An der Eliteuniversität Columbia in New York wurde der Wettkampf des Ringer-Teams am Wochenende abgesagt, nachdem bekannt wurde, dass Teammitglieder verletzende Nachrichten ausgetauscht, sich über Vergewaltigungen lustig, rassistische Bemerkungen über Afro-Amerikaner und verächtliche über Frauen gemacht haben. Nach Veröffentlichung der Entscheidung sagte ein Student laut dem TV-Sender NY1: „Ich denke es ist verstörend und ekelhaft, dass das jetzt das Normale ist.“

Nun gut, stellen wir uns um: Intoleranz, Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Verhöhnung von Menschen mit Behinderung, Frauenfeindlichkeit, Hass, Sexismus, weißes Herrenmenschentum, Extremismus, Xenophobie, Hinterhältigkeit, Heuchelei, Lügen und Aufforderung zu Gewalt waren alle Bestandteil des Wahlkampfs von Donald Trump. Er war erfolgreich.

Das heißt nichts anderes, als: Diese Begriffe sind jetzt Mainstream also; die Geisteshaltung, die sie beschreiben wurden mit der Wahl Trumps zum US-Präsidenten gesellschaftsfähig; Intoleranz etc. sind der neue Mainstream. Das bedeutet, wir haben eine neue gesellschaftspolitisch vorherrschende Richtung. Das bedeutet nicht, dass sich alle Trump-Wähler von diesen niedrigen Instinkten leiten ließen. Die meisten von ihnen werden ganz andere Motive gehabt haben, gerechtfertigte aus ihrer Lebenssituation heraus sogar. Es heißt aber, dass diese Geisteshaltungen mit dem Ergebnis vom 8. November legitimiert worden sind; dass sich – wie die Ereignisse seither bewiesen – etliche Gruppen ermächtig und berechtigt fühlen, so zu reden und zu handeln. Auch das haben Viktor Orban, Marie Le Pen, Heinz Christian Strache bejubelt.

Da werden sich alle, die bisher mit dem politisch Unkorrekten auffallen und populär werden konnten, aber schwer tun. Denn im neuen Mainstream wird daraus ja das politisch Korrekte. Das muss so sein, denn Steve Bannon, Chef der extrem rechten Website „Breitbart“, wird Chefberater und erster Stratege in Trumps Weißen Haus. Bannon ist bisher vor allem für seinen Antisemitismus und seine Frauenfeindlichkeit bekannt geworden. Jetzt ist er im Mainstream angekommen.

Nun gut, stellen wir uns also um: Vor diesem Hintergrund ist es daher ein Gebot der Stunde, ja geradezu eine Verpflichtung, ab sofort das neue Unkorrekte zu vertreten: Toleranz, Mitgefühl, Anstand, Feminismus, Höflichkeit, Ehrlichkeit, Akzeptanz von Ausländern, Antidiskriminierung, Integration, Gleichberechtigung etc.

Wenn das jetzt das neue politisch Unkorrekte ist, dann soll es so sein. Ich werde mich nie rechtfertigen, für Toleranz etc. ein- und gegen Hass aufzutreten, auch wenn der neue Mainstream jetzt das Unterste nach oben schwemmt. Nie wieder wird mir jemand verächtlich vorwerfen können, „links“ zu sein. Abseits des neuen Mainstream ist nichts mehr links, sondern nur richtig.

In den letzten Jahren war das nicht immer leicht, weil sich die Gegner der politischen Korrektheit, die mit Provokationen ihre fünf Minuten Ruhm erreichten, immer als Opfer dargestellt haben – auch als Opfer der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Damit haben sie alle anderen immer irgendwie in die Defensive gedrängt. Damit ist jetzt Schluss. Jetzt endlich dürfen sie in aller Grobheit sagen, was sie immer schon gedacht haben. Jetzt müssen sie die Meinungsfreiheit der anderen gelten lassen. Fraglich ist auch, ob sie das überhaupt wollen. Man wird sie beim Wort nehmen müssen.

Die Zeichen stehen allerdings auf Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Ezra Klein, vormals „Newsweek“, veröffentlichte am Dienstag auf der Onlineplattform „Vox“ einen Brief, den er am Montag erhalten hat, nicht einmal eine Woche nach der Wahl Donald Trumps. Der Inhalt ist erschreckend: http://www.vox.com/polyarchy/2016/11/15/13637936/anti-semitic-propaganda

Mit einer ungeheuren Arroganz haben die Kritiker das Politisch Korrekte bisher verächtlich gemacht und wähnten sich im Besitz der Wahrheit. Wenn ihre Wahrheit bedeutet, dass jemand wie Donald Trump zum mächtigsten Mann aufsteigen kann, dann muss sich niemand mehr für die Gegenposition rechtfertigen.

Shutterstock, Urheberrecht: argus

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