Der vermutlich größte Streitpunkt der zwischen politischen Realisten von politischen Idealisten steht, ist der Wert des Menschen.

Es gibt hierbei drei große Schulen.

Die Erste deklariert dass jeder gleich viel Wert ist. Üblicherweise wird diese Idee um den Faktor Geld erweitert und deklariert dass das Leben eines Menschen keinen Preis habe und dieser Wert eines Menschen daher größer ist als alle Geldscheine zusammen.

Als zweites finden wir die Idee dass der Wert eines Menschen davon abhängig „was er ist“. (ie: Identitätspolitik) Jemand der an gewisse Dinge glaubt, für gewisse Dinge eintritt oder Mitglied von irgendetwas sei, wäre mehr wert als andere. So ist der Ungläubige weniger wert als der Gläubige, der Einwohner von Aland mehr wert als der Einwohner von Bland und so weiter und so fort. Hier findet sich dann auch eine Verbindung mit der ersten Kategorie, denn viele Menschen die meinen dass <alle Menschen gleich viel wert seien> sehen Menschen die nicht dieser Meinung sind als weniger wertvoll oder schützenswert an. Manche fordern sogar ihre Unterdrückung oder gar Vernichtung.

Was in sich natürlich ironisch ist.

Zu guter Letzt existiert die Denkschule die deklariert dass unser Wert daraus resultiert „was wir tun“. Wenn man blutend am Straßenrand liegt dann braucht man einen Arzt oder Sanitäter, aber keinen Anwalt. Ist man eines Verbrechens angeklagt das man nicht begangen hat ist aber der Anwalt plötzlich nützlicher als der Arzt. Wir brauchen also in unterschiedlichen Situationen Menschen die unterschiedliche Dinge tun.

Nicht <tun können>, wohlgemerkt.

Es zählt nur was sie tun, getan haben und eventuell auch was sie tun werden.

Rechnet man dann über das ganze Leben auf welche Menschen man öfter braucht ergibt sich eine Hierarchie basierend auf Nutzen/Nützlichkeit. Ganz oben stehen die Leute die man ständig braucht und ganz unten stehen Leute auf die man nicht nur verzichten könnte sondern auch jene deren fehlen die Situation besser machen würde. Ein Raubmordvergewaltiger ist in dieser Weltsicht eben nicht gleich viel Wert wie ein Kinderarzt und dabei ist es auch unerheblich was er wählt, wie er aussieht oder welchem Fetisch er im Schlafzimmer nachgeht.

Diese drei Schulen existieren nebeneinander und sprechen unterschiedliche Menschen an. Es ist nicht sonderlich verwunderlich dass der Raubmörder eher zu der ersten oder zweiten Interpretation neigt und der Bauer eher zur dritten.

Wie wir die Welt sehen ist zu einem nicht unwesentlichen Teil eine Reflektion wie wir uns sehen und je weniger Wert wir in uns selber sehen, desto stärker klammern wir uns an die Wahnvorstellung das wir trotzdem wir nichts tun, nichts leisten, nichts erwirtschaften und nur wertvollen Sauerstoff vor dem Fernseher verbrennen, wir dennoch genauso viel wert wären wie der Chirurg der heute bereits das vierte Leben gerettet hat. Dieser Wahn ist verständlich aber es bleibt eben ein Wahn, eine völlig verdrehte Sicht auf die Welt.

Es gilt festzuhalten dass in jeder Denkschule ein toleranter als auch ein intoleranter Flügel existiert. Es gibt genügend Religionen die Ungläubige zwar als weniger wertvoll erachten aber die meisten haben kein Problem sie in Ruhe zu lassen. Andere hingegen möchten "die Anderen" alle umbringen. Das gleiche findet sich auch in der Idee des Wertes. Ideologien die etwa den Staat benutzen möchten um die „Nützlichen“ zu fördern und die „Nutzlosen“ verschwinden zu lassen stehen der Alternative, einfach die Natur entschieden zu lassen und nicht einzugreifen, hochgradig feindlich gegenüber.

Ich für, meinen Teil, sehe einen Berufsathleten als recht nutzlos an, akzeptiere aber dass das andere nicht so sehen und akzeptiere dass sie mehr Geld verdienen als ein Sanitäter. Das schlägt sich zwar mit meinem Gefühl von Gerechtigkeit, ich sehe aber keinen Grund einzugreifen.

Und genau hier ist verläuft die Front, zwischen der Ansicht dass die Welt wie sie ist in Ordnung ist und keine Anstrengungen unternommen werden müssen um sie „besser“ zu machen und der Ansicht dass die Welt wie sie ist fehlerhaft ist und man mittels Masterplan zu einem Utopia gelangen könnte und es die Pflicht aller ist an diesem Masterplan zu arbeiten.

Die drei Denkschulen stehen sich daher nicht wirklich feindlich gegenüber, die Wahre Feindlichkeit herrscht eher zwischen den Autoritären und den Liberalen aller Schulen.

Ist dieser Gegensatz überbrückbar? Kann ein Mittelweg gefunden werden? Vermutlich nicht. Es bleibt aber zu hoffen dass ein friedliche(re)s Nebeneinander wieder möglich wird.

die zeit zeit.de

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