Wie eine vernünftige Mindestsicherung aussehen würde

Sehr wahrscheinlich kommt eine Kürzung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) auf Österreich zu. Diese wird zulasten insbesondere der um Integration bemühten Flüchtlinge gehen, denen dadurch die Integration erschwert werden wird (kein Geld für Nachhilfe für die Kinder bis zur Verunmöglichung der Teilhabe an sozialem Leben - denn auch das kostet in der Regel etwas). Die aktuell bestehende Regelung ist allerdings auch nicht besonders gut gelungen. Es ginge besser.

Grundversorgung plus Zuschläge

Wesentlich sinnvoller als das derzeitige und auch das diskutierte Modell wäre eine Regelung, die zuallererst klar unterscheidet zwischen den verschiedenen Gruppen an Beziehern:

- Leute, die man in den Arbeitsmarkt integrieren kann, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen werden

- Leute, bei denen das nicht der Fall ist (Alter, Krankheit ...).

Folgendes bezieht sich nur auf die erste Gruppe. Die zweite Gruppe sollte eigentlich nicht im Rahmen der BMS auf Unterstützung angewiesen sein. Beispiel: Invalide mit der BMS zu belästigen, nur weil man absurderweise vor Jahren beschlossen hat, dass es keine jungen Invalidenpensionisten geben kann, ist absurd. Hier bedarf es entsprechender Änderungen bzgl. der Invalidenpension. Denn natürlich kann einer mit 38 für immer berufsunfähig sein (z.B. hochgradig psychisch krank). Es ist falsch solche Menschen in die BMS-Schiene zu drängen.

Mit der ersten Gruppe sind erfasst: Langzeitarbeitslose in arbeitsfähigem Alter, die die derzeitigen Voraussetzungen für den Bezug der BMS erfüllen, egal ob In- oder Ausländer. Sowie anerkannte Flüchtlinge. Sowie die Kinder aller Bezieher.

Ich finde es richtig, dass diese Menschen die BMS erhalten. Österreich kann kein Interesse haben an Ghettos, die unsicher sind, weil dort Verarmte ums Überleben kämpfen, u.a. auch illegal.

Ich finde es aber falsch, dass ab einer bestimmten Bezugsdauer, z.B. 1 Jahr oder 6 Monate, nicht berücksichtigt wird, ob der Bezieher sich bemüht, (wieder) rauszukommen.

Bildung soll sich auszahlen

Sinnvoll wäre: 6-12 Monate normaler Bezug UND Gutscheine für zertifizierte Bildungs- und Sportkurse. Danach Umstellung auf einen niedrigeren Bezug, der aber durch dokumentierte erfolgreiche Anstrengungen von Seiten des Beziehers auf das ursprüngliche Niveau und eventuell sogar darüber hinaus gesteigert werden kann.

Beispiel: Familie mit 2 Kindern in Pflichtschulalter (anerkannte Flüchtlinge):

1711 € für 6 Monate (Vorlaufzeit, in der bereits mit dem Besuch verschiedener Kurse begonnen werden sollte), danach Senkung auf z.B. 1211 € Grundbezug, aber mit Zuschlägen für dokumentierte Leistungen wie z.B.: Teilnahme an Nachhilfe-Kursen, Schulerfolge (Kinder), Sportkurse* (Kinder), Sprachkurse (Kinder und Eltern), Aus- und Fortbildung (Eltern). Alles durch positiven Abschluss dokumentiert (blöd Kurse Absitzen reicht nicht).

So macht man nämlich Bildung attraktiv für alle Bezieher, egal welcher Herkunft. Da wird auch der hinterletzte Lernmuffel plötzlich Bildungsfreund. Denn klar ist: Wer sich auf stur stellt, nicht regelmäßig Sprach- und andere Bildungskurse erfolgreich absolviert, für den wird's ungemütlich mit einem niedrigen BMS-Bezug. Bildung wird so zur Rettung aus dem Elend.

Wenn erstmal der erfolgreiche Deutschtest darüber entscheidet, wie viel man sich leisten kann, dann läuft plötzlich nicht mehr rund um die Uhr SAT-TV aus fernen Ländern, sondern deutschsprachiges TV. Und auch der alteingesessene BMS-Bezieher würde vielleicht mal Vernünftigeres mit seiner Zeit anstellen, als tagein, tagaus seine bildungsfernen Phantasien auf Facebook und Co rauszurülpsen. Sich z.B. auf den Buchhaltungstest vorbereiten, dessen Ergebnis darüber entscheidet, wie viel er sich die nächsten Monate leisten kann.

Und danach geht es weiter mit dem nächsten Kurs.

Bei der Regelung, die es derzeit gibt, ist dem nicht so: Da sitzt man vielleicht einmal im Jahr einen Kurs ab, und es ist egal, ob der erfolgreich besucht wird. Auch wird nicht berücksichtigt, ob man die Kinder unterstützt.

Auch die Regelung, die jetzt droht, ist suboptimal: Da können sich Flüchtlinge noch so anstrengen, sie werden genauso abgestraft, wie die, die sich nicht anstrengen. Und das erschwert die weitere Anstrengung (z.B. Nachhilfe, Lernmaterial).

Ich finde, es sollte einen Unterschied machen, ob man die Kinder den ganzen Tag vor RTL-Trash-TV oder Erdogan-TV setzt oder sie in die Nachhilfe begleitet, beim Lernen unterstützt und sie in den Schwimmkurs schickt.

Wie ich auf das Thema überhaupt komme? In meinem Haus wohnen Flüchtlinge (schon länger als 2015) und die Kinder sind extrem wohlerzogen und in der Schule gut unterwegs. Die Eltern bemühen sich um Arbeit, aber viel mehr als unregelmäßig Aushilfsjobs gibt es nicht. Sie strengen sich aber sehr an, dass aus den Kindern was wird. Diese Familie hat es nicht verdient, dass man sie straft. Im Gegenteil: man sollte ihre Bildungsbemühungen belohnen und dadurch weiter unterstützen.

Das Problem sind die, die durch penetrante Bildungsverweigerung deutlich machen, dass sie auf ein Leben in der BMS setzen, obwohl es Besseres gäbe, würden sie sich nur der Bildung öffnen und dbzgl. anstrengen. Nicht meine Nachbarn.

***

* Warum Sportkurse? Erstens weil Fettleibigkeit ein Problem ist unter Kindern - immer mehr, und zwar vor allem in "bildungsfernen Milieus". Zweitens weil die Frage, ob die Tochter Schwimmen lernen darf, sofort erledigt ist, wenn die niedrigere BMS dadurch plötzlich ein bissl höher ausfällt. Und wenn die Tochter dann begeisterte Schwimmerin wird, wird die reaktionäre Mär, das gehöre sich nicht, auch nicht über Generationen weitergetragen.

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