Wochenrückblick - Postfaktisch, Hofer und Fußball-Klassiker

Werte Leserinnen und Leser,

#GewinnerDerWoche

Herzliche Gratulation meinerseits geht an das Wort „postfaktisch“. Es hat nämlich den Wettbewerb des „Wort des Jahres 2016“ gewonnen. Dabei wäre es eher mein Favorit auf das „Unwort des Jahres“ gewesen. Ich weiß nicht wie es Ihnen dabei geht, aber für mich ist „postfaktisch“ kein positiv besetzter Begriff, beschreibt er doch im Zusammenhang des „postfaktischen Zeitalters“ all die Phänomene, die es aktuell so schwierig machen, eine vernünftige Debatte über die wichtigen Themen Rechtspopulismus, Migration, Flüchtlinge und Integration zu führen. Viele sind mittlerweile davon überzeugt, dass es hier und heute im postfaktischen Zeitalter nicht mehr darum geht, welche Fakten wahr sind, sondern welche Fakten, von wem für wahr gehalten werden. Post-Faktisch - nach den Fakten sozusagen - die Tatsachen scheinen in einer Zeit der Filterblasen, Lügenpresse und Hasskommentaren in den sozialen Netzwerken überholt und veraltet. In einem Jahr, in dem ein rassistischer und sexistischer Milliardär mit Unmengen an Lügen und Unwahrheiten die Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewann, das Wort „postfaktisch“ zum Wort des Jahres zu küren halte ich für doch sehr dreist und zynisch. Nach wie vor wird diese gefährliche Entwicklung, die anhand der Wahlergebnisse in den USA und Österreich deutlich wird, hin zu gespaltenen Gesellschaften, in meinen Augen unterschätzt. Beide Seiten, sowohl die Linke als auch die Rechte, oder nennen wir es - weg von diesen alten Begrifflichkeiten - präziser und moderner die Eliten und die Wutbürger, die Globalisierungsgewinner und –verlierer müssen raus aus ihren Filterblasen, in denen sie nur immer wieder unbeachtet der Fakten – postfaktisch eben - ihre eigenen Meinungen bestätigt bekommen, und sich zusammensetzen, um auf Basis der Tatsachen und Fakten die Probleme zu diskutieren und Lösungen dafür zu entwickeln. Nur so hat das Europa, wie wir es heute kennen, eine Zukunft.

#VerliererDerWoche

ist ungeachtet des Ausgangs des TV-Duells auf Puls4, den ich jetzt, wenn ich das schreibe, noch nicht kenne, der Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer. Die Zeitung „Der Falter“ analysierte in fünf hochinteressanten Videos passend zur aktuellen Titelgeschichte der Zeitung die Rhetorik Tricks des FPÖ-Kandidaten. Knallhart wird anhand von Beispielen aus früheren TV-Duellen gezeigt, wie Hofer beispielsweise immer, wenn er in Bedrängnis gerät, einen persönlichen Angriff gegen den Debattengegner startet. Mein persönlicher Favorit stammt aus der Konfrontation mit Hundstorfer, der ihn auf seine Burschenschaft ansprach. Hofer konterte: „Herr Hundstorfer, Sie sind so verzweifelt heute. Vor ein paar Wochen habe ich Sie noch gesehen, da waren Sie ein glücklicher Mensch.“ Aber nicht nur das, sondern auch vieles mehr, wird in diesen Videos offengelegt und deutlicher denn je. Es zeigt einerseits wie rhetorisch versiert Norbert Hofer ist, andererseits offenbart es auch, welcher unsauberer Mittel er sich auf dem Weg zum höchsten Amt des Staates bedient. Schade nur, dass die meisten, die diese Videos auf Facebook in ihrer oben zitierten „Filterblase“ entdecken werden, ohnehin pro Van der Bellen gestimmt sind.

Unbedingt ansehen, wer es noch nicht gemacht hat:

https://cms.falter.at/falter/2016/11/15/hinter-der-maske/

#Denkanstoß

Heute ganz kurz gehalten, ein interessanter Artikel aus der Havard Business Review über die Motive der Trump-Wählerschaft.

https://hbr.org/2016/11/what-so-many-people-dont-get-about-the-u-s-working-class

#TippsDerWoche

Viele Harry Potter Fans mögen schon sehnsüchtig darauf gewartet haben, nun ist der Harry Potter Spin-Off Film mit dem etwas sperrigen Titel „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ endlich in den Kinos. Ich hatte mir eigentlich Wohlfühlkino erwartet, das hauptsächlich dazu dienen soll, eine neue Generation an Kindern in das Harry Potter Universum einzuführen und sie als Konsumenten für Merchandising Artikel zu gewinnen, und ging mit dementsprechend wenig Erwartung ins Kino. Abgesehen davon, dass der Film natürlich bei weitem nicht an Harry Potter heranreicht – aber was kann dem schon das Wasser reichen? – ist „Phantastische Tierwesen usw.“ deutlich mehr als nur fröhliches Kinderkino mit vielen bunten magischen Wesen. Auch erwachsenere Zuseher kommen auf ihre Kosten, da der Film einerseits für einige Lacher im Kinosaal sorgt und andererseits – für mich überraschend – teilweise sogar an die späteren Harry Potter Teile erinnert, die ja wesentlich düsterer und gruseliger waren. So gesehen ist die Altersfreigabe ab 6 Jahren sogar ein bisschen knapp bemessen und der Film eine Empfehlung für alle, die der magischen Welt von J.K. Rowling etwas abgewinnen können.

#Turnstunde

Es war das Wochenende der großen Schlager im deutschsprachigen Fußball. Borussia Dortmund empfing zuhause den FC Bayern und Red Bull Salzburg traf auf Rapid Wien. Wir erlebten zwei konträre Partien. Während Dortmund als vermeintlicher Außenseiter gegen die in den letzten Jahren so souveränen Bayern mit taktischer Disziplin und vollstem Einsatz einen 1-0 Sieg einfahren konnte, gewann der österreichische Serienmeister der vergangenen Jahre mit 2-1 knapper, als es der Spielverlauf erwarten hatte lassen. Rapids neuer Trainer Damir Canadi fand noch nicht die geeigneten Mittel, sodass Rapid in Hälfte eins offensiv nicht vertreten war. Auch Canadi in den hohe Erwartungen gesetzt werden – auch von meiner Seite – ist kein Magier, der von jetzt auf gleich die Mannschaft zu Siegesserien führen wird. Er braucht Zeit und die sollte man diesem hochintelligenten Taktik-Fuchs geben. Ich freue mich trotz der Niederlage, dass er in Hütteldorf gelandet ist. Dortmund hingegen fand mit der eigenwilligen 5-1-2-2 Formation das richtige Mittel gegen Bayern und bewies, wie auch schon Atlético Madrid in der Champions League, dass man die Münchner durchaus besiegen kann, wenn man sich für keinen Meter zu schade ist und alle 11 Mann absoluten Einsatz zeigen. Schön, dass sich in Deutschland zwischen Leipzig, Bayern und Dortmund so etwas wie ein Titelkampf abzeichnet. Das gab es ja schon länger nicht mehr.

Ich wünsche einen erfolgreichen Start in die neue Woche!

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