wir auch bei absoluter Untätigkeit verbrauchen. Nach Beendigung einer Diät setzt sich das Fett deshalb umso schneller an, da der Körper plötzlich viel mehr Energie zur Verfügung hat, als er braucht.

Dieser fiese Mechanismus ist längst bekannt. Langfristiges Abnehmen gelingt nur durch eine dauerhafte Änderung des Lebensstils – so einfach ist das. Trotz besseren Wissens stürzt sich aber jeden Frühling eine Horde an Menschen wie die Lemminge in eine Blitzdiät. Der psychologische Aspekt für dieses Verhalten ist Einleuchtend: Denn wenn einmal der Blick in den Spiegel nicht mehr zu ertragen ist, muss es gefälligst schnell gehen. Doch die überambitionierten Pläne wie tägliche Pilates-Workouts und Nur-noch-Smoothies-nach-achtzehn-Uhr Vorsätze können in der Regel nicht einmal für ein paar Wochen eingehalten werden.

Eine an Adipositas erkrankte Frau, die vor ihrer Magenband-Operation einmal 150 Kilo auf die Waage brachte, erklärte mir einmal in einem Interview: „Nur durch die Diäten bin ich fett geworden.“ Nach demütigenden Anlässen, weil sie etwa der Sessel im Kaffeehaus nicht mehr tragen konnte, hungerte sie sich qualvoll ab und verlor schnell dutzende Kilos. Nur um wenige Wochen später mehr als das doppelte wieder auf den Rippen zu haben.

Solche Geschichten sind nicht nur traurig, sondern sollten uns zu denken geben: Denn laut einer aktuellen Umfrage haben bereits fünfzig Prozent der elf- bis 13-jährigen Mädchen in Westeuropa Diäterfahrungen hinter sich.

Ich plädiere schon lange für eine ordentliche Ernährungslehre in der Schule. Und auch die tägliche Turnstunde wäre so wichtig – denn tatsächlich ist Bewegung der Knackpunkt beim Abnehmen. Wer mehr Muskeln aufbaut, der steigert auch seinen Grundumsatz – und verbrennt generell mehr.

Aus diesem Grund werde ich mich jetzt ins Fitness-Studio begeben – denn auch ich habe noch immer Hoffnung, eines Tages von einem Calzedonia-Plakat lächeln zu dürfen.

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