WESTbahn – wozu die Aufregung?

Bevor der Blutdruck einiger gleich ob der Headline explodiert: Es ist in meinen Blogs nachzulesen, dass ich es für eine Selbstverständlichkeit erachte, Asylsuchende aufzunehmen, egal, welche (staatliche) Kraftanstrengung damit verbunden ist. Ich erwarte mir von Politikern, die ich mitbezahle, dass auch mit meinem Steuergeld humanitär geholfen wird. Und ein Freund oder Verteidiger des Kapitals bin ich ganz sicher nicht…

Das ist ja das eigentliche Thema. Viele, die nun der WESTbahn (das sind die Bösen) einen Shitstorm bescheren, und den ÖBB (das sind die Guten) den Heiligenschein aufsetzen, vergessen die grundlegenden Unterschiede. Die ÖBB sind ein staatliches Unternehmen, das wir alle – Steuerzahler – jährlich mit Unsummen am Leben erhalten. Dazu gehören auch die Bahnhöfe. Insofern ist es nur selbstverständlich, dass diese Infrastruktur genutzt wurde und wird, um Flüchtlingen zu helfen. Erst recht, da es am Ende egal ist, wie hoch die resultierenden Kosten sind. Wir alle bezahlen es.

Ganz anders verhält es sich mit der WESTbahn. Sie ist eine Aktiengesellschaft, ein privates Unternehmen. Wenn die WESTbahn nun Leistungen der ÖBB zukauft (z.B. Strecken- und Bahnhofsnutzung etc.) und diese aufgrund von Behinderungen durch Asylsuchende nicht oder nicht in befriedigender Qualität erhält, nimmt sie wirtschaftlichen Schaden. Dieser wird allerdings nicht durch den Staat – wie bei der ÖBB – aufgefangen, sondern das Unternehmen bleibt darauf sitzen. Also möchte sich die WESTbahn den Verdienstausfall von der ÖBB zurückholen. Das muss das Unternehmen sogar tun, denn, im schlimmsten Fall, könnten jene nach dem Aktiengesetz rechtlich zur Verantwortung gezogen werden, die fahrlässig auf einen solchen Anspruch verzichten.

Seitens der WESTbahn war es freilich ein perfekt inszenierter Image-Suizid, zum derzeitigen Zeitpunkt Schadenersatz zu fordern, da noch immer Tausende Flüchtlinge über unsere Grenzen und durch unser Land wollen. Zudem ist die Formulierung des öffentlich gewordenen Schriftstücks mehr als nur unglücklich gewählt.

Vielleicht hätten sich hier die Manager gemütlich, wie es eigentlich österreichische Tradition ist, bei einem Spritzer oder Seidl zusammensetzten können. Vielleicht wäre es ja möglich gewesen, dass die WESTbahn auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet. Man weiß ja, dass WESTbahn-Miteigentümer Hans Peter Haselsteiner für Bedürftige und karitative Zwecke immer ein offenes Ohr hat. Die ÖBB hätte einmal über den „Private sind mächtig böse!“-Konkurrenzkampftellerrand drüber schauen können, und dem kleinen Mitbewerber nicht „Geschäftemacherei mit der Krise“ vorwerfen müssen. Man hätte sich sicher einigen können. Nach dem Motto: Halbe/halbe, die eine Hälfte zahlt im Endeffekt eh der Steuerzahler, die andere bringt WESTbahn nicht um. Denn nicht vergessen: Die WESTbahn ist ein privates Unternehmen. Mit Verlusten gibt’s keine Züge, ohne Züge keine Jobs.

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Veronika Fischer

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