Österreichs Schattenregierung: Der Club der alten Männer

Als gelernte Österreicher wissen wir, dass die wahre Staatsmacht nicht vom Parlament in Wien ausgeht, sondern von den Landeshauptstädten. Nicht Bundeskanzler, Vize-Kanzler und Minister bestimmen maßgeblich die Geschicke Österreichs, sondern die Landeshauptmänner. Auf der Regierungsbank sitzen lediglich die Erfüllungsgehilfen der Landeshauptleutekonferenz. Zumindest hat man als gelernter Österreicher immer wieder aufs Neue diesen Eindruck.

Mehrheitsfähig werden die Landeshauptmänner auch durch ihren „Koalitionspartner“ – die Sozialpartner. Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer regieren kräftig mit. Je nach Präferenzen und Parteidünken mal miteinander oder gegeneinander. Wie in einer großen Koalition eben.

Eines haben die Sozialpartner der Landeshauptleutekonferenz aber voraus. Auf Betreiben der Sozialpartner wurden sie von ihren Erfüllungsgehilfen im Parlament erfolgreich in den Verfassungsrang erhoben. Im Gegensatz dazu ist die Landeshauptleutekonferenz ein rein informeller Männerbund – was seinen Einflussbereich aber in keiner Weise schmälert.

Gendern erübrigt sich übrigens. Alle Landesfürsten sind Männer, alle Spitzen der Sozialpartner ebenso. So viel zur gebetsmühlenartig wiederholten Forderung einer verpflichtenden Frauenquote in Führungsetagen. Wenn es um das Ausüben der Staatsmacht geht, bleiben die Herren der Schöpfung doch lieber unter sich.

Noch etwas fällt auf. Die Landeshauptmänner und Spitzen der Sozialpartner sind durchschnittlich fast 63 Jahre alt. Die meisten Österreicherinnen und Österreicher genießen in diesem Alter schon den wohlverdienten Ruhestand. Das Küken in der Runde ist der Landeshauptmann von Vorarlberg mit jungen 49 Jahren. Der Methusalem, der am kommenden 24. Dezember seinen 70. Geburtstag feiert, jener von Niederösterreich. Wahrlich ein Club der alten Männer.

Ihre Macht erhalten und Fördermilliarden verteilen können diese altgedienten Parteipolitiker seit Jahrzehnten perfekt. Daran besteht kein Zweifel. Auch notwendige Veränderungen blockieren können sie ausgezeichnet. Wie zum Beispiel bei der Transparenzdatenbank. Oder wie zuletzt wieder trefflich bewiesen bei der „Reform“ der Gewerbeordnung. Transparenz und Veränderungen scheinen die Herren zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Ist diese Altherren-Runde wirklich in der Lage, in ebenso schwierigen wie modernen Zeiten die soziale Sicherheit und das volkswirtschaftliche Vorankommen Österreichs im globalen Wettbewerb zu sichern? Sind diese machtbewussten Herren die Richtigen, um althergebrachte Strukturen zum Wohl der österreichischen Bevölkerung aufzubrechen? Können Beinahe-Pensionisten die Zukunft unseres Landes sichern?

Bei mir kommen da Zweifel auf. Ich fürchte, der „New Deal“ wird zum „More of the Same“ verkommen.

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