Blog-Bild: Foto by Bluesanne "Am Wegesrand in Gars/Kamp" 23.06.2012

Gedanklich angeregt, durch den Satz:

„Der Mann der an das Gute im Menschen glaubt, aber nicht unbedingt verkörpert“

(sprach der hochgeschätzte Günter Brödl (Album Trost & Rat : Song: Kumm Ham /1994)

beginnt die Wanderung meiner Gedanken bei Treue bis hin zu Aufrichtigkeit undEhrlichkeit. Letztendlich habe ich mich gefragt:

*Wie treu bin ich mir selbst?

*Kann ich mich,  auf mich verlassen?

*Oder fühle ich mich verlassen?

Etwas erschwerend zu beurteilen, wenn ich meine psychische Erkrankungen einbeziehe und berücksichtigen muss. Somit sollte ich es gefiltert betrachten. Gereinigt von all den hadernden, zaudernden und zweifelnden Gedanken. Gedanken, welche halbwegs gewaschen da stehen sollten. Standhaft gegen alle Winde und Stürme die mir entgegen wehen. Doch wer kann das schon?

Ich erinnere mich, dass ich in einer therapeutischen Sitzung (Gars/Kamp 2012) ein Bild gewählt habe (um meine Stimmung zu symbolisieren) worauf ein junger Baum zu sehen war.

Ähnlich wie der, welcher vor meiner Loggia steht:

Ein Baum mit schlanken Stamm. Einsam stand er in der Einöde. Scheinbar wehte von Norden kommend ein heftiger Sturm, da sich der Baum sehr stark neigte. So stark gebogen, dass man jeden Augenblick meinen könnte, jetzt bricht er gleich auseinander. Die zerzauste Blätterkrone stand dem Baum im wahrsten Sinne des Wortes zu Berge. Rund um ihn toste und tobte es. Doch er ist tief im Grund verwurzelt. Meterlange Geäste verkrallen sich in der Erde. Dicke hartnäckige Verzweigungen bahnen sich den Weg durch die Erde. Aus denen wuchern dutzende feine Wurzelfäden, die sich ebenso im Boden verankern. Sie wachsen immer weiter, immer tiefer, werden dichter und geben dem Baum einen festen Halt.

Ich denke, ich habe ebensolche Wurzeln. Verankerungen, die mich irgendwo positionieren und mir Halt geben. So, dass ich nicht gleich bei jedem Lüftchen davon fliege. Ja, mein Stamm und mein Geäst werden schon von dem einen oder anderen Wind durcheinander geschüttelt. Doch dieser Luftzug bläst mir den Dreck aus dem Laub. Frisch durchgelüftet, kann ich mich wieder aufrichten. Meine Zweige und Blätter in die Höhe richten. Sie in der Sonne wärmen und mit Energie aufladen. Die ursprünglichen Wurzeln, die waren auch einmal dünn und sehr schwach. Wenn sie gut gepflegt wurden, dann konnten sie unbeschwert weiter wachsen. Doch auch ohne viel Fürsorge haben sie sich entwickelt. Auch sie haben sich ihre Wege durch die Erde gesucht. Einige von den Verästelungen sind abgestorben, manche vermodert und leblos in der Erde verkümmert.

Doch der Baum wächst weiter. Seine Wurzeln werden sich immer wieder neue Wege durchs Erdreich suchen. Falls das eine oder andere Ende irgendwo anstößt, sucht es sich ganz einfach einen neuen Weg. So, wohl auch meine Synapsen.

Back to the roots – zurück zu den Wurzeln.

Für mich persönlich bedeutet das keineswegs, dort zurück zu gehen, wo mein Leben begann. Wohl eher ein zurückgreifen an den Punkt, wo ich mich tatsächlich gefühlt habe. Wo ich, losgelöst von jeglichen zweifelnden Gedanken, getan habe. Wo noch Leben in den Wurzelenden geflossen ist. Dort kann ich ansetzen, mich besinnen. Neu ansetzen, um weiter zu wachsen. Die abgestorbenen Teile, wieder zu beleben macht nicht wirklich Sinn. Es würden höchstens Zombies daraus entstehen.

Ein so ein lebendiges Plätzchen war eben die Reha. Immer wieder merke ich, wieviel ich von dort mitnehmen konnte. Die Intensität und Dichte wird mir heute immer bewusster. In unterschiedlichen Situationen greife ich fast automatisch auf dort gelernte Dinge. Es wurde an diesen für mich ganz besonderen Ort, eine Basiswurzel injiziert. Diese Zeit ist eine Art Naschlade, in die ich greifen kann, wenn mir nach Süßen ist. Wenn ich Energie brauche. Zucker für die verbrannten Gedanken. Fast schon verkohlt, angesengt von dem tödlichen Staub.

42 Tage haben sichtlich tiefere Spuren in mir hinterlassen, als ich dachte. Gerade weil ich 2 Tage nach der Heimkehr, wieder einen Zusammenbruch hatte. 6 Wochen sozusagen in einem Glashaus großgezogen und dann wieder in die erbarmungslose freie Natur ausgesetzt. Gnadenlos den Unzulänglichkeiten des Wetters und der Witterung ausgesetzt.

Doch scheinbar bin ich eines dieser Pflänzchen, welche jedes Gewitter, jeden Sturm, jede Eiszeit, selbst ein verehrendes Erdbeben überlebt. Eine Kakerlake die auch dann noch existiert, wenn die Atombomben fallen.

Immer wieder docke ich an einer Stelle an und hole mir ein wenig Kraft. Süffle ein wenig Energie aus dem Ort. Die Natur ist an Vielfältigkeit nicht zu überbieten. Sie stellt eine Unzahl an Wurzelsystemen zur Verfügung. Solange ich diese Fühler frei ausbreiten kann, werde ich ein kleines Platzerl finden. Einen Ort, wo ein wenig Ich dazu kommt. Ein Stück von dem, was das Gesamte ausmacht. Bemüht so standhaft wie möglich da zu stehen.

Gleich ob ein unscheinbarer Löwenzahn oder eine uralte Eiche. Die gelbe Blume, deren Blüten sich in federleichte  Fäden verwandeln um dann im Wind ein Tänzchen zu wagen. Der knorrige Baum, mit scheinbarer Unverletzlichkeit, bis zu dem Moment wo die Axt kommt. Der Löwenzahn, der Blätter für Salat spendet. Die Eiche, die Schatten spendet. Beide existieren nebeneinander.

Ich teile lieber, bevor ich verurteile.

Dennoch bin ich lediglich ein kleines fehlbares menschliches Wesen. Und einige Male verheddern sich die Wurzelfäden im dunklen Grund des Bodens. Dann, wenn ich mich allzu oft frage, warum es so ist. Anstatt zu fragen, warum ich es nicht anders tue.

Die Reise begann in der Musik. Musik die in die Seele krabbelt. Musik die mit Worten dekoriert ist. Worte die mich ebenfalls berühren. Worte die mich begreifen und angreifen. Mein Ausflug endet bei Musik. Eine meiner Stammwurzeln. Mag sein, dass dies alles wie ein Labyrinth, ein biologischer Irrgarten erscheint. Aber so ist das Leben, der Mensch, die Natur.

Tröstende Nahrung finden, dort wo die gefühlten Gedanken fließen. Das Wort ratlos vom „los“ loslösen. Manche Tage bin ich alt und grau. Einige bin ich jung und bunt. Wie ein Baum in den vier Jahreszeiten.

Ich danke den vielen Andockstellen hier bei f+f. Merci, dass Ihr mich füttert.

**Umarmung**

Kurt Ostbahn - Oid & Grau (Album: Trost & Rat /1994)

Original-Version von Mick Jagger - Evening gown (1993)

Basierend auf The Rime of the Ancient Mariner:

Weh mir Frevler, dass ich schoss den Schicksalsvogel Albatros!

Dreimal wehe, dass ich traf!

Dafür trifft mich des Schicksals Straf'!

(adapdiert von Erika Fuchs/ Donald Duck)

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