Die Welt ist voller haarsträubender Meinungen und Ansichten und es ist verlockend zu postulieren, dass man alle „falschen Ansichten“ verbieten sollte. Case and Point: die Inquisition der katholischen Kirche machte sich ab dem 12. Jahrhundert daran Fakenews in Europa auszurotten, zum Wohle der Menschen natürlich.

Die Inquisition stützte sich hier auf ein Buch in dem die absolute Wahrheit stand und auf die Meinung hochgebildeter Personen und genoss weitreichende Unterstützung der amtierenden Regierungen die sie dazu ermächtigten zu tun was sie taten.

Man fühlte sich dabei natürlich auch sehr fortschrittlich.

Heute sehen wir diese Zeit als recht kritisch, vorwiegend weil wir heute in unserer Zeit viele der damals unumstößlichen Wahrheiten eben umgestoßen haben. Die Verteidiger der Wahrheit von damals sehen wir heute eher als Unterdrücker der Wahrheit an.

Im Grunde ist die Sache recht simpel: Meinungen und Weltbilder ändern sich und die Faktenlage hat dabei in Wirklichkeit eine eher untergeordnete Rolle, meistens weil die messbaren Fakten für das tägliche Leben nicht wichtig sind.

Für jemanden der glaubt das die Welt eine flache Scheibe ist, ändert sich kaum etwas ob er nun diesen Stuss als „wahr“ akzeptiert oder aber dem wissenschaftlichen Konsens folgt. Die wirklich wichtigen Dinge in seinem Leben ändern sich nicht. Vorausgesetzt er ist kein Landvermesser, Raketenwissenschaftler, Feuerleitoffizier usw, denn für die macht es eben sehr wohl einen Unterschied.

Und das ist die Krux an der Sache: Die meisten Fakten beeinflussen unser Leben nicht und es ist daher egal ob wir falsch liegen. Es ändert sich nichts am Universum, wenn wir glauben, dass schwarze Löcher Sterne mit Stromausfall sind. Selbst wenn wir alle diesen Unsinn als unumstößliche Wahrheit akzeptieren ändert sich für 99,9999% der Menschen auf der Welt absolut gar nichts. Genauso ändert sich nichts, wenn unsere Meinung sich mit der Faktenlage deckt.

Fakten sind also oft nicht wirklich wichtig, insofern als dass es für den Einzelnen, genau wie seine Umgebung, im Wesentlichen völlig egal ist ob er falsch liegt oder nicht. Dort wo es nicht egal ist erledigt die Evolution (in der Form des Marktes) das Problem: der Flatearth Landvermesser kommt zu falschen Ergebnissen, bekommt keine Aufträge und wird Pflegekraft, wo seine Weltsicht sich nicht mehr negativ auf seine Arbeitsleistung auswirken kann und entsprechend bessere Leistungen vollbringen wird.

Sprich nur dort wo wir, aufgrund falscher Ansichten, auf die Nase fallen können haben wir eine Chance zu erkennen wie falsch wir liegen und werden das erkennen, weil sich <falsch liegen> in minderer Qualität und weniger Nachfrage manifestiert.

Und hier kommt das Problem der Machtkonzentration ins Spiel: je weniger Einfluss wir haben, desto ignoranter und dümmer können wir sein. Jemand der aber sehr viel Macht hat und entsprechend viel Einfluss kann erhebliche Schäden anrichten, wenn seine Weltsicht mit den messbaren Fakten nicht übereinstimmt.

Der extreme Einfluss des Biologen Trofim Lysenko auf das Sowjetregime etwa führte zu Missernten, Hungersnöten und Millionen von Toten, schlicht weil seine Weltsicht eben besser mit der Ideologie als mit der Natur zusammenpasste.

Ermächtigt durch eine Regierung die das recht sexy fand wurde aus schlichter ideologischer Verblendung, die keinen Schaden verursacht hätte, Leichenberge.

Um es provokanter auszudrücken: die Wahrheit muss man nicht subventionieren. Unterstützung braucht eher Aberglaube und nutzloser Mist.

Fakten werden also dort wichtig wo Macht im Spiel ist und aufmerksamen Menschen wird bereits aufgefallen sein, dass die Politik noch nie in der Geschichte viel mit Fakten am Hut hatte. Politik war schon immer ein Beliebtheitswettbewerb und den gewinnen die Hübschen und Eloquenten, nicht die Menschen die sich an die unbequemen Fakten halten.

Recht zu haben bringt einem im Idealfall Respekt aber beliebt macht man sich damit nie. Wer beliebt sein will sagt Menschen was sie hören wollen.

Die Lösung ist damit im Grunde recht einfach zu sehen: Reduktion zentralisierter Macht, denn obgleich das Volk in so vielen Dingen falsch liegt, hat das weniger Schadpotential als die Macht in den Händen weniger Menschen die noch immer einen Haufen Stuss glauben.

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